Falschaussage vor dem OVG

Dr. Michael Vesper hat dem OVG am 30.10.18 erweislich falsche Angaben gemacht. Das hat der Geschäftsführer der GuT GmbH zwischenzeitlich zugegeben und dem Gericht schriftlich mitgeteilt. Schon in der Verhandlung war klar, dass die Aussage Dr. Vespers entscheidend für das Urteil des OVG sein würde. Daher hatte Antonio Valentino das Gericht sofort darauf aufmerksam machen lassen, “dass es nicht stimmt, was die Stadt behauptet”. Sein Team hatte mit erheblichem Aufwand die Vorgeschichte des Tourismusbeitrages recherchiert. Valentinos Steuerberater Martin Reiber wusste genau, wann welches Gremium in welcher Besetzung tagte. Reiber bewertet die Angaben Dr. Vespers vor Gericht “als Falschaussage”.

Gabs was kalkulationsähnliches?

Um deren Bedeutung deutlich zu machen, weisst Reiber auf die Position des OVG hin, die das Gericht vor der Befragung Dr. Vespers vorgestellt hatte. Für die Richter war nach Kenntnisnahme des Stadtratsbeschlusses vom 25.10.18 von entscheidender Bedeutung, ob der Rat vor dem Beschluss über die Tourismusbeitragssatzung vom 15.12.16 von etwas “kalkulationsähnlichem”, beispielsweise einem Gutachten, Kenntnis erhalten hat (diese Seite berichtete am 31.10.18 unter “Tourismusbeitrag auf der Kippe”). Wäre dem so, das machte das OVG deutlich, dann hätten die Stadtratsmitglieder dieses Wissen auch über ein Jahr später am Tag der Entscheidung über die Satzung – rechtlich gesehen – im Hinterkopf haben müssen und dies sozusagen unausgesprochen mitbeschlossen.

Dr. Vesper: “Sitzung im August 2015”

Kaum hatte der Vorsitzende Richter Dr. Thomas Stahnecker diese Zusammenhänge am 30.10.18 dargelegt, erinnerte sich Dr. Vesper “genau” und “sicher” an so eine Sitzung. Im Protokoll der Gerichtsverhandlung, das dieser Seite vorliegt, steht wörtlich: “Daraufhin wird mit den Beteiligten die mögliche Bedeutung des Gutachtens der dwif .. besprochen”. Und weiter: “Auf Frage erklärt Herr Dr. Vesper: Das genannte dwif-Gutachten wurde in einer gemeinsamen Sitzung des Stadtrates, des Aufsichtsrates der GuT und des Finanzausschusses erörtert. Dabei lag das Gutachten in schriftlicher Form für alle Beteiligten aus, die sich ein Exemplar nehmen konnten”. Und der GuT-Geschäftsführer setzte noch einen drauf: “Auf Nachfrage erklärt Dr. Vesper: Diese gemeinsame Sitzung fand im August 2015 statt.”

Valentino: Widerruf verlangt

“Alle diese Angaben sind erweislich unwahr” weiss Antonio Valentino. So hat es im August 2015 gar keine Sitzung kommunaler Gremien gegeben. Es waren nämlich Sommerferien. Eine gemeinsame Sitzung von Stadtrat, Finanzausschuss und GuT-Aufsichtsrat gab es im ganzen Jahr 2015 nicht. Die vom Team Valentino ermittelten Fakten sind andere: am 9. September 2015 fand eine nichtöffentliche Sitzung des Finanzausschusses statt. Zu Punkt 4 waren damals die Aufsichtsräte von GuT und BAD GmbH zugeladen. Nicht aber der Stadtrat. Valentinos Steuerberater schrieb daher am 2.11.18 an Dr. Vesper, wies ihn auf seine Falschaussage hin, verlangte unter Fristsetzung eine schriftliche Stellungnahme und einen ans OVG gerichteten Widerruf.

Ohne Folge vor Gericht lügen?

Das Schreiben des GuT-Geschäftsführers an das Gericht trägt das Datum vom 6.11.18. Kleinlaut teilt Dr. Vesper darin mit: “meine Erklärung zur Einbindung des Stadtrates bei der Vorstellung der dwif-Studie ist wie folgt zu korrigieren”. Dann folgt ein halbseitiges sprachliches Rummeiern, so Antonio Valentino. Ohne eine Entschuldigung. Statt dessen, so sieht es Valentino, “der Versuch, seine Lügen schönzureden”. Der Inhaber vom “Ponte Vecchio” ist aufgebracht. “Wenn einer von uns auf der Autobahn ein bisschen zu schnell fährt, ohne jemanden zu gefährden, schlägt die Staatsmacht gnadenlos zu. Und Leute von der Stadt lügen vor einem Gericht, um einen Prozess zu gewinnen. Und dann gehts weiter, als wäre nichts gewesen?”

Strafrechtler prüft

Ob Dr. Vesper wegen seiner falschen Angaben vor dem OVG am 30.10.18 mit der Staatsanwaltschaft zu tun bekommt, prüft derzeit ein Fachanwalt für Strafrecht. Valentino meint, gegen Dr. Vesper spricht, dass er vom Rechtsanwalt der Stadt ausdrücklich als Zeuge benannt wurde. Ausserdem habe der GuT-Geschäftsführer Erfahrung als ehrenamtlicher OVG-Richter und wisse daher, dass man nicht lügen dürfe. Zudem habe er seine Aussage nicht von sich aus widerrufen, sondern erst auf Aufforderung durch Martin Reiber, diese Tatsache in seiner Erklärung vom 6.11.18 aber “glatt unterschlagen”. Die fehlende Entschuldigung sei dagegen “mehr eine Stilfrage”. Zu diesem Vesper-Verhalten passe auch, dass er das Reiber-Schreiben vom 2.11.18 nicht beantwortet habe (Anmerkung der Redaktion zu diesem Detail: Stand 8.11.18 14 Uhr).

Lügen-Liste

Valentino und sein Team stellen derzeit eine Liste der unwahren und unvollständigen Angaben und Behauptungen von Stadt und GuT GmbH aus den letzten elf Monaten zusammen. “Die wird lang”, prognostiziert er. Und die Gruppe überlegt am 29.11.18 zur Stadtratsssitzung zu kommen und sich dort in der Bürgerfragestunde zu Wort zu melden. “Da soll uns dann die Oberbürgermeisterin mal erklären, warum Sie mit städtischen Mitarbeitern auf Staatskosten nach Afrika fliegt, statt sich um die Probleme vor Ort zu kümmern”.