Breite Mehrheit für Manfred Rapp als Gewobau-Aufsichtsratsvorsitzender

Beobachtet und kommentiert von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Im März 2022 wurde Dr. Heike Kaster-Meurer (SDP) als Oberbürgermeisterin bereits im ersten Wahlgang krachend abgewählt. Mit dem Ausscheiden der OBin verlor die städtische Gewobau ihre Aufsichtsratsvorsitzende. Der Versuch einer Nachbesetzung scheiterte Ende Februar 2023 im Aufsichtsrat. T-s-n berichtete Anfang März: “in nichtöffentlicher Sitzung und geheimer Wahl – ohne Aussprache – votierten nur drei Aufsichtsräte für Letz, zwei enthielten sich der Stimme. Und sechs stimmten mit Nein.

Auch wenn sie in Sachfragen nicht immer einer Meinung sind: das persönliche Verhältnis zwischen Karl-Heinz Delaveaux (links) und Manfred Rapp ist ungetrübt.

Als Aufsichtsratsmitglied Karl-Heinz Delaveaux (FWG) dieses Ergebnis bekanntgab, glaubte die ein oder der andere in der Runde kurzzeitig an einen verspäteten Fastnachtsscherz des erfahrenen Karnevalisten. Doch Delaveaux hatte ganz nüchtern berichtet, was die Auszählung ergab: eine Klatsche für das neue Stadtoberhaupt. Die um so nachhaltiger wirkt, um so näher man sich die Zusammensetzung des Gremiums ansieht. Denn die FDP stellt allein drei der 12 städtischen Mitglieder: Emanuel Letz, Volker Stephan und Oliver John.

Andrea Manz und Ahmet Dasli übernahmen die Aufgabe der Stimmzählkommission.

Da Günter Sichau entschuldigt fehlte, war für die Grünen allein Juliane Rohrbacher anwesend. Die SPD wurde durch Günter Meurer und Peter Grüßner vertreten. Für die CDU waren Manfred Rapp und Helmut Kreis mit dabei. Jörg Fechner vertrat die AfD, Jürgen Locher Die Linke und Karl-Heinz Delaveaux die FWG. Nach der Bekanntgabe dieses Ergebnisses reagierte Emanuel Letz in der Sitzung mit der Aussage, für den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden nun nicht mehr zur Verfügung zu stehen”.

Eine diesbezügliche Anfrage der Redaktion dieser Seite beantwortete die Stadtverwaltung u.a. im März mit der Feststellung: “Die Frage, ob der Oberbürgermeister nochmal kandidiert, stellt sich erstmal nicht”. Doch dann kam alles ganz anders. Bereits in der Stadtratssitzung im Mai protestierte u.a. Dr. Herbert Drumm (Freie Wähler) gegen das Führungsdefizit im Aufsichtsrat der Gewobau. Und in der Stadtratssitzung am gestrigen Donnerstagabend fiel dann die Personalentscheidung:

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Manfred Rapp wurde in geheimer Abstimmung mit großer Mehrheit für das Amt des Gewobau-Aufsichtsratsvorsitzenden nominiert. Da die städtischen Vertreter im Gewobau-Aufsichtsrat an das Stadtratsvotum gebunden sind, ist damit deren Entscheidung vorbestimmt. Nur ein Rechtsbruch mehrerer, von der Stadt bestimmter Aufsichtsratsmitglieder, der die Gewobau überregional in die Negativ-Schlagzeilen bringen würde, kann den Amtsantritt Rapp’s jetzt noch verhindern.

Nachdem sich SPD, Grüne, Linke und FDP nicht auf einen gemeinsamen Personalvorschlag einigen konnten, hatte OB Letz vor der Abstimmung gestern seinen endgültigen Verzicht auf eine Kandidatur erklärt. Emanuel Letz verband diese nach “reiflicher Überlegung” getroffene Entscheidung mit einer vollkommen neuen Ankündigung: Mitglieder des Stadtvorstandes, die als Gesellschaftervertreter ohnehin ein gewichtiges Wort in den GmbH-Gremien mitreden, sollen künftig auf den Vorsitz in den Aufsichtsräten verzichten.

