Polizei dementiert Facebook-Post: “keine Frau von der Brücke geworfen”

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Am vergangenen Wochenende war es in der Bad Kreuznacher Innenstadt DAS Gesprächsthema: der Großeinsatz von Polizei und Rettungsdiensten auf und unter der Alten Nahebrücke. Dutzende Kräfte und zusammen rund zehn Fahrzeuge waren im Einsatz. Da alle mit Sondersignalen anfuhren, erregte der Rettungseinsatz eine erhebliche Aufmerksamkeit. Zahlreiche Schaulustige verfolgten das Geschehen. Leider gab es von keiner der beteiligten Institutionen dazu eine öffentliche Erklärung.

Zwar wurde die noch während des laufenden Einsatzes fernmündlich gestellte Anfrage der Redaktion dieser Seite von der hiesigen Polizeiinspektion korrekt und freundlich beantwortet. Aber die Information, dass es der aus dem Nahebett geretteten weiblichen Person den Umständen entsprechend gut geht, wurde an den Folgetagen nicht an die Presse weitergegeben. Dieses Informationsdefizit regte eine Reihe von Zeitgenossen zu wilden Spekulationen an. Wie beim Fall “Cheers Viktoriastrasse” (*) wurden frei erfundene Handlungsbestandteile öffentlich verbreitet.

So postete Kevin B. in der Facebook-Gruppe Mein Bad Kreuznach die Frage, “was ist mit dem Mädchen, das am späten Freitagabend von der Brücke geworfen wurde?” Diese Behauptung wurde von anderen Usern aufgegriffen. Und von Kevin B. mit der Zusatzfrage vertieft, “warum sieht und hört man nichts darüber in unseren Medien?” Die Antwort könnte einfacher nicht sein: weil es so, wie von Kevin B. behauptet, nicht passiert ist. Ende dieser Woche hat die Redaktion diese Seite schriftlich bei der zuständigen Polizeibehörde nachgefragt.

Erfreulich schnell und klar deren Antwort: “es gibt keinerlei Hinweise auf eine Beteiligung Dritter bzw. eine sogenannte Fremdeinwirkung, weswegen auch in der Konsequenz kein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde”, schreibt Arndt Hebel, Erster Polizeihauptkommissar und stellvertretender Inspektionsleiter der Polizeiinspektion Bad Kreuznach. Damit ist zwar der Einzelfall geklärt. Nicht aber der Umgang amtlicher Dienststellen mit öffentlich relevanten Informationen.

Diese betreffend agieren die meisten öffentlichen Verwaltungen und Dienststellen noch immer wie in der Zeit vor Internet und Smartphones. Dies liegt natürlich teils auch am Versagen der politisch Verantwortlichen. So sind in den Stellenplänen etwa bei der Polizei immer noch keine zusätzlichen eigenen Pressepolizeibeamt*Innen in den einzelnen Inspektionen ausgewiesen. Polizeibeamte, die ohnehin genug zu tun haben, müssen die “Pressearbeit” zusätzlich übernehmen.

Die Redaktion dieser Seite hat Verantwortliche bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass dieses bürokratische Festklammern an Strukturen vergangener Jahrhunderte gesellschaftszersetzende Folgen hat. Denn wo der Staat gravierende Informationslücken lässt, weil die Verantwortlichen zu bequem sind, an den richtigen Stellen zu sparen (zum Beispiel Verzicht auf die Selbstdarstellungslobhudeleien aus den Pressestellen der Minister*Innen), machen sich Verleumder und Spinner breit. Beispiel.

Derzeit wird nicht einmal über 0,1% der Polizeieinsätze berichtet. Die Masse der ausserhalb vom Verkehrsgeschehen von Polizeimaßnahmen nicht betroffenen Menschen haben nicht den Schimmer einer Ahnung, welche Vielfalt von Aufgaben und Problemstellungen die bei den Polizeiinspektionen eingesetzten Kräfte zu bewältigen haben. Dabei ist sozialwissenschaftlich und psychologisch längst unstrittig, dass alles, was eine Person mehr weiss, ihre Kommunikations- und Einbringungsfähigkeiten erhöht.

Vereinfacht ausgedrückt: würden die Menschen mehr von dem wissen, was Polizeibeamte tagtäglich leisten, würde die daraus sich entwickelnde Wertschätzung sich im Umgang auswirken. In mehr Verständnis und mehr Kooperationsbereitschaft. Letztlich würde damit die Polizeiarbeit effektiver, was sich wiederum in einem höheren Zufriedenheitsgrad der Bevölkerung auswirken würde.

Aber auch der neue rheinland-pfälzische Innminister Michael Ebling (SPD) ist ein eingebildeter Besserwisser, übergeht sozialwissenschaftliche Erkenntnisse und verharrt in überkommenen und technisch und von der Zeit überholten Strukturen.
Wie es vom Ansatz her besser geht, macht seit Jahren die Freiwillige Feuerwehr Bad Kreuznach vor (und auch viele andere Feuerwehren im Kreis). Die Brandbekämpfer, die erheblich weniger Einsätze haben, als die Polizei, schaffen es – ehrenamtlich – tagesaktuelle Einsatzauflistungen zu erstellen.

So können etwa die Einsätze in Bad Kreuznach unter feuerwehr-bad-kreuznach.de nachgelesen werden. Die Veröffentlichung einer solchen tagtäglichen Leistungsübersicht durch die Polizei für jede einzelne Dienststelle würde Transparenz schaffen und Tätigkeitsschwerpunkte offenlegen. Aber sowas gab es vor 130 Jahren im Kaiserreich nicht. Und warum sollte man es dann heute machen? (Das ist eine rhetorische Frage. Denn ausser den Verantwortlichen in der Landespolizeiführung hat ja jeder andere verstanden, dass Veränderungen dringend nötig sind).

(*) Vor allen in den Sozialen Netzwerken wurde im Zusammenhang mit einem Tötungsdelikt die Behauptung verbreitet, es sei zu einem Macheteneinsatz gekommen und ein Fuss sei abgetrennt worden. Tatsächlich wurde im Zusammenhang mit der Straftat weder eine Machete eingesetzt noch ein Fuss abgetrennt.