Occurrens interruptus

Von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Ganz egal um was es geht. Wenn etwas schon zu Ende ist, bevor es angefangen hat, stimmt etwas nicht. In vielen Fällen bleiben die Beteiligten dann – so oder so – unbefriedigt zurück. Wie gestern gegen 17:30 Uhr im Sitzungssaal der Stadtverwaltung im Brückes. Rund zwei Dutzend Mitglieder des Schulträgerausschusses der Stadt, Amtspersonen, Zuhörer*Innen und Pressepersonen hatten sich auf Einladung der Stadtverwaltung zu einer Sitzung versammelt. Um dann von Schuldezernent Markus Schlosser zu hören, dass sich alle den Weg umsonst gemacht haben. Denn die auf der Tagesordnung vorgesehen Beschlüsse dürften, so Schlosser, nicht gefasst werden.

Dr. Gerald Kroisandt (links) war trotz der verfristeten Einladung zur Sitzung gekommen, um einen Vorschlag zur Neugestaltung der Tagesordnung zu machen. Dazu kam es nicht, weil die Sitzung erst garnicht eröffnet wurde.

Grund für den Stopp der Ausschusssitzung noch bevor das Treffen überhaupt eröffnet wurde: die Stadtverwaltung hat wieder einmal einen Formfehler gemacht. Obwohl aus guten Gründen in der Gemeindeordnung (GemO) und in der Geschäftsordnung des Stadtrates bestimmt ist, dass zwischen dem Tag des Zuganges der Einladung und dem Sitzungstag volle vier Kalendertage liegen müssen, war zu der Sitzung am gestrigen Dienstagnachmittag (16.4.2024) erst am Freitag vergangener Woche (12.4.2024) eingeladen worden. Den Fehler hat Schlosser nach eigenen Worten selbst erkannt. Und gleichwohl bewusst keine Absage veranlasst.

“Ich habe darauf gehofft, dass trotzdem alle kommen. Und keiner den Formfehler rügt”. Es kam aber anders. “Ein Ausschussmitglied” so Schlosser in seiner Stellungnahme, habe ihm kurz vor dem geplanten Sitzungsbeginn per Email mitgeteilt, dass es mit dem Formfehler nicht einverstanden sei und auf einem neuen, korrekt geladen Termin bestehe. Damit war nach recht und Gesetz klar: gestern durfte weder informiert noch beraten noch beschlossen werden. Trotzdem stellte Markus Schlosser zunächst in den Raum, zumindest eine Aussprache über die auf der Tagesordnung angesprochenen Themen vorzunehmen, “weil ja viele Ausschussmitglieder gekommen sind”.

Diesem Ansinnen bereitete Wolfgang Kleudgen (FW) ein jähes Ende. Das frühere Stadtratsmitglied wies auf die Rechtslage hin. Und riet dazu keine weiteren Fehler zu machen, sondern einen neuen Termin anzusetzen. Genau das wird jetzt auch geschehen. Markus Schlosser kündigte an, die Behandlung der Schulträgerausschuss-Themen im Stadtrat von der April- in die Mai-Sitzung zu verlegen. Und “Ende April” eine Ersatzsitzung des Schulträgerausschusses, dann korrekt eingeladen, anzusetzen. Für die gibt es gleich von mehreren Seiten Verbesserungsvorschläge. So hatte die AfD-Stadtratssfraktion den Beigeordneten schon Stunden vor der geplatzten Sitzung angeschrieben.

Und nicht nur auf den Frist-Fehler hingewiesen. Sondern auch gerügt, dass der nichtöffentliche Teil der Sitzung an deren Anfang durchgeführt werden sollte, statt gegen Ende. AfD-Fraktionsvorsitzender Jörg Fechner wörtlich: “Durch diese Vorgehensweise wird der Öffentlichkeit und der Presse die Teilnahme an Gremiensitzungen erschwert”. In die selbe Richtung geht ein Hinweis des Ausschussmitgliedes Prof. Dr. Gerald Kroisandt (BüFEP), der seinen Hinweis an die Stadtverwaltung nach Rückkehr von der gescheiterten Sitzung wie folgt formulierte: “wenn Sie sich auf einen neuen Termin einigen, dann fände ich es besser, wenn der öffentliche vor dem nicht-öffentlichen Teil stattfindet.

Denn die Pressevertreter waren alle heute pünktlich vor Ort und müssten dann unbestimmte Zeit warten und falls sich doch mal sonst noch jemand als Zuschauerin oder Zuschauer kommen will, dann ist es sehr ärgerlich, wenn man unbestimmte Zeit vor verschlossener Tür warten muss”. Gerald Kroisandt hatte sich vorgenommen einen entsprechenden Antrag auf Änderung der Tagesordnung schon gestern zu stellen. Aber dazu kam es ja erst gar nicht. Der Redaktion dieser Seite liegen die vor der Sitzung von bzw für zwei unterschiedliche Ausschussmitlgieder abgegebenen Willenserklärungen gegen den Fristverstoss vor.

Daher ist die – sicherlich in der Hektik der Situation ausgesprochene – Erklärung des Schuldezernenten, lediglich ein Ausschussmitglied habe seine Bedenken erklärt, unzutreffend. Besonders ärgerlich für die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker*Innen, die sich nach der gescheiterten Sitzung bei der Redaktion dieser Seite zahlreich meldeten, ist die von der hauptamtlichen Verwaltung immer wieder praktizierte Anwendung unterschiedlicher Maßstäbe. So werden Anträge von Fraktionen für die Tagesordnung – trotz Rechtsanspruch – immer wieder nicht aufgenommen, wenn diese nicht mindestens acht Tage vor einer Sitzung bei der Verwaltung eingegangen sind.

Begründung: zu den 4 Tagen Ladungsfrist kämen ja noch die 3 Tage fiktiver Postweg für die Einladungen hinzu. Das verlangt die selbe hauptamtliche Verwaltung von ehreamtlichen Freizeitpolitiker*Innen. Und versucht für sich bei eigenen Anträgen – wie jetzt im Schulträgerausschuss – sogar die gesetzlich definierte 4-Tages-Frist zu unterschreiten. Von der fiktiven dreitägigen Postlauffrist war gestern verwaltungsseits mit keinem Wort die Rede … (ein weiterer Bericht und ein – deutlicher – Kommentar zu der geplatzten Sitzung des Schulträgerausschusses folgen).