Hohe Unzufriedenheit in der Bevölkerung mit öffentlicher Verwaltung

Beobachtet und kommentiert von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Am heutigen Montagvormittag (21.8.2023) trifft sich ab 10 Uhr die lokale Prominenz zum Jahrmarktsfrühschoppen im Naheweinzelt. In den vergangenen Jahren standen bei dieser Gelegenheit Selbst- und Eigenlob im Vordergrund. Dabei wäre gerade in diesem Kreis Demut angesagt. Denn nie zuvor waren die Bürger*Innen mit der Aufgabenerfüllung durch öffentliche Dienststellen und dem was drumherum dazu gehört, so unzufrieden, wie in diesem Jahr. Nur noch 27 Prozent der Bürgerinnen und Bürger gehen aktuell davon aus, dass der Staat in der Lage ist, seine Aufgaben zu erfüllen.

Das ist das erschütternde Ergebnis einer Umfrage, die das renommierte Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag des Deutschen Beamtenbundes (dbb) im Sommer 2023 durchgeführt hat. “Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Handlungsfähigkeit ihres Staates ist damit auf einen neuen Tiefpunkt gesunken. Das ist alarmierend“, kommentierte der dbb Bundesvorsitzende Ulrich Silberbach die Ergebnisse am 15. August 2023 in Berlin. In Bad Kreuznach ist trotzdem leider kein Thema, wie dieser fatalen, potentiell staatszersetzenden Entwicklung entgegengetreten werden kann.

Statt Schlechtleistungen in der Kommunalverwaltung als solche zu erkennen, darzustellen und zu verurteilen, werden unfähige und unwillige Verwaltungsmitarbeitende der Mehrheit der anderen, die ihre Arbeit richtig machen, gleichgestellt. Eine der größten Schwachstellen öffentlicher Verwaltung: die Unehrlichkeit und Intransparenz beim Fällen und der Darstellung von Sachentscheidungen. Gerade Begründungen der Kreis- und Stadtverwaltung für bestimmte Projekte und Baumaßnahmen werden von den Einwohner*Innen als Provokation und “Verarschung” empfunden.

So machte die Landrätin vor Jahren ihre Bedenken gegen eine neue, kostenträchtige GmbH-Struktur öffentlich geltend. Damals ging es um um eine Kreis-Wohnungsbaugesellschaft. Also um günstige Wohnungen für viele. Bei der Gründung der Busgesellschaft KRN GmbH hat sich Bettina Dickes landesweit vorgedrängt. Und eine 80-Millionen-Euro-Investitions-GmbH mit gegründet. Jetzt fahren sehr oft nur schwach oder gar nicht besetzte Busse durchs Kreisgebiet. Und zweistellige Millionenbeträge werden in den Sand gesetzt. Original-Kommentar von der Theke: “das Mädchen hätte besser für leere Wohnungen als für leere Busse gesorgt”.

In der Stadt sind es oft Bauprojekte, über die sich die Einwohner*Innen erzürnen. Aktuell die kürzlich abgeschlossene, als “Sanierung des schlechten Strassenbelages” dargestellte Baumaßnahme in der Ringstrasse, Abschnitt zwischen Mannheimer Strasse und Crucenia Realschule Plus (Ringschule). Wer die Strecke kennt weiß: der Abschnitt zwischen der Schule und der Alzeyer Strasse hätte es nötiger gehabt. Dort gab es aber schon auf beiden Seiten Radwege. Im jetzt erneuerten Abschnitt fehlten diese auf der Südseite. Tatsächlich wurde also nicht ein Fahrbahnbelag erneuert, sondern eine Lücke im Radwegenetz geschlossen. Dieser Hinweis fehlt allerdings in allen städtischen Pressemitteilungen zu diesem Thema.

Auf der Westseite der Kreuzung ist genug Platz für eine Rad-Aufstellfläche vor den Pkw.

Ist man in der Stadtverwaltung wirklich so verblendet, dass man glaubt, die Menschen, merken das nicht? Das Gegenteil ist der Fall. Manipulierte, unvollständige Informationen werden als solche identifiziert – und zerstören wieder ein Stück des Vertrauens der BürgerInnen in öffentliche Verwaltung. Zumal diese zusätzlich noch sachwidrig handelt. Mindestens bei der Sachinformation. Bleiben wir beim Beispiel Ringstrasse: statt die Neugestaltung dazu zu nutzen, für tausende von AutofahrerInnen täglich die Fahrt auf dieser Strecke zu verbessern, wurde diese Chance vertan.

Auf der Ostseite und im Kreuzungsbereich wäre die Verkehrsfläche besser in je eine Geradeausspur und eine dritte für Linksabbieger aufgeteilt worden.

Möglich wäre nämlich folgendes gewesen: auf der Westseite der Kreuzung Mannheimer und Ringstrasse, zwischen der Haltelinie und der beampelten Fußgängerfurt, eine tiefrot eingefärbte Aufstellzone für Radfahrende einzurichten (wie am Bourger Platz und anderenorts bereits geschehen). Die Radfahrenden könnten dann vor den Autofahrer*Innen losfahren, wären im Kreuzungsbereich weniger gefährdet und bräuchten vor allem auf den ersten Meter in der Ringstrasse auf der Ostseite der Kreuzung keinen Radweg, sondern könnten 10 oder 15 Meter auf der Fahrbahn fahren, bevor dann der rote Streifen beginnt.