Ein Seitenhieb auf Bürgermeister Thomas Blechschmidt (CDU), der erst kürzlich zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Stadtwerke gewählt worden war. Bevor es zur geheimen Abstimmung kam, lösten die Stadtratsmitglieder Mariana Ruhl (FDP), Jürgen Locher (Linke) und Günter Sichau (Grüne) eine längere Diskussion über die Frage aus, ob die vom Stadtrat bestimmten Mitglieder im Gewobau-Aufsichtsrat dort in geheimer Wahl jene Person wählen müßten, für die der Stadtrat sich mehrheitlich entscheidet.

Stadtrechtsdirektor Fouad Yahia erläuterte die einschlägige Rechtslage sehr ausführlich und verständlich. Und zitierte die unmißverständlichen gesetzlichen Bestimmungen. Danach haben sich die kommunalen Vertreter*Innen in gemeindlichen Kapitalgesellschaften allein an den Interessen der Gemeinde (die vom jeweiligen Rat bestimmt wird) zu halten – und nicht an persönliche Überzeugungen oder parteipolitische Pläne. Peinlich für die Kritiker*Innen dieser landesgesetzlichen Bestimmungen:

Mariana Ruhl, Jürgen Locher und Günter Sichau waren im Jahr 2020, als die entsprechenden Regelungen von der damaligen Oberbürgermeisterin im Stadtrat vorgestellt und dort in Form der Gewobau-Gesellschaftssatzung beschlossen wurden, persönlich anwesend. Damals erhoben sie keinen Widerspruch. Sondern stimmten brav mit. Besonders peinlich: auf die ganz naheliegende Lösung, wie sich Aufsichtsratsmitglieder, denen ihr Ego oder die Parteipolitk wichtiger sind, als die Interessen der Stadt, “befreien” können, sind die Kritiker nicht gekommen:

Die jederzeit möglich Niederlegung ihres Aufsichtsratsmandates. So ein Pöstchen gibt man/frau halt nicht gern auf … Cleverer stellten sich da schon Manfred Rapp und seine Unterstützer*Innen im Stadtrat an. Und lieferten damit gleichzeitig auch den Beweis, dass es so etwas wie Freundschaft und Verlässlichkeit im kommunalpolitischen Leben der Stadt doch noch gibt. Um zu verhindern, dass das geheime Abstimmungsergebnis von einer Mehrheit von Nein-Sagern torpediert werden konnte, ließ sich Karl-Heinz Delaveaux (FWG) als Zählkandidat gegen Manfred Rapp aufstellen.

Damit war klar, dass es in der geheimen Abstimmung in jedem Fall einen Sieger und damit eine Lösung für das Führungs-Problem an der Spitze des Gewobau-Aufsichtsrates geben würde. Das von Ahmet Dasli (SPD) und Andrea Manz (Grüne) ausgezählte Ergebnis fiel eindeutig aus: 22 Stadtratsmitglieder stimmten für Manfred Rapp, vier für Karl-Heinz Delaveaux. Fünf Stimmzettel waren ungültig (ohne Stimmabgabe durchgestrichen). Und acht Enthaltungen wurden abgegeben in Form unveränderter Stimmzettel.

Juliane Rohrbacher (stehend) erklärt OB Letz (zweiter von rechts) warum sie keine Stimme abgibt.

Drei der 42 (von 44 plus OB) anwesenden Stadtratsmitglieder nahmen an der Abstimmung nicht teil. Juliane Rohrbacher (Grüne) erklärte ihre Gründe für die Stimmverweigerung dem OB während der laufenden Abstimmung. FDP-Fraktionsvorsitzende Mariana Ruhl rief “ich verzichte”, als der Oberbürgermeister sie zur Stimmabgabe aufforderte. Manfred Rapp bedankte sich für das in ihn gesetzte Vertrauen und versprach dem Stadtrat eine rein an den Interessen der Gewobau orientierte Amtsführung (weiterer Text folgt).