Das Stadion Salinental und das Salinenbad müssen mittelfristig aufgegeben werden

Beobachtet und kommentiert von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Seit Jahren braucht Bad Kreuznach dringend einen neuen Flächennutzungsplan (FNP). Die Gründe für die Verzögerung des Projektes sind vielfältig. Bisher konnten die Konsequenzen nur negativ gesehen werden. Etwa weil die Ausweisung neuer Bau- oder Gewerbeflächen durch die Nichtfortschreibung des FNP behindert ist. Seit dem diese Seite am Freitag vergangener Woche (17.11.2023) exklusiv die brandaktuellen Hochwasserwarnkarten veröffentlichte, steht fest: der erst vor gut 20 Jahren eingeweihte bauliche und mechanische Hochwasserschutz längs der Nahe reicht nicht mehr aus, um das Stadtgebiet zu schützen. Das ermöglicht eine ganz andere Bewertung der bisher schleppenden Bearbeitung des FNP.

Eine Million Euro würde die Sanierung der Tartanbahn im Salinental kosten. Sie wäre dann immer noch nicht wettkampftauglich. Die nagelneuen Hochwasserkarten machen deutlich: das Geld wäre in die Nahe geworfen. Denn das nächste Hochwasser kommt garantiert.

Denn spätestens ab jetzt müssen Nutzungen und Entwicklungsperspektiven in der Stadt vollkommen neu gedacht werden. Angesichts der nunmehr wissenschaftlich abgesicherten Bedrohungslage durch Starkregen, Sturzfluten und Hochwässer müssen relevante öffentliche Einrichtungen nach und nach aus der Naheaue entfernt und in leichter und vor allem kostengünstiger zu schützende Bereiche verlegt werden. Wo das wegen der Nutzungszeitspannen pp nicht geht (Kurhaus, Stadtbibliothek, Rathaus, müssen – wesentlich weitergehend als heute – Objektschutzmaßnahmen entwickelt und umgesetzt werden. Die neuen Daten ändern alles.

Beispiel Abwasser

Das direkt an der Nahe nördlich der Gensinger Strasse errichtete Klärwerk ist gegen die jetzt feststehende, tatsächliche Bedrohung nicht ausreichend geschützt. Dabei handelt es sich nach der Gewobau um einen der wertvollsten und wichtigsten Vermögenswerte, die die Einwohner*Innen der Stadt mit ihren Beiträgen (unterstützt von einer dort ausgezeichneten Verwaltungsarbeit) in den vergangenen Jahrzehnten geschaffen haben.

Der Schutz dieser Einrichtung muss Priorität bekommen. Vor neuen Energieeinsparinvestitionen und Raumoptimierungen. Wenn das Abwasserwerk vom Hochwasser zerstört wird, bewirkt das nicht nur einen unfassbaren Schaden für die Umwelt. Das, was da jetzt steht, ist mit allem Drum und Dran für unter 100 Millionen Euro nicht neu zu bauen. Wer soll das bezahlen?

Beispiel Salinenbad

Ich gehörte zwischen 1994 und 1999 der sechsköpfigen Hochwasser AG der Stadt Bad Kreuznach, geleitet von Peter Anheuser (t) an. Hunderte von Stunden haben wir mit hydrologischen Gutachten, wissenschaftlichen Untersuchungen und dem Sammeln von Informationen verbracht. Als ich vor Jahren einen der damals beteiligen Wissenschaftler traf und diesem berichtete, dass die Stadt allen Ernstes das Hallenbad aus der Kilianstrasse ins Salinental verlegt, wollte der das nicht glauben. Meine entsprechenden Schreiben liegen beim Rechnungshof des Landes Rheinland-Pfalz, der ADD und dem Innenministerium.

Auch das heutige Stadtratsmitglied Hermann Holste (Grüne) hat den Wahnsinn, viele Millionen Euro mitten ins Flussbett der Nahe zu verbauen, rechtzeitig erkannt. Und gewarnt. Aber weil die Entscheidungsträger*Innen ja nicht ihr eigenes Geld einsetzen, war denen das ziemlich egal. Eines der Argumente für den Salinenbad-Standort: die landschaftlich tolle Lage. Wenn das das entscheidende Kriterium für eine Millionenfehlinvestition ist, sagt das über den Zustand unserer auf Oberfläche orientierten Kosmetik-Gesellschaft alles.

Beispiel Stadion Salinental

Ja. Für Sportler*Innen und Gäste ist das Ambiente toll. Sieben Monate im Jahr frische, salinierte Luft. Der Blick in eine schöne Landschaft. Bei den Älteren kommen die Erinnerungen an glückliche Jugendtage hinzu. Und doch dürfen nostalgische Gefühle und Kindheitserinnerungen die Sachanalyse nicht trüben. Das Stadion hat dort keine Zukunft. Die Schäden 1993 und 1995 waren schlimm. Das nächste Extremhochwasser wird noch schlimmer. Es wäre in jeder Beziehung unverantwortlich dort jetzt eine Million Euro oder mehr für eine neue Tartanbahn auszugeben. Dieses Steuergeld darf ausschließlich an einem dauerhaft hochwassersicheren Standort investiert werden.

Beispiel Gradierwerke

Bestand die Bedrohung für das “größte Freiluftinhalatorium Europas” bisher in der Unterhaltungslast, steht jetzt das Hochwasser als Kill-Faktor im Raum. Einige der Gradierwerke stehen quer zum bei künftigen Extremhochwässern um mehr als einen Meter höheren Wasserstrom. Es ist unverzüglich baustatisch zu klären, ob die Anlagen diesem enormen Druck standhalten können. Wenn eine Einkürzung für die Stabilität einzelner Gradierwerke hilfreich ist, muss diese geplant und nach und nach umgesetzt werden.

Hochwasser- und Starkregenschutz muss den Grundstückseigentümern in den betroffenen Stadtgebieten als Investitionsaufgabe Nr. 1 vermittelt werden. Die Kommunalpolitik steht in der Verantwortung, heute Entscheidung zu treffen, die sich in 10, 20, 30 und mehr Jahren auswirken. Einzelne Details sind jetzt schon sonnenklar: der geplante Neubau der Tartanbahn ist vom Tisch. Für das Stadion Salinental muss ein neuer Standort gesucht und dieser nach und nach gestaltet werden.

Unter diesem Gesichtspunkt kommt dem “Sportpark Ost” eine ganz neue Bedeutung zu. Natürlich macht es keinen Sinn, das Salinenbad kurzfristig wieder abzureissen. Aber ein neuer Standort muss schon jetzt gesucht und gefunden werden. Für die Zeit nach dem nächsten Katastrophenhochwasser. Dass das kommen wird, ist sicher. Die Frage ist nur wann. Geplant werden muss jetzt. Auch wenn der Neubau hoffentlich erst ansteht, wenn das Bad nach Jahrzehnten der Nutzung ohnehin saniert werden müsste.