Stadtvorstand schockt Finanzausschuss: 56 Millionen € Personalkosten, 8 Millionen € Defizit

Beobachtet und kommentiert von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Rechtzeitig vor der Kommunalwahl bekommt die etablierte Kommunalpolitik die Rechnung für ihren verantwortungslosen Umgang mit Steuergeld präsentiert. In fünf Wochen finden die Haushaltsberatungen für 2024 statt. Seit dem vergangenen Jahr werden viele Jahrzehnte alte Gesetze und Vorschriften von den Aufsichtsbehörden – für die Mehrheit der Bad Kreuznacher Kommunalpolitiker*Innen: überraschend – endlich angewendet. Dem Spendierhosen-Gehabe von Verwaltung und Stadtrat wurde so ein jähes Ende bereitet. Entsprechend groß ist das Wehklagen und Gejammere der Betroffenen.

Dabei haben jene, die die aktuelle Situation beklagen, diese höchstpersönlich und ohne Not erst herbeigeführt. Hätte die Stadt dafür Sorge getragen, dass das Jugendamt kostenneutral geführt wird (entweder durch höhere Zuschüsse der für das Problem verantwortlichen Landesregierung – oder durch Abgabe an den Kreis) und sich die Stadt NICHT an der Busgesellschaft KRN beteiligt und dem Kreis die Rolle als Aufgabenträger beim ÖPNV allein überlassen, gäbe es keine Finanzprobleme. Weil die Stadt dann mindestens acht Millionen Euro weniger Ausgaben hätte.

Aber statt an jene zu denken, die soziale Wohltaten durch ihren Fleiss und ihre Berufstätigkeit überhaupt erst möglich machen, haben vor allem SPD, Grüne und Linke (unterstützt von Teilen der CDU) auf einen Teil ihres Wählerpublikums geschielt. Und für eine Subvention nach der anderen gestimmt. Beispiel ÖPNV. Da musste es der 20-Minuten-Takt sein, weil zwei Busstopps je Stunde angeblich nicht ausreichen. Die wörtliche Behauptung war: je kürzer die Taktzeit, um so höher die Kundenzahl. Die Busse fahren bereits ein Jahr lang mit der kürzeren Taktzahl. Statt zu steigen, ist die Zahl der Fahrgäste allerdings gesunken.

Und das, obwohl alle anderen coronageschädigten Einrichtungen (sogar die städtischen Museen) Publikumszuwächse melden. Von SPD, Grünen und Linken ist zu dieser Tatsache nichts zu hören. Klar. Bei denen ist nicht jede(r) so doof, dass er-sie-es verdrängt, dass all die den ÖPNV beschönigenden Aussagen auf Band dokumentiert sind. Und daher den aktuellen Mandatsträger*Innen im Kommunalwahlkampf 2024 genüsslich vorgehalten werden können. Den Menschen, die Anfang 2024 ihre Nebenkostenabrechnung erhalten und dann sehen, wie sich die Erhöhung der Grundsteuer auswirkt, werden die Worte von Carsten Pörksen (SPD), Andrea Manz (Grüne) und Jürgen Locher (Linke) und anderen in den Ohren klingen.

Am gestrigen Montagabend im Finanzausschuss legte Bürgermeister Thomas Blechschmidt offen, was der Stadtvorstand am Vormittag beraten und entschieden hatte. Zunächst ist diese Transparenz zu loben. Und alle, die evolutionsoptimistisch davon ausgehen, dass es in den letzten 2.500 Jahren eine mentale und soziale Weiterentwicklung der Spezies Mensch gab, sollten versuchen dem Reflex, den Boten für den unerfreulichen Inhalt einer Nachricht verantwortlich zu machen, zu widerstehen. Denn es ist lobenswert, dass der Bürgermeister diese weitgehende Transparenz schafft.

Wobei sich der nicht vollkommen abgebrühte Teil der Mitglieder des Finanzausschusses angesichts der nackten Zahlen – verständlicherweise – geschockt zeigte. So geht der Stadtvorstand davon aus, dass die Personalkosten von 48 in 2022 auf 56 Millionen Euro in 2024 explodieren. Auch die zweite Horror-Zahl sorgte schon vier Wochen vor Halloween für Sorgenfalten. Die von den mittelbewirtschaftenden Fachämtern der Stadtverwaltung bei der Kämmerei für das kommende Jahr angemeldeten Ausgaben summieren sich zu einem fetten Minus von rund 15 Millionen Euro. Die Finanzgesetze sagen dazu klipp und klar:

Genehmigt wird der Stadthaus für 2024 nur dann, wenn er mit einer schwarzen Null schliesst. Trotzdem ist es dem Stadtvorstand lediglich gelungen, die Wünsche der eigenen Ämter so zu reduzieren, dass ein Minus von 8 Millionen Euro stehen bleibt. Um überhaupt in die Nähe des rechtlich zwingenden Zieles “0” zu kommen, wird wieder einmal tief in die Trickkiste gegriffen. So plant die Stadtspitze eine Deckelung der Personalkosten auf 52 Millionen Euro. Wie wenig erfolgversprechend dieser Vorschlag ist, hat der Bürgermeister gleich selbst erläutert am Beispiel des Haushaltsjahres 2022.

Auch damals wollten die Kommunalpolitiker den Haushalt schönen. Und setzten eine Obergrenze für die Personalausgaben von 44 Millionen Euro fest. Derartige Beschlüsse haben allerdings keinerlei Relevanz. Denn wo gespart werden könnte, macht die Stadtverwaltung das nicht. Und die anfallenden Löhne, Gehälter und Personalnebenkosten müssen so oder so bezahlt werden. Für 2022 waren das am Ende 48,3 Millionen Euro. Glatte 10% mehr, als beschlossen. Kommt es beim neuen Stadthaushalt auch so, sind immerhin die verantwortlichen Zahlenspieler bestens bekannt – und können öffentlich entlarvtz werden.

Der zweite Trick, den die Stadtspitze anwendet, ist die Übernahme der Gewerbesteuersollstellung für den September 2023 (diese Seite berichtete) als Einnahmeziel für 2024. Aufgrund der Spezifik des Steuersystems ist klar: diese beiden Zahlen haben nullkommanull etwas miteinander zu tun. Die Gewerbesteuer ist, anders als Einkommens- und Umsatzsteueranteile, die am schlechtesten zu kalkulierende kommunale Finanzierungsquelle. In der Vergangenheit, in den Amtsjahren des Kämmerers Wolfgang Heinrich, wurde ganz anders vorgegangen. Die Gewerbesteuereinnahme wurde konservativ geschätzt und angesetzt, also niedrig.

Die tatsächlichen Rechnungsergebnisse waren dann fast immer höher. Und diese überplanmässigen Mehreinnahmen wurden zur Entschuldung verwendet. Eine Vorgehensweise, die Verantwortungsbewusstsein gegenüber den nachfolgenden Generationen zeigt. Davon kann heute keine Rede mehr sein. Neben anderen Details, die wir später noch berichten, bleibt so ein Minus von rund 1 Million Euro. Und daraus eine schwarze Null zu machen, das ist – so Bürgermeister Blechschmidt süffisant – der Arbeitsauftrag für die Etatberatungen des Finanzausschusses, der Anfang November dazu tagt (weitere Berichte und Kommentare folgen).