Valentinos Widersprüche im Stadtrechtsausschuss diskutiert

Dr. Vesper: “keine Bankrotterklärung, sondern Lernprozess”

Die GuT möchte lernen. Ausdrücklich vom Verwaltungsgericht. U.a. will sie dort geklärt sehen, ob “im Team” mündlich angestellte Schätzüberlegungen auch dann Grundlage eines Schätzbescheides sein dürfen, wenn die mündlichen Erörterungen der GuT-Mitarbeiter vor Versand eines Bescheides nicht in einem formal korrekten Schätzprotokoll schriftlich dokumentiert wurden. So begründete der Geschäftsführer der GuT GmbH Dr. Michael Vesper seine Weigerung vor dem Stadtrechtsausschuss die von Antonio Valentino (Trattoria Ponte Vecchio) angegriffenen Bescheide zurückzuziehen. Anders als im Februar, als wegen der Befangenheit eines Beisitzers die Sitzung des Stadtrechtsausschusses platzte, wurden Valentinos Widersprüche am 23.3.18 eineinhalb Stunden lang verhandelt.

Valentinos Sitzungsvertreter hatte zuvor dargelegt, dass die GuT nicht nur die konkreten Fragen zur Schätzung vom November 2017 nicht beantwortet hatte, sondern danach elf weitere Möglichkeiten zur Schätzung konkret Stellung zu nehmen nicht nutzte. Erst im Februar 2018 auf Anforderung des Verwaltungsgerichtes legte die GuT dem Gericht ein Schätzprotokoll mit der Formulierung “liegt eine Schätzung mit folgenden Merkmalen zugrunde” vor. Vor dem Stadtrechtsausschuss musste Dr. Vesper einräumen, dass die dem Gericht vorgelegte schriftliche Fassung erst nach dem 22.11.17 erstellt worden sei. Während Valentino darin einen Rechtsbruch sieht, hält die GuT diese Vorgehensweise (mündliche Erörterung von Schätzerwägungen im Team vor Bescheiderstellung, nachträgliche schriftliche Dokumentation, wenn es zu Widersprüchen kommt) für vertretbar. Und er möchte vom Verwaltungsgericht lernen, ob das Gericht die Einschätzung der GuT teilt. 

 

“Willkür Tür und Tor geöffnet”

Auch die von der GuT zugegebenen Abweichungen der Umsatzangaben in den beiden Bescheiden vom 22.11.17 (dort: 400.000 Euro) und in dem Schätzprotokoll (dort: 414.000 Euro) hält Dr. Vesper für vertretbar. Und selbst die Tatsache, dass auf der Basis der selben Schätzung in 2016 im Vorausleistungsbescheid für 2016 nur 380.000 Euro zugrunde gelegt wurden, konnte den GuT-Geschäftsführer nicht zum Einlenken bewegen. Valentinos Sitzungsvertreter widersprach dem deutlich: “Wenn ich schätze muss ich das Ergebnis meiner Schätzung 1 zu 1 auch in meinen Bescheid übernehmen”. Weitere Zu- oder Abschläge vom Schätzergebnis ohne jede Begründung – wie im Fall Valentino – öffneten Willkür Tür und Tor.

Warum die GuT in einer dreistelligen Zahl von Fällen mit einem von Dr. Vesper zugegebenen erheblichen Aufwand überhaupt schätzt, statt wie laut Satzung einfach den Umsatz beim Finanzamat abzufragen, erklärte Dr. Vesper mit der Absicht, “nicht in das Steuergeheimnis einzugreifen”. Wieso er in der durch die Satzung erzwungenen Zwangsmitteilung der Umsätze durch die Beitragspflichtigen keinen Eingriff in das Steuergeheimnis sieht, liess Dr. Vesper unbeantwortet. Auch die Tatsache, dass die Stadtverwaltung über ihre Kämmerei seit Jahrzehnten in vielen tausend Fällen jährlich ohne auch nur einen einzigen öffentlich bekannten Verstoss gegen das Steuergeheimnis auf der Basis der vom Finanzamt angelieferten Daten Gewerbesteuerbescheide usw erlässt, kommentierte Dr. Vesper nicht.

Die Ausschussvorsitzende Trierweiler hat im März 2018 genau das gemacht, was Dr. Versper nach wie vor ablehnt: sie fragte beim Finanzamt die Umsatzzahl für 2016 ab – und erhielt Antwort. Diese Antwort bestätigte die von Valentino von Anfang an vertretene Behauptung, dass die GuT seinen Umsatz viel zu hoch geschätzt hatte.   

 

Valentino: “Bankrotterklärung der kommunalen Politik”

Den Versuch Valentinos, die teilweise spektakulären Hintergründe und Tatsacheninformationen zum Tourismusbeitrag, die er durch seinen Normenkontrollantrag und sein Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht erlangt hat, dem Stadtrechtsausschuss vorzutragen, unterband die Vorsitzende Trierweiler mit dem Hinweis auf das im Gegensatz zu den Verwaltungsgerichten eingeschränkte Prüfrecht eines kommunalen Rechtsausschusses. Valentino sieht in der Weigerung, ein in Bad Kreuznach geschaffenes Problem vor Ort auch zu lösen und statt dessen auf die Klärung durch Gerichte zu setzen, “eine Bankrotterklärung der kommunalen Politik”. Dem widersprach Dr. Vesper: “Das ist keine Bankrotterklärung sondern ein Lernprozess”. Valentino durfte leider nicht ausführen, dass dieser “Lernprozess” der Verantwortlichen die Bürgerinnen und Bürger viel Geld kostet und einen beträchtlichen Vertrauensschaden anrichtet. Auch die Frage, warum man nicht erst lernt und dann Satzungen beschliesst und Bescheide erlässt, durfte Valentino vor dem Stadtrechtsausschuss nicht aufwerfen.

Ausschussvorsitzende Nicola Trierweiler hatte die Sitzung diesmal gut vorbereitet, konnte eingangs alle Fragen zur Besetzung des Ausschusses klären und stellte dann die Parteien und den Sachverhalt vor. Als einer der Zuhörer nahm Steffen Rennollet an der Sitzung teil. Er hatte schon im vergangenen Jahr von der Oberbürgermeisterin verlangt die Frage des Tourismusbeitrages zur Chefsache zu machen. Er zeigte sich enttäuscht davon, dass nicht alle Fakten auf den Tisch des Stadtrechtsausschusses gepackt werden durften.

 

So oder so: ein Auge lacht, eines weint

Der Stadtrechtsausschuss hat am 23.3.18 dem Widerspruchsführer von sich aus das Ergebnis nicht mitgeteilt. Der Versuch des Widerspruchsführers am 23.3.18 gegen 13.45 Uhr und um 14.33 Uhr fernmündlich Auskunft zu erhalten scheiterte: unter der Rufnummer der Sitzungsvorsitzenden im Rechtsamt hob keiner ab. Schon vor der Sitzung hatte Antonio Valentino erklärt, dass er – welches Ergebnis diese Sitzung auch immer bringt – es mit einem lachenden und einem weinenden Auge sehen wird:

“Wenn ich heute Recht bekommen hätte, wäre ja bis auf das Normenkontrollverfahren wegen 2017 alles andere erledigt. Dann müsste ich persönlich zwar für 2016 nichts zahlen. Aber ich könnte dann den anderen 2.700 Leuten mit einer Klage nicht mehr helfen. Das ist also das lachende Auge: wenn ich vor dem Stadtrechtsausschuss verliere, kann ich auch in der Hauptsache an das Verwaltungsgericht gehen und dort die Wahrheit ans Licht bringen.

Und wenn ich nicht Recht bekomme dann bedeutet dies, dass der Stadtrechtsausschuss die Chance, ein in Bad Kreuznach verursachtes Problem vor Ort zu lösen, versäumt hat. Das ist also das weinende Auge: die Stadtpolitik ist so sehr in ihren wechselseitigen Abhängigkeiten und Fallstricken gefangen, dass sie nicht mehr die Kraft hat, Fehler einzugestehen und zu korrigieren. Die Stadt ist auf Hilfe von aussen angewiesen. Und darum kümmere ich mich jetzt. Diese Hilfe wird kommen.”