Noch Anfang Mai 2018 tönte SPD-Ortsparteivorsitzender Günter Meurer: “man habe es auch ohne Abgabe des Jugendamtes geschafft in den vergangenen Jahren einen ausgeglichenen Haushalt zu beschliessen” (diese Seite berichtete am 7.5.18 unter der Überschrift “ADD: Stadt verstösst gegen Gemeindeordnung”). Gerade mal fünf Monate später sass Meurer stumm im Stadtrat als seine Ehefrau, Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer, die traurige Wahrheit aussprach: “Wir haben kein Geld im Etat, wir haben überhaupt keine Mittel mehr im Haushalt”.
Millionen vom Land
Die Ursache dieses Widerspruches ist leicht erklärt. Bis 2017 zahlte das Land der Stadt jährlich rund 5 Millionen Euro extra für den mit der Eingemeindung von Bad Münster verbundenen Mehraufwand. Mit den Milllionen vom Land war es natürlich leicht zurechtzukommen. Als diese Finanzspritze in diesem Jahr dann versiegte, waren unzählige Prestigeprojekte (Kornmarktausbau, Casinogebäude, Haus der Stadtgeschichte usw) im Bau. Für die sind sechsstellige Beträge im Haushalt 2019 vorgesehen, die aber schon jetzt benötigt wurden, um Rechnungen zu bezahlen. “Für alles brauchen wir überplanmässige Ermächtigungen”, stellte die Oberbürgermeisterin am 25.10.18 im Stadtrat fest.
Fähre erst 2019
Denn einfach so Geld ausgeben darf die Verwaltung nicht. Das geht nur, wenn die entsprechenden Mittel in einem abgesegneten Haushalt zur Verfügung stehen. Und der Nachtrag für 2018 wurde erst im September beschlossen und harrt noch seiner Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde. Die Finanzmisere kam heraus, weil zwei Stadtratsmitglieder am Ende der öffentlichen Sitzung unter “Anfragen” von ihrem Recht Gebrauch machten. Helmut Kreis (CDU) wollte wissen, wie es um die Ersatzbeschaffung der Fähre zum Huttental steht. Antwort: die wird keinesfalls mehr in 2018 beschafft, sondern ist auf der Wunschliste im Etat für 2019 (Stadtumbau West) vorgesehen.
Casinogebäude ohne neue Fenster
Und Manfred Rapp (CDU) wollte wissen, warum im Casinogebäude die neuen Fenster noch nicht eingebaut sind: “wurde vergessen die zu bestellen?” An dieses Thema schloss sich eine längere Schuldzuweisungsdiskussion an, in der Kaster-Meurer der CDU vorwarf, die erforderlichen Mittel dafür verweigert zu haben und stellte fest: “Es wurde nicht vergessen zu bestellen”. Über diesen Vorwurf empörten sich die Christdemokraten. Denn vor der Beschlussfassung über die einzelnen Positionen hatten sie ausdrücklich gefragt, für welchen Zweck welche Beträge benötigt werden und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Fenster beschafft und eingebaut werden sollen, um das Bauwerk wenigstens äusserlich fertigzustellen.
“platzt aus allen Nähten”
Auch Erich Menger (SPD) nutzte die Fragemöglichket und sprach die Situation im Stadtteil Bad Münster bezüglich Kurpark, Saline Ost und altes Hallenbad an. “Da muss was passieren, wie ist der Sachstand?”. Die so selbst von einem Parteifreund unter Druck gesetzte Verwaltungschefin vertröstete Menger auf den Haushalt für 2019 und dämpfte alle Erwartungen mit dem Hinweis, “der platzt aus allen Nähten”. Auch aus diesem Grund wurden die Etatberatungen von Anfang November auf Anfang Dezember 2018 verschoben.