Zimmerlin + Merkelbach fordern Einwohnerversammlung zu wiederkehrenden Beiträgen

Zum 1.1.2024 ändert sich für die Grundstückseigentümer einiges. Aufgrund einer schon vor dreieinhalb Jahren im Landtag beschlossenen Gesetzesänderung werden für Strassenausbauarbeiten sogenannte “Wiederkehrende Beiträge” eingeführt. Bei Erschliessungen ändert sich nichts. Und auch die für die Bürger*Innen von je her kostenlosen Strassenreparaturarbeiten werden weiter durchgeführt. Wenn aber die städtischen Tiefbauingenieure eine problematische Veränderungen des Strassenunterbaues feststellen – oder diese bei Kanal- bzw Glasfaserarbeiten offenkundig werden, dann wird ein Ausbau fällig.

In der Monster-Abrechnungszone “14” leben rund 30.000 Menschen. Von den Strassenausbaubeiträgen sind auch Mieter betroffen. Die Beiträge können zwar nicht wie Modernisierungsmaßnahmen umgelegt werden. Aber die Eigentümer dürfen ja – in bestimmten Grenzen – die Mieten erhöhen. Und werden das bei erhöhten Kosten, wie Beispiele aus anderen Städten und Gemeinden zeigen, auch machen.

Für alle bis zum Jahresende begonnenen Projekte müssen diese allein von den Grundstücksanliegern gezahlt werden. Die neue Strasse hat zwar in jedem Einzelfall den Wert der Grundstücke erhöht. Aber die teils fünfstelligen Kosten waren natürlich eine Belastung. Das neue Gesetz bestimmt nun: nicht allein die Anlieger, sondern alle Eigentümer in einer Abrechnungszone müssen zahlen. Das belastet künftig zwar mit deutlich niedrigeren Beträgen aber sehr sehr viele Eigentümer. Vor allem wird es jetzt folgende Fälle massenhaft geben:

Eigentümer, die ihr ganzes Leben lang, 80 oder auch 100 Jahre Beiträge zahlen, deren Strasse vor dem Haus in dieser Zeit aber vollkommen unangetastet bleibt. Gegen das Landesgesetz kann man sich nicht direkt wehren. Wohl aber gegen die entsprechende Satzung der Stadt Bad Kreuznach (und aller anderen Kommunen – die Redaktion dieser Seite gibt dazu gern Auskunft: tourismusbeitrag-so-nicht@gmx.net). Um das Beitragserhebungsverfahren durchführen zu können, soll die Stadt in 14 Abrechnungszonen aufgeteilt werden (siehe Karte).

Dabei und bei der Festlegung des Stadtanteiles gibt es rechtliche Spielräume. Oberbürgermeister Emanuel Letz möchte diese nutzen. Aber erst den Stadtrat alles festlegen lassen, bevor die Einwohner*Innen nur noch informiert werden. Dagegen sprechen sich unter anderem Wilhelm Zimmerlin und Gerhard Merkelbach von der Fraktion “Faire Liste / BüFEP” aus. Die Forderung der beiden Stadtratsmitglieder ist: erst eine Einwohnerversammlung, dann der Stadtratsbeschluss.

Der Antrag der Fraktion Faire Liste und BüFEP im Wortlaut:

“Betreff: Einberufung einer Einwohnerversammlung zum Thema “Einführung und Erhebung von Wiederkehrenden Beiträgen für den Straßenausbau” vor einer Beschlussfassung

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, die Thematik der “Einführung und Erhebung von Wiederkehrenden Beiträgen für den Straßenausbau” betrifft alle Grundstückseigentümer in unserer Stadt. Alle Bürger mit Grundbesitz werden danach ab 2024 immer wieder und in relativ kurzen Abständen mit erheblichen finanziellen Belastungen für den Ausbau von Straßen in die Pflicht genommen. Die Zahlungspflicht gilt im Gegensatz zur jetzigen Regelung dann auch für einen Straßenausbau weit entfernt vom eigenen Grundstück und für Straßen, deren Namen viele betroffene Bürger möglicherweise noch nie gehört haben.

Die von der Verwaltung vorgeschlagenen Erhebungs- und Berechnungsmodalitäten sind so undurchsichtig und komplex, dass die Stadt auf eine teure rechtliche Beratung und Unterstützung angewiesen war. Auch die von der Verwaltung nun vorgeschlagene Abgrenzung der 14 Abrechnungszonen lässt viele Fragen offen. Die größte Abrechnungszone Nr. 14 umfasst ein Gebiet von rund 30000 Einwohnern im Kreuznacher Süden. Wer beispielsweise auf dem Kuhberg wohnt, zahlt künftig auch für die Straßen im Korellengarten und in den Weingärten.

Erhebliche Zweifel bestehen auch daran, dass in dieser größten Abrechnungszone die Alzeyer Straße keine trennende Wirkung haben soll. Falsch ist zudem die Annahme der Verwaltung, wonach es beispielsweise in der Rheingrafenstraße und im Mittleren Flurweg angeblich keinen Durchgangsverkehr gibt. Denn tatsächlich fließt durch diese beiden Straßen viel Durchgangsverkehr von und zu der Panzerstraße, d.h. von und nach Rheinhessen. Diese falsche Annahme wirkt sich auf die Höhe des Stadtanteils an den Kosten bei einem Ausbau aus.

Statt 30% setzt die Verwaltung nur 20% Stadtanteil an. Diese Benachteiligung kostet die Bürger im Kreuznacher Süden über die Jahre gerechnet zusätzliche Millionenbeträge. Die übrigen rund 22.000 Einwohner der Stadt verteilen sich auf insgesamt 13 Abrechnungszonen. Nicht nachvollziehbar sind auch hier die Stadtanteile an den Straßenausbaukosten: in manchen Gebieten 25% oder 30%, in anderen nur 20%; das macht über die Jahre einen großen Unterschied. Gewiss scheint nur eines: es wird teurer für die Bürger.

Allerdings liefert die Verwaltung dazu keine belastbaren Angaben. Obwohl seit drei Jahren bekannt ist, dass die Stadt die gesetzliche Regelung per Satzung umsetzen muss, hat sie sich nicht rechtzeitig darum gekümmert und versucht nun, das neue Verfahren in einer Hau-Ruck-Aktion über die Köpfe der Bürger hinweg durchzudrücken. Eine angemessene Information und Anhörung der Bürger hat es bisher nicht gegeben.

Darüber hinaus kann es nicht richtig sein, dass zwar die Ortsbeiräte in den Stadtteilen Winzenheim, Bosenheim usw. vor einer Beschlussfassung im Stadtrat angehört werden, jedoch den rund 40.000 Bürgern in der Kernstadt eine vergleichbare Möglichkeit der Beteiligung seitens der Verwaltung verwehrt wird. Wir schlagen deshalb vor, eine Einwohnerversammlung durchzuführen, solange noch etwas bewegt werden kann. Eine reine Informationsveranstaltung hinterher ist nicht angemessen.

Der respektvolle Umgang und die große Betroffenheit der Bürgerschaft gebieten es deshalb, auch die Bürger in der Kernstadt vor einer Beschlussfassung anzuhören. Wir beantragen deshalb angesichts der massiven Betroffenheit der Bürgerschaft zu beschließen, dass der Oberbürgermeister unverzüglich eine Einwohnerversammlung gemäß § 16 der Gemeindeordnung “zum Zwecke der Unterrichtung der Einwohner und Bürger” einberuft, bevor der Stadtrat über die “Einführung und Erhebung von Wiederkehrenden Beiträgen für den Straßenausbau” entscheidet. Mit freundlichen Grüßen gez. Wilhelm Zimmerlin (Fraktionsvorsitzender) gez. Hans Gerhard Merkelbach (stellvertretender Fraktionsvorsitzender)”