Wenn der Kämmereiamtsleiter aus dem Haus ist gibts keine Hinweisschilder zur Sitzung

Von Claus Jotzo

Bundesweit wird über mangelndes Interesse am kommunalpolitischen Geschehen in Städten und Gemeinden geklagt. Fakt ist: die personelle Basis, auf die sich Demokratie vor Ort stützt, wird in einem Teil der Kommunen immer kleiner. Das hat viele Ursachen. In Bad Kreuznach sind die Probleme wesentlich hausgemacht. Längst hat sich eine Abwärtsspirale entwickelt, gegen die die Verantwortlichen im Haupt- und Ehrenamt nichts unternehmen. Das Ergebnis konnte am 10. Juni 2024 gegen 18 Uhr betrachtet werden. Obwohl in Bad Kreuznach bei der Kommunalwahl mit 12 so viele Parteien und Listen antraten, wie landesweit sonst nur noch in Trier, lag die Wahlbeteiligung unter 50% (in Trier immerhin über 7% höher).

Der Finanzausschuss tagte gestern im Verwaltungsgebäude Brückes 2-8. Der Eingang war allerdings verschlossen. Und es gab keinerlei Aushang mit Hinweis auf die Sitzung und den Nebeneingang.

Das wurde pflichtschuldig beklagt. Und danach weitergewurstelt wie vorher. Dabei sind die Gründe für das Desinteresse der Bevölkerung augenfällig. t-s-n.de hat viele demokratieschädliche Zumutungen immer wieder berichtet und ins Bild gesetzt. Etwa die Tatsache, dass die Gremien der Stadt bis 2017 überwiegend im Casinogebäude tagten. Das wurde dann wegen Sanierungsarbeiten, die heute (sieben Jahre später) noch lange nicht beendet sind, geschlossen. Seit dem tagte der Stadtrat an fünf verschiedenen Örtlichkeