Retten Rapp-Initiative, Welschbach-Antrag und Delaveaux-Beitrag die alte Villa?

Beobachtet und kommentiert von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Am heutigen Montag (9.10.2023) trifft sich der Ortsbeirat Bad Münster zu einer Sondersitzung (um 19:30 Uhr in der Begegnungsstätte Vielfalt, Kurhausstraße 43, BME). Anlass für die kurzfristig einberufene Sitzung ist ein “erneuter Beschluss wegen der Einbeziehung des Bahnhofbereichs zu Stadtsanierung Kernbereich Bad Münster”. Das Thema selbst wurde schon in der Ortsbeiratssitzung am 5. September diskutiert. Damals hatte der Ortsbeirat aber nicht das beschlossen, was er eigentlich wollte. So stellte sich das jedenfalls in der Stadtratssitzung in der vorvergangenen Woche dar.

Als am 28. September im Ratshaussitzungssaal der Tagesordnungspunkt aufgerufen wurde, sah es nach einer schnell zu erledigenden Routineangelegenheit aus. Bis sich Manfred Rapp zu Wort meldete. Der CDU-Fraktionsvorsitzende regte eine Änderung des Plangebietes an. Rapp wies auf den Zustand des im Privatbesitz befindlichen Bahnhofsgebäudes hin. Und auf ein alte Villa in der Nähe, “die seit Jahren unbewohnt da steht”. Und warb um Einbeziehung dieser Gebäude in das Sanierungsgebiet. Rapp löste damit eine sich unzähligen Wiederholungsschleifen im Kreis drehende Diskussionsrunde aus.

Diese begannen jeweils mit dem Hinweis von Carsten Schittko (Mitarbeiter Stadtplanungsamt), dass Änderungen zwar möglich sind, aber den Verlauf des Verfahrens verzögern. Und Hinweisen aus dem Stadtrat. Wie dem von Carsten Pörksen (SPD). Der zeigte sich “verwundert” über Rapp’s Vorgehensweise, “da wir ja eigentlich Ausschüsse haben, die das vorberaten”. Planänderungen im Stadtrat schloss Pörksen aus. Und brachte eine Rückverweisung in den Planungsausschuss (PLUV) ins Spiel. Der hatte sich bereits am 12. September mit der Sache beschäftigt. Und die Vorlage einstimmig verabschiedet.

Daran schloss sich die Erklärung des Oberbürgermeisters an, der vor Zeitverlust warnte, weil die Beratungsrunde in den städtischen Gremien (Ortsbeirat, PLUV, Stadtrat) erneut bewältigt werden müsse. Letz verwies zudem auf die Möglichkeit einen Änderungsantrag zu stellen. Dann sprachen wieder Rapp, Schittko, andere Stadtratsmitglieder – ohne Neues zu sagen. Das war erst zu hören, als Karl-Heinz Delaveaux (FWG) an der Reihe war. Der Immobilienprofi brachte seine Einschätzung unverblümt zum Ausdruck: “wenn die Ausgrenzung der alten Villa so bleibt, dann wird da die nächsten Jahre keiner drangehen”.

Und erläuterte seinen Ratskolleg*Innen: “wenn ein privater Investor da drangehen soll, dann hätte er gern auch nach § 7 H Einkommensteuergesetz die Abschreibung. Dann kann er nämlich auch ein bißchen Geld ausgeben. Wenn da kein Zuckerle ausgelegt wird, dass da endlich mal jemand rangeht, ist das sehr schade für das schöne Haus. Wenn Sie keine besondere Abschreibungsmöglichkeit schaffen, wird bei dem derzeitigen Zinspreis kein Investor drangehen”. Auch daran schloss sich wieder die vorbeschriebene Redebeitragsrunde an.

Es war dann die Bad Münsterer Ortsvorsteherin Dr. Bettina Mackeprang (CDU), die mit dem Hinweis darauf, für die Vergrößerung an der Ostseite könne das Plangebiet an anderer Stelle verkleinert werden. Manfred Rapp benannte den Bäderweg als auszugrenzende Strasse: “sind sind alle Häuser neu”. Nach der darauf folgenden Wiederholungsrunde, in der die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Andrea Manz, die Pörksen-Rolle einnahm. Und fragte, warum die Erkenntnis über die Veränderungsbedürfnisse nicht im PLUV besprochen wurden: “warum kommt das jetzt auf dem allerletzten Meter?”

Stadtrats- und Ortsbeiratsmitglied Norbert Welschbach lies daraufhin einen Anflug von Selbstkritik erkennen und räumte ein, es sei ein Fehler gewesen, das Thema im PLUV nicht anzusprechen. Allerdings sei man nach der Beratung im Ortsbeirat davon ausgegangen, “dass die Änderung leicht möglich ist”. Was eine weitere Schittko-OB-Wiederholungsschleife auslöste, demnach Änderungen jederzeit möglich sind, aber eine Beratungswiederholung in den Gremien zur Folge haben. Nachdem die Verwaltung wegen der Zusagen im Ortsbeirat argumentativ in die Defensive geraten war, schaltete sich Stadtrechtsdirektor Yahia ein.

Er wies darauf hin, dass sich der Wille des Ortbeirates in seinem Beschluss “manifestiert, der vorliegt”. Um das Schittko-“Missverständnis” zu verstehen, müsse der zeitliche Ablauf und die Wirkungen berücksichtigt, mithin die Zeitschiene mit hineingedacht werden. Zu dem Zeitpunkt, als dieser Gegenstand im Ortsbeirat beraten wurde, konnte man es ändern. Denn zum Zeitpunkt dieser Schittko-Aussage gab es ja noch keinen Beschluss. Yahia’s Zusammenfassung: “die Schittko-Aussage war zu einem bestimmten Zeitpunkt valide, später nicht mehr”. Das tiefe Ausatmen im Stadtrat nach dieser Aussage sprach Bände.

Norbert Welschbach stellte dann den von OB Letz mehrfach in den Raum gestellten Antrag auf Einleitung einer Neuberatungsschleife für die Festsetzung des Sanierungsgebietes. Dann kam heraus, wie man im Stadtbauamt überhaupt auf die Idee für das Sanierungsgebiet in Bad Münster kam. Dazu muss man wissen, dass die am 13. März 2022 krachend abgewählte Oberbürgermeisterin Dr. Heike Kaster-Meurer noch im OB-Wahlkampf ein entsprechendes Programm für Bosenheim kategorisch abgelehnt hatte, weil dies mit zu viel Aufwand für die Verwaltung verbunden sei. Der Umdenkungsprozess im Stadtbauamt wurde durch die Pläne für das SAL-Quartier ausgelöst.

Die Frankfurter Investoren wollen den von Karl-Heinz Delaveaux aufgezeigten Steuervorteil gern mitnehmen. Carsten Schittko räumte daher in öffentlicher Sitzung ein: “das SAL Quartier wäre jemand, der von dem Sanierungsgebiet profitiert”. OB Letz belehrte Norbert Welschbach dann noch darüber, dass dessen Änderungsantrag nicht hinreicht bestimmt genug sei. Und schlug eine von Stadtrechtsdirektor Yahia zwischenzeitlich ausgearbeitete Textfassung vor. Diesem durch die Verwaltung aufgewerteten Welschbach-Antrag stimmte der Stadtrat mit 20 Ja- gegen 4 Neinstimmen bei 14 Enthaltungen zu. Zuvor musste ein weiteres Mal ein Befangenheitsproblem geklärt werden.

Anna Roeren-Bergs (CDU) hatte sich – wie es die Gemeindeordnung vorschreibt – von selbst in den Zuschauerraum begeben. Birgit Ensminger-Busse (CDU) verließ den Sitzungsbereich erst, nachdem Annette Thiergarten (Grüne) das Thema angesprochen und den OB zu strengen Worten veranlasst hatte. Immerhin diente der typische Wahnsinn der Stadtratsarbeit einem guten Zweck. Wenn heute Abend die Planänderung im Ortsbeirat beschlossen wird, eröffnet das eine Sanierungschance für die alte Villa. Hoffentlich packt das Projekt eine(r) an. Damit Zuhörer und Berichterstatter nicht ganz umsonst leiden mussten.