Das sagt Stefan Butz zum Stadthaushalt 2023

Gastbeitrag von
Stefan Butz

Da Haushaltsreden auch dieses Jahr nicht gehalten werden sollten, nachstehend meine Anmerkungen zur Generalaussprache, die eine Haushaltsdebatte ja nun auch darstellt. Bei Haushaltsreden wird es gerne einmal grundsätzlich. Das ist auch gut so, denn diese große Aussprache soll ja nicht nur das aktuelle Zahlenwerk kommentieren, sondern darüber hinaus weisen und die finanzielle und damit auch politische Zukunft der Kommune kommentieren. Viel ist bereits gesagt worden und wird noch gesagt werden zum aktuellen Zahlenwerk, für dessen Erstellung ich mich bei der Kämmerei herzlich bedanke. Viel ist auch gesagt worden zu Einsparmöglichkeiten an dieser oder jener Stelle, zu großen Batzen und kleinen Summen.

Stefan Butz (links, PBK) neben Karl-Heinz Delaveaux (FWG)

Ich möchte daher den Fokus anders legen: Auf die Einnahmen. Nein, nicht auf die Einnahmen, die wir in 2023 generieren können, sondern auf die, die wir in den restlichen Jahren dieses Jahrzehnts und darüber hinaus generieren könnten. Könnten: Das ist Konjunktiv, das heißt in potentia, nicht unbedingt in realitas. Wir können aber aus diesem Könnten ein Können und auch ein Werden machen. Wenn wir das wollen. Fangen wir bei den kleinen Dingen an und gehen dann ins Große und Ganze: Wir könnten – so wir uns die Möglichkeit dazu vom Landkreis wieder holen können – anfangen, selbst den fließenden Verkehr zu überwachen. Sprich: Wir könnten selbst Geschwindigkeitskontrollen durchführen.

Den Einwand, den ich vom Ordnungsdezernenten dazu erhielt, dass sich das nicht rechne, halte ich für verwegen: andere Kommunen beauftragen Fremdfirmen damit, um Personal zu sparen und generieren trotzdem Einnahmen und bei uns soll das nicht möglich sein? Ich bitte, dies zu überdenken. Falls nun einer „Abzocke“ ruft: Nein. Ist es gerade nicht. Wer sich an die Regeln hält, dem passiert nichts. Wer die Verkehrsregeln bricht und damit andere gefährdet, der muss zahlen. Fairer geht es kaum. Profiteur wäre die Stadtkasse. Wir könnten unsere eigenen Liegenschaften besser abchecken, um zu sehen, wie man kreativ Potenziale nutzen kann, die wir bisher leider nicht nutzen.

Bestes Beispiel ist das Kurmittelhaus Bad Münster. Wunderschön, aber leider sehr schlecht gedämmt, dafür gar nicht mal klein. Statt die heißen Quellen direkt unter diesem Gebäude für die Beheizung des Gebäudes zu nutzen, fangen wir nichts mit dieser Wärme an, heizen aber auf konventionelle Weise das Geld der Stadt zum Fenster hinaus. Hier geht es um einige Zehntausend Euro. Wenn wir andere Liegenschaften der Stadt auf Potenziale untersuchen würden, käme sicherlich noch die ein oder andere zusätzliche Möglichkeit, der ein oder andere Euro mehr heraus. Wir könnten noch einmal über Windenergie auf städtischen Flächen oder doch zumindest auf städtischer Gemarkung diskutieren.

Ich weiß, eine frühere Stadtratsmehrheit hat Windkraftanlagen innerhalb der Stadtgrenzen abgelehnt. Doch die Rahmenbedinungen haben sich seitdem geändert. Eine Neubewertung wäre angebracht. Insbesondere, da wir mehrere derzeit Flächen in unserer Gemarkung haben, die hohe Windausbeute versprechen. Hinter dem Bosenberg, nach Volxheim hin, um den Rotenfels und bestimmt noch an einigen anderen Stellen. Windenergie bringt nicht nur bessere Versorgungssicherheit, sondern auch bares Geld. Wenn wir es richtig anpacken, könnte das eine stete Einnahmequelle für die Kommune werden. Klar, da geht es nur um einige Zehntausend bis einige hunderttausend Euro, aber wer sind wir, dass wir diese Summen gering schätzen dürfen?

Wir könnten uns auch einmal darüber unterhalten, ob es inzwischen einen Unterschied zwischen de jure und de facto in Sachen Größe unserer Stadt gibt. Ich finde: ja. De jure hat diese Stadt 53.000 Einwohner. De facto ist Bad Kreuznach längst mit vielen Gemeinden im Speckgürtel untrennbar verwachsen oder steht im Begriff, dies zu tun. Wenn wir ehrlich sind, hat das Bad Kreuznach, was wirklich existiert und sich nicht nur an den bestehenden Grenzen orientiert, längst 70.000 Einwohner. Lassen sie uns also eine Eingemeindungsdebatte führen. Lassen sie uns dabei aber auch selbstkritisch reflektieren:

So, wie die Stadt und ihr Rat bisher mit den alt-eingemeindeten Dörfern umgegangen ist – und Bosenheim mit seiner Freibad-Debatte ist dabei an vorderster Front – ist es wahrscheinlich, dass jedes neue Dorf, dass in dieser Debatte genannt wird, sich mit Zähnen und Klauen gegen eine solche Eingemeindung wehren wird. Hier muss eine Lösung gefunden werden, die Stadtteile wie Gesamtstadt zufrieden stellt – ja, auch die alten Stadtteile. Lassen sie uns darüber gerne debattieren. Gut funktionierende Modelle haben andere Städte im Land bereits entwickelt. Von ihnen kann man lernen. Klar sollte sein: Ein Mehr an Einwohner:innen, ein mehr an Unternehmen bringt Geld in die Kassen, gleicht Ungleichgewichte zwischen armer Stadt und reichen Umlandgemeinden aus.

Wir könnten, wenn wir dann gerade dabei sind, uns auch einmal fragen, ob ein wachsendes Bad Kreuznach, in dem über ein Drittel der Kreisbevölkerung zuhause ist, überhaupt noch in diesen Landkreis passt. Wenn man die Eingemeindungsmöglichkeiten mitdenkt, ist es ja fast die Hälfte der Kreisbevölkerung, die dann in Bad Kreuznach selbst heimisch wäre. Schon jetzt klagen die Kommunen im Westen des Landkreises zurecht über den Sog, den Bad Kreuznach auch in der Kreispolitik ausübt. Ohne Bad Kreuznach fiele dem Kreis vieles leichter. Ohne Landkreis fiele für Bad Kreuznach die Kreisumlage von immerhin aktuell 32 Millionen Euro weg, die Stadt wäre kreisfrei und so dem Landkreis gleichgestellt – was dann allerdings auch für die zu erbringenden Leistungen gilt.

Aber auch die Situation bei den Landeszuweisungen würde sich ändern. Wir könnten nicht nur, sondern wir sollten all diese Debatten führen. Und nun der Rücksturz zur Erde: Von den Entwicklungslinien für die kommenden Jahre und Jahrzehnte wieder zurück zum Haushalt für das Jahr 2023. Ich bin sehr dafür, endlich einmal wieder einen Haushalt zu haben, der zur rechten Zeit beschlossen und dann vielleicht sogar genehmigt wurde. Es wäre eine wirklich angenehme Abwechslung.

Ich halte diesen Punkt für so überaus wichtig, dass er in seiner Bedeutung auch größer ist als jene Investition, die ich immer noch wegen ihrer unabsehbaren Folgekosten für falsch halte: den Ankauf der Sparkassen-Hauptstelle am Kornmarkt als neuer Sitz der Verwaltung. Ich bin mir bewusst, dass dieser Zug nicht nur abgefahren ist, sondern längst Fahrt aufgenommen hat. Aufzuhalten scheint er mir nicht mehr. Daher habe ich trotz der großen Bedenken bei diesem Punkt beim Haushalt 2023 nicht mit Nein, sondern mit Enthaltung gestimmt.