Grüner Umschlag kündigt Drecksarbeit an

Von unserem Mitarbeiter
Gerd Cremer

Es ist weit über ein Jahr her. Da wurde dem Stadtrat die Firma Unsere Grüne Glasfaser (UGG) als Premium-Partner für einen flächendeckenden und schnellen Glasfaserausbau präsentiert. Gabs am Anfang noch kritische Fragen, knickte die große Stadtratsmehrheit unter der Fürsprache von Kreis und Stadtvorstand schnell ein. In der Folge gab es monatelang erst mal nur Ankündigungen und Vertröstungen. Es stellte sich heraus, dass die damals zurückhaltend formulierten Bedenken aus dem Tiefbauamt vollkommen berechtigt waren: der Aufwand (und damit die Kosten) für die Stadt bei dem angeblichen kostenlosen Ausbau sind erheblich.

Vor Wochen erreichte das Thema Glasfaserausbau durch eine Information der Stadtverwaltung wieder die öffentliche Wahrnehmung: die Tiefbauphase soll nun endlich starten. Im September. Erwartungsgemäß meldete sich die UGG in dieser Woche bei den Haushalten im Stadtgebiet. Wer gestern seinen Briefkasten öffnete, fand dort einen grünen Umschlag im DIN A 4 – Format. In dem Prospektmaterial stellt sich die UGG vor. Die wirbt nun mit der Behauptung, dass der schnelle Glasfaserausbau in Bad Kreuznach begonnen hat. UGG ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Allianz (Geldgeber) und Telefonica Group (Technik).

Nirgends sind in diesem Schreiben Bauzeitenpläne genannt, noch was die Anschlußkosten und monatliche Kosten für das Internet betragen. Es wird zwar hier angeführt, dass man seinen eigenen Router verwenden kann. Allerdings kenne ich Fälle aus dem Landkreis, in denen scharf seitens der UGG akquiriert wird, dass man als Anschlußnehmer den von Telefonica verwendeten Router zu nehmen hat. Der kostet natürlich wiederum eine monatliche Gebühr. Bereits vor vielen Jahren hatte die Deutsche Telekom in der Stadt Kreuznach überall DSLAM errichtet.

Dort endet die Glasfaser und die “letzte Meile” bis zur Fritzbox im Haus erfolgt über das bestehende Kupferkabel. Damit sind Geschwindigkeiten von bis zu 100 Mbit/s möglich. Sogenanntes VDSL-Vectoring. Dies ist zurzeit völlig ausreichend für eine Internetnutzung inklusive Fernsehen. Im September beginn also in unseren Starssen die Schmutzphase. Es müssen in der Stadt Bürgersteige und Straßen durch den oder die Unterauftragnehmer der UGG aufgerissen werden. Aus Gemeinden im Landkreis gibt Berichte, demnach die von der UGG beauftragten Subunternehmen Kabelgräben herstellten, aber nach Einbringen der Kabelleerrohre diese nicht oder nur ungenügend verschlossen haben.

Teilweise standen die Kabelgräben wochenlang offen. Um die Verteilerkästen, sogenannte Point of Presence (PoP) und Distribution Point (DP) war die Oberfläche nicht wieder ordnungsgemäß hergestellt, teilweise die Gräben noch offen und mit Gitter abgesperrt. Sei es das Material fehlte, die bauausführende Fremdfirma Urlaub machte oder es an Koordinierung- und Absprache fehlte. Dies droht nun auch hier bei uns in der Stadt. Überall entstehen Stolperfallen. Haben wir nicht gerade genügend Baustellen in der Stadt?

Auch die Stadtwerke haben bereits sehr viel investiert und ein eigenes Breitbandnetz im Stadtkern aufgebaut. Als ehemaliger Fernmeldereferent im Innenministerium Rheinland-Pfalz halte ich den Überbau des Telekommunikationsnetzes für nicht angebracht und zielführend. Leider ermöglicht die Gesetzgebung, dass prinzipiell jede Kommunikationsfirma, die solche Leistungen anbietet, das Recht auf Errichtung für ein eigenes Breitbandnetz hat. In Bad Kreuznach wurde das durch den unnötigen, vom Stadtrat beschlossenen Vertrag, der UGG in besonderer Weise zugestanden.