Einzelhändler-Protest im Stadtrat: “zunehmende Verwahrlosung der Innenstadt”

Von Adrian Rahmani
und Claus Jotzo

Selten wird in der Einwohnerfragestunde des Stadtrates so freundlich und gleichermaßen unverblümt Klartext gesprochen, wie das am vorgestrigen Donnerstag (29.8.2024) der Fall war. Michael Scholle und seine Schwester Melanie, die Eigentümer des Kauhof-Gebäudes, waren im Beistand von rund zwei Dutzend Einzelhändler-Kolleg*Innen pünktlich zu Sitzungsbeginn im Rathaus. Und nutzten ihr durch die Gemeindeordnung verbrieftes Recht einen Kommentar zur Stadtpolitik abzugeben. Und Fragen zu stellen.

Michael Scholle spricht in der Einwohnerfragestunde des Stadtrates am 29.8.2024.

Michael Scholle erinnerte daran, dass sich die Einzelhändler vor einem Jahr mehrfach mit den Verantwortlichen bei verschiedenen Gelegenheiten getroffen hatten, um auf Missstände und Verbesserungsbedarf beim Thema “Sauberkeit und Sicherheit der Stadt” hinzuweisen. Um dann knallhart in der Sache zum Thema zu kommen: “es findet eine zunehmende Verwahrlosung der Innenstadt statt. Mit dreckigen Mülleimern, vielfältigen Schmiereieien und sich selbst überlassenen Anpflanzungen (mittlere Mannheimer Strasse Höhe REWE). Verstärkt wird dieser ganze Eindruck noch, dass man über die Stränge schlagende Stadtbesucher ignoriert. Von der Verwaltung findet de facto keine Kontrolle statt.

Ein aktuelles Bild vom Freitagabend. Es beweist wie berechtigt die Kritik der Einzelhändler ist.

Ansprechpartner findet man in diesem Bereich nur sehr sehr schwer. Dazu kommen aggressive Fahrradfahrer, rücksichtslose E-Scooter, die das sorglose Bummeln in der Innenstadt zunehmend gefährden. Somit werden die Innenstadtbürger und die Einzelhändler doch ziemlich alleine gelassen, weil entweder der Ansprechpartner sich nicht in der Lage sieht, nicht zuständig ist oder auf die Kreisverwaltung verwiesen wird. Hin und her, weil einfach die Kompetenz oder die Ansprache nicht ganz klar ist. In einer Zeit, in der die Innenstädte in der Konkurrenz zum Internet und zur “Grünen Wiese” leben, die zunehmend mehr Einzelhandel bekommt, und die Geschäfte immer schwieriger werden – ist es natürlich nicht in Ordnung, wenn man dieser Verwahrlosung zuschaut.

Das Ergebnis der ganzen Workshops und Besprechungen war: “dagegen muss was getan werden”. Das ist jetzt über ein Jahr her. Was haben Sie seit einem Jahr getan? Was gedenken Sie zukünftig hierfür zu tun? Denn nur als bunter Blumenstrauss von Dienstleistungen, Einzelhandelsgeschäften, Cafes usw ist eine Innenstadt attraktiv mit vernünftigen Parkplätzen gut erreichbar. Da kann man in Bad Kreuznach noch das ein oder andere tun”. Oberbürgermeister Letz zeigte zwar Verständnis für den Protest der Einzelhändler, widersprach aber der von Scholle gegebenen Darstellung: “es stimmt nicht, dass gar nichts gemacht wird. Für konstruktive Vorschläge sind wir immer zu haben.

Sie können uns gerne das auch schriftlich überlassen. Sie bekommen auf jeden Fall eine ausführliche Antwort”. Der OB verriet auch eine seiner Erkenntnisse. So würden Blumen “nicht einfach ausgerissen, sondern geklaut”. Um dann festzustellen: “es ist nicht so, dass wir nicht untätig sind”. Der für Wirtschaftsförderung und das Ordnungsamt zuständige Beigeordnete Markus Schlosser versicherte: “ich schicke meine Leute jeden Tag in die Fussgängerzone. Wir haben unsere Arbeitszeiten ausgedehnt. Der kommunale Vollzug ist jetzt bis 22 Uhr unterwegs. Da wird eine ordentliche Arbeit gemacht. Mehr wäre möglich mit mehr Personal”. Schlosser bestritt ein Zuständigkeitsgerangel. Vielmehr gebe es klare Zuständigkeiten, denen die Stadt nachkomme (weiterer Bericht folgt).