Das wiederum böte die Möglichkeit den Kreuzungsbereich hinsichtlich des Pkw-Verkehres zu optimieren. Denn dort kommt es täglich vielfach beim in Richtung kreuznacher diakonie fliessenden Verkehres zu Stopps und Staus. Weil oft nur ein einziges Fahrzeug von der Ringstrasse nach links in die Mannheimer Strasse abbiegen möchte, aber natürlich erst den Gegenverkehr passieren lassen muss. Hinter diesem einem Auto stehen  dann oft mehr Fahrzeuge, als beim Rest der Grünphase die Ampel passieren dürfen. Einige machen es dann doch (siehe Unfallstatistik). Die anderen haben vermeidbare Wartezeit.

Denn mit gutem Willen (und dem Verzicht von 10 bis 15 Metern Radweg) kann an dieser Stelle für die ein oder zwei Linksabbieger eine dritte Spur geschaffen werden. Selbst wenn das alles wegen der 3 Milliarden Sondervorschriften für Fahrstreifenbreiten unter Berücksichtigung des Sonnenstandes in Nebraska und den Urlaubsplänen im Amt doch nicht geht: wieso wird den Menschen das nicht erklärt? Die Einwohner*Innen bezahlen laut amtlichem Organigramm ein vielköpfig besetztes “Amt für Kommunales und Öffentlichkeitsarbeit” samt Stabsstelle Presse.

Mit mir sind tausende von Einwohner*innen bereit auf die Berichte darüber zu verzichten, wo der OB wann an wen Eis verteilt hat. Wenn es dafür mehr Infos zu echten Themen gäbe. Auf die unterlassenen Informationen zu ihrer Lebensrealität reagieren viele Einwohner*Innen entsprechend negativ. Wenn es nicht so traurig wäre, müsste man lachen, wenn dann bei CDU, SPD, Grünen, FDP und Linken das große Wundern losgeht, warum deren Zustimmungswerte zurückgehen. Und immer mehr Menschen bereit sind, radikal zu wählen. Nicht die – teils dummen, teils wahrheitswidrigen – Sprüche der Radikalen treiben denen die Wähler*Innen zu.

Sondern die inkompetente Sacharbeit öffentlicher Verwaltung auf allen Ebenen. Würde nämlich sachtransparent, bürgerfreundlich und lösungsorientiert (und mit weniger ideologischen Vorgaben) gearbeitet, wäre dies das beste Mittel gegen die politische Radikalisierung. Wie wenig die Verantwortlichen in Bad Kreuznach die Zeichen der Zeit erkannt haben, wird (für jene, die sich die Mühe machen, sich darum zu kümmern) auch beim Umgang mit dem heutigen Frühschoppen deutlich. Der Haushaltsansatz für die Veranstaltung wurde um einen vierstelligen Betrag gekürzt. Gespart wird bei den Getränken.

Das könnte ein werthaltiges Symbol sein. Wenn die Probleme verstanden worden wären. Das sind sie aber nicht. Auch wenn die Großkopferten das nicht glauben mögen: der Masse der Einwohner*innen wäre es egal, mindestens aber deutlich weniger wichtig, ob beim Frühschoppen 5.000 oder 10.000 Euro mehr auf den Kopf gehauen würden. Wenn Verwaltungs- und Ratsarbeit inhaltlich bessere Ergebnisse liefern würde. So dumm, wie sie von der etablierten Politik eingeschätzt werden, sind die Einwohner*Innen nicht. Sie wissen sehr wohl, dass die 2.000 Euro, die jetzt beim Jahrmarkt eingespart werden, um gut Wetter zu machen, ein Witz sind.

Etwa im Vergleich zu den rund 1,5 Millionen Euro, die allein die Fahrradgarage am Bahnhof die Stadtkasse mehr gekostet hat, als dem Stadtrat bei seinem ersten Grundsatzbeschluss suggeriert wurde. Auch wenn die Fassade wirklich ein Hingucker ist: rund vier Millionen Euro Steuergeld ist in den letzten sieben (!) Jahren (von der Bauzeit macht die Stadt da jetzt schon zweistelligen Milliardenprojekten wie Stuttgart 21 und dem Berliner Flughafen Konkurrenz) in das Casinogebäude geflossen. Dessen Zustand ist seit Jahren innen so, dass eine Presseanfrage der Redaktion dieser Seite zur Besichtigung des Innenraumes von der Stadtverwaltung abgelehnt wurde.

Mit der Begründung, dies sei viel zu gefährlich. Es sind weitere Millionen und weitere Jahre des Wartens nötig, bis – hoffentlich – die Einwohner*Innen, die das alles bezahlen, das Gebäude auch nur betreten dürfen. Aber immerhin: der städtische Jahrmarktsfrühschoppen muss jetzt ja nur noch 3.000 Jahre so bescheiden wie heuer stattfinden. Dann sind die Casino-Millionen wieder reingeholt …