Ein Holzkeil als Symbol für den Digitalisierungs- und Leistungsstatus der Stadt

Beobachtet und kommentiert von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Geplapppert wird über Digitalisierung in den städtischen Gremien seit vielen Jahren. Vor allem von Stadtratsmitgliedern, die man ausserhalb von Presseterminen selten bei gemeinwohldienlichen Tätigkeiten erblickt, wird von deren Bedeutung geschwafelt. Dabei bleibt es dann. Taten folgen nicht. Trotz dreier Coronajahre, in denen jeder Imbiss in der Stadt digital aufgerüstet hat, klappen bei der Stadt auch heute noch nicht einmal Videokonferenzen. “Verstehen Sie mich?” und “Ich höre nichts” sind nach wie vor die meistverwendeten Sätze bei solchen Anlässen. Da passt es, dass rechtzeitig zum Ende der kommunalpolitischen Sommerpause und dem Beginn der Gremiensitzungen die Bildschirmgeräte im Sitzungsaal ausgefallen sind.

So muss man als Beobachter das Elend digitalen Versagens der Stadtverwaltung wenigstens nicht aus nächster Nähe erleiden. Bei der Stadt klappt es allerdings nicht nur mit der Digitalisierung nicht. Selbst auf dem Niveau einfacher Mechanik gibt es dramatische Defizite. So wurde im Rahmen der Kulturausschusssitzung am gestrigen Dienstagabend wieder einmal deutlich, auf welch niedrigem Niveau in Bad Kreuznach grundgesetzlich geschützte Güter “verwaltet” werden, ohne dass das der Mißstand die gewählten “Volksvertreter” zu Verbesserungsaktivitäten motiviert. Die gesetzlich verlangte Öffentlichkeit der Sitzung wurde wieder einmal lediglich von einem Holzkeil gesichert.

In einer Zeit, in der die Einbeziehung und Mitwirkung der Bevölkerung so wichtig ist, wie selten zuvor, wird zu deren Schutz nach wie vor – im wahrsten Sinne des Wortes – Methodik aus der Steinzeit eingesetzt. Weil die Verwaltung den Haupteingang meist nicht offenhalten mag (Ausnahme: Finanzausschuss), steht für den Sitzungszutritt oft nur der Nebeneingang zur Verfügung. Dort besteht die seit 2019 praktizierte Methode der Türöffnung in einem Holzkeil. Die Tür selbst ist noch länger mit der Aufforderung “bitte fest zuziehen” beschildert.

Wenn nun, wie das gestern der Fall war, neue Ausschussmitglieder oder Gäste erstmals vor dieser Kombination aus Holz und Verhaltensvorschrift stehen, reagieren diese erfahrungsgemäß mit dem Weglegen des Holzkeiles. Die Tür fällt dann ins Schloss und ist zu. Wer später kommt ist ausgesperrt. Hinsichtlich des Öffentlichkeitsgrundsatzes glatt rechtswidrig. Denn natürlich haben Bürger*Innen das verbriefte Recht noch zur letzten Minute einer öffentlichen Sitzung dazuzukommen. Aber was kümmert die Stadtverwaltung schon die Rechtmäßigkeit ihrer Handlungen? Wo kein Kläger da kein Richter.

Und Kritiker werden von der Interessengemeinschaft aus gleichgültigen Verwaltungsmitarbeitenden und an Bürgerbeteiligung ohnehin nicht interessierten Kommunalpolitiker*Innen mundtot gemacht. Um klar zu machen, um was es geht: wie lange wäre wohl eine ALDI-Marktleiterin im Amt, die regelmäßig zu den angegebenen Öffnungszeiten die Eingangstüren des Marktes verschließt? Bei der Stadt ist das jetzt schon seit Jahren der Fall. Und nicht eine einzige verantwortliche Person wurde dafür je auch nur abgemahnt. Es geht ja auch “nur” um Bürgerrechte. Würden die Gehälter auch nur eine Woche später ausgezahlt, als im Tarifvertrag vorgeschrieben – da wäre was los …

Gestern kam der erneute Ausschluss der Öffentlichkeit nur ans Licht, weil zwei Ausschuss- und Stadtratsmitglieder vor der verschlossenen Tür standen. Und nicht reinkamen. Birgit Ensminger-Busse (CDU) und Jörg Fechner (AfD) war der in der Einladung von 17:30 Uhr auf 17 Uhr vorverlegte Beginn der Sitzung entgangen. Auf Rütteln und Klopfen reagierte natürlich niemand. Das kann man im Sitzungssaal nicht hören. Erst ein Anruf der Ratsfrau beim sitzungsleitenden OB sorgte für Abhilfe. Emanuel Letz eilte zum Nebeneingang und öffnete die Tür. Im Einzelfall natürlich wertvoll. Aber was für ein Bild bietet diese Verwaltung:

Der OB wird zum Türöffner degradiert, weil eine 48-Millionen-Euro-Personalkostenverwaltung versagt. Und dann wundern sich die Bediensteten über ihren schlechten Ruf bei vielen Einwohner*Innen. Vielleicht ist es nicht so clever eine Personalvertretung zu wählen, die mit großem Aufwand die formalen Rechte der Mitarbeitenden vertritt. Vielleicht wäre es zielführender eine Personalvertretung zu wählen, die dafür Sorge trägt, dass die Verwaltung die berechtigten und von den Menschen auch bezahlten Anliegen der Bürger*Innen vertritt. Die Zufriedenheit mit dem städtischen Personal – mit allem was da dranhängt – würde sich dann automatisch erhöhen.