“Ich finde es total traurig, dass wir so was brauchen, das ist doch selbstverständlich”. Dr. Bettina Mackeprang (CDU) war die Betroffenheit abzuspüren, als gestern Abend im Jugendhilfeausschuß der Stadt das “Leitbild Kinderschutz” zur Abstimmung stand. Steffi Otto (Grüne) sprach das Spannungsfeld zwischen Wunsch und Wirklichkeit an: “ich freue mich schon darauf, wenn die nächste Abschiebung stattfindet mit einem Kind und das dann wie in Ziffer 5 gefordert wertschätzend und einfühlsam stattfindet” merkte sie ironisch an und wies damit darauf hin, dass auch der beste Text nur bedingt was bringt, wenn man ihn in der Lebensrealität nicht anwendet.
“Nicht immer ordentliche Wohnverhältnisse gegeben”
Petra Neumann (Kinderschutzbund) richtete den Blick darauf, dass es leider nicht nötig sei Extremsituationen wie Abschiebungen anzuführen, um Defizite aufzuzeigen: “nicht einmal die ordentlichen Wohnverhältnisse sind für alle Kinder in dieser Stadt gegeben”. In weiteren Wortbeiträgen wurde auf die intensiven Aussprachen erinnert, die im Arbeitskreis „Kooperation und Standards im Kinderschutz“ stattfanden. Verantwortlich aus zwei Dutzend Vereinen und Organisationen hatten das Leitbild erarbeitet, auf seine Aktualität hin überprüft und aus fachlicher Sicht einhellig als aussagestark beurteilt.
Stellenwert für Kinderschutz
Gerade auch im Hinblick auf die zu leistenden Integrationsbemühungen für die in Bad Kreuznach neu angekommenen Familien aus den verschiedensten Herkunftsländern leiste das Leitbild eine verlässliche Orientierungshilfe dafür, wie unsere Gesellschaft den Schutz und die gesunde Entwicklung von Kindern gewährleistet. Mit dem Beschluss im Stadtrat solle dem Leitbild Kinderschutz ein entsprechender Stellenwert als elementarer Baustein der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe des Kinderschutzes in unserer Stadt eingeräumt werden. Diesem Anliegen schloß sich der Ausschuß einstimmig an. Das Leitbild hat folgenden Wortlaut:
Leitbild – für die Kooperation im Kinderschutz Bad Kreuznach
Kinderschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die alle Menschen angeht. Die Stadt Bad Kreuznach hat sich zum Ziel gesetzt, Kinder und Familien wirksam zu fördern und zu schützen.
1. Wir wollen, dass alle Kinder in Bad Kreuznach in sozialer Gemeinschaft, körperlich und seelisch gesund, gut ernährt, angemessen gekleidet, in kindgerecht ausgestatteten Wohnverhältnissen und liebevoll versorgt aufwachsen können. Alle Kinder haben ausreichend Angebote und Freiräume zur Entwicklung von Persönlichkeit, Bildung, sozialem Verhalten und Kreativität.
2. Wenn einer der oben genannten Aspekte gravierend verletzt oder / und über einen längeren Zeitraum nicht erfüllt wird, kann eine Kindeswohlgefährdungvorliegen.
3. Die Stadt Bad Kreuznach verfolgt im Rahmen ihrer Garantenstellung ein präventives Verständnis im Kinderschutz und stattet die professionellen Akteure dafür fach-und sachgerecht aus.
4. Der Kinderschutz in Bad Kreuznach zeichnet sich durch die Bereitschaft aller zur Übernahme von Verantwortung aus.
5. Der Kinderschutz ist geprägt von einer wertschätzenden, einfühlsamen und vertrauensvollen Kommunikation mit Kindern, Familien und Kooperationspartnern.
6. Die Stadt Bad Kreuznach und alle Beteiligten sehen sich in der Pflicht, den Kinderschutzmotiviert, innovativ, kontinuierlich, passgenau und kreativ weiterzuentwickeln.