“Ich kann eine Giraffe nicht ins örtliche Tierheim stellen”

Im Hauptausschuß gings gestern tierisch zu. Also ganz sachlich-fachlich gesehen. Auf der Tagesordnung stand ein Antrag der Fraktion Freie Wähler. Der zielte auf die “Erarbeitung von Vorschriften zur Abwehr von Gefahren, die von Wildtieren in Zirkushaltung für Dritte ausgehen” ab. Als sachkundige Auskunftsperson hatte die Oberbürgermeisterin Dr. med. vet. Petra Bänsch von der Kreisverwaltung eingeladen.

Auch Pferde gefährlich

Die Tierärztin ist dort die Leiterin des Amtes für Veterinärwesen und Landwirtschaft. Mit der Aussage, “ich weiß nicht, ob ich Ihnen helfen kann”, dämpfte sie gleich zu Beginn allzugroße Erwartungen. Um dann gleich zur Sache zu kommen. “Ich frage mich, wieso sie das auf Wildtiere beschränken. Auch Pferde sind gefährlich, wenn sie ausbüchsen”. Schon da deutete sich an, dass der Antrag über den Beratungsstatus kaum herauskommen würde.

Umfassende Informationen

Dr. Bänsch gab nichts desto trotz umfassende Informationen. Von den gesetzlich definierten Mindestanforderungen an reisende Tierhalter bis zur operativen Betreuung von Zirkusbetrieben im Landkreis. Pünktlich zum Stichwort “bundesweites Zirkusregister” traf SPD-Stadtverbandsvorsitzender Günter Meurer verspätet zur Sitzung ein. Er konnte dann mitverfolgen, wie begrenzt die Möglichkeiten sind den Zirkusbetrieb mit Tieren zu beschränken.

Praktischen Probleme

Und wie wenig praktisch für den Tierschutz selbst in akuten Fällen getan werden kann. “Ich kann eine Giraffe nicht ins örtliche Tierheim stellen”, merkte Petra Bänsch an und zeigte eine Reihe von ganz praktischen Problemen auf. Das dem Antrag zugrundeliegende Vorhaben, Wildtiere auszuschließen, “geht rechtlich schlicht nicht”. Und dann trug die Amtsleiterin vor, dass nach ihrer Erfahrung die Probleme gerade mit den Zirkusbetrieben, “die in die Stadt kommen”, gar nicht bestehen.

Kleine Betriebe problematisch

“Das sind Profis, die melden sich bei uns und informieren von sich aus aktiv”. Die Verantwortlichen seien stolz auf ihre Tiere und die Betriebsführung und legten daher auch deren Probleme, wie Erkrankung und Stress, offen. Problematisch seien die kleinen Betriebe, die übers Land tingeln. Und die seien flott wieder weg, “wenn wir davon erfahren. Oder wir erfahren davon, weil sie nicht wieder weg gehen”.

Menger: “Tierquälerei”

Freie-Wähler-Sprecher Dr. Herbert Drumm nannte als Ziel seines Antrages die “Sensiblisierung des Stadtrates und der Ausschüsse für das Thema. SPD-Stadtratsmitglied Erich Menger machte deutlich, dass es ihn betreffend dazu eines Antrages nicht bedurft häte. Menger bezeichnete die Wildtierhaltung im Zirkus als “Tierquälerei”, die er grundsätzlich ablehne. Er brachte ein Verbot bei der Platzvergabe für entsprechende Zirkusbetriebe ins Gespräch.

Meurer: “Keine Tierquälerei”

Diese sei rechtlich möglich, “wenn der politische Wille da ist”. Dieser Einschätzung widersprach sein Parteigenosse und Sitznachbar Günter Meurer. Ausdrücklich sei in der Wildtierhaltung im Zirkus keine Tierquälerei zu sehen. Und auch die Gefahrenabwehrverordnung gibt in seinen Augen nichts her, um im Sinne des Antrages tätig zu werden. Stadtrechtsdirektorin Heiderose Häußermann legte dar, dass nur ein generelles Verbot zur Freigabe öffentlicher Flächen für sämtliche Zirkusbetriebe in Frage komme.

Problem Massentierhaltung

Eine Beschränkung auf Unternehmen mit Wildtieren sei unzulässig. Den Wildtierhaltungs-Kritikern hielt Dr. Bänsch entgegen, dass ein Löwe auch in der freien Natur nach erfolgreicher Jagd tagelang nur auf der faulen Haut rumläge. Daher dürfe die Raubkatze im Käfig gehalten werden. Ein Eichhörnchen aber nicht. “Ich glaube nicht, das es den Tieren im Zirkus so schlecht geht, wie in der Massentierhaltung”, brachte Barbara Schneider (Parteilose Fraktion) zum Ausdruck.

Delaveaux: “populistischer Antrag”

Daher sollte erst dort angesetzt werden. Dr. Drumm führte ergänzend aus, die “zur Schaustellung von Tieren im Zirkus ist nicht mehr zeitgemäß”. Und erweiterte diese Sichtweise dann auch auf Teile der Zootiere. Wofür Karl-Heinz Delaveaux überhaupt kein Verständnis zeigte. Der FWG-Fraktionsvorsitzende sprach sich klar gegen den “populistischen Antrag” aus. Die Forderung den Zirkus aus der Stadt auszuschließen sei “völlig absurd”.

Sachorientiert ohne Zuhörer*Innen

Es führe zu einer “Lücke in der Jugenderziehung, wenn die Kinder diese Tiere nicht mehr live sehen können”. Nachdem in der Diskussion auch Jürgen locher (LInke) und Andrea Manz (Grüne) erklärt hatten, nicht für den Antrag zu stimmen, zog Dr. Drumm ihn zurück. Immerhin 28 Minuten hatte sich das Gremium, Dank Dr. Bänsch sehr sachorientiert, mit dem Thema beschäftigt. Leider konnten sich davon keine Zuhörer*Innen überzeugen. Denn es waren keine anwesend.