Sigrun Schneider: “da bin ich jetzt ja enttäuscht”

Von Adrian Rahmani
und Claus Jotzo

Sigrun Schneider betreibt seit 60 Jahren ein Hotel-Restaurant in Bad Münster am Stein / Ebernburg. Zur Stadtratssitzung Ende August bemühte sich die ältere Dame aus dem Stadtteil ins neue Rathaus am Kornmarkt. Um sich in der Einwohnerfragestunde zu Wort melden zu können. Noch bevor Sigrun Schneider reden durfte, belehrte Oberbürgermeister Emanuel Letz die wartenden Fragesteller*Ìnnen dahingehend, nur eine einzige Frage zu stellen. Als erste Einwohnerin kam Sigrun Schneider an die Reihe. “Da bin ich jetzt ja enttäuscht”, waren in dieser Situation ihre ersten Worte. Sie kündigte an, sich auf eine Frage zu beschränken.

Sigrun Schneider berichtete dann in kurzen Worten, dass die Freunde des Bad Münsterer Freibades am 7. Juli 2024 ein Doppeljubiläum feierten: zehn Jahre Bestehen der Betreibergenossenschaft und 20 Jahre Bestehen des Fördervereines. Aus diesem Anlass habe man ein Sommerfest organisiert, “Sekt kaltgestellt und alle Stadträte eingeladen”. Dann die Feststellung, die im Ratsrund dazu führte, dass der ein und die andere unter sich schaute. Der OB habe sich wegen Urlaub als einziger entschuldigt. Nur ein einziger Mensch sei gekommen: Hermann Holste. “Wissen Sie, wie enttäuschend das ist, dass wir uns so viel Mühe gegeben haben.

Und das da kein Interesse besteht. Darüber sind wir einfach nur traurig. Vielleicht kommt der ein oder andere Stadtrat auch einfach mal so hin und schaut sich an, was wir da geschaffen haben. Das war jetzt nur eine Frage. Mehr darf ich ja nicht”. OB Letz forderte Sigrun Schneider auf ihre beiden anderen Fragen schriftlich einzureichen und sicherte zu, diese und die Antworten an den Stadtrat weiterzuleiten. Leider war die Rechtsdarstellung des OB nicht vollständig und zutreffend. Zum einen ermöglicht die Geschäftsordnung des Stadtrates in § 21 (Einwohnerfragestunde) Absatz 5 ausdrücklich eine Zusatzfrage.

Zum anderen handelte es sich bei den Ausführungen der Sigrun Schneider bei sinngemässem Verständnis eigentlich nicht um eine Frage. Sondern mehr um eine an die Ratsmitglieder gerichtete Bitte = Anregung oder Vorschlag. Und diese sind bezüglich ihrer Anzahl ganz ausdrücklich in der Geschäftsordnung nicht gedeckelt. In Absatz 7 heisst es wörtlich: “werden Vorschläge und Anregungen unterbreitet, so können zunächst die Vorsitzende, danach die Fraktion sowie die Ratsmitglieder, die keiner Fraktion angehören, hierzu Stellung nehmen”. Der Stadtrat hat hier ganz bewusst den Plural gewählt, weil er sich für Ideen aus der Bürgerschaft offen zeigen möchte.

Der OB hätte also die “Frage” von Sigrun Schneider als “Anregung” verstehen – und ihr damit die Möglichkeit geben können, auch die beiden anderen Punkte anzusprechen. Wieder eine Chance der Bürgerbeteiligung vertan. Noch schlimmer als Sigrun Schneider erging es den darauf folgenden Fragestellern. Die wurden vom OB mit der Behauptung konfrontiert, “laut Gemeindeordnung, jetzt wird es förmlich, darfs eigentlich nur 15 Minuten gehen”. Eine erweislich falsche Rechtsauskunft. Denn im Absatz 2 des eingangs zitierten § 21 der Geschäftsordnung des Stadtrates steht wörtlich: die Einwohnerfragestunde “soll die Dauer von 30 Minuten nicht überschreiten”. Also 30 Minuten. Nicht 15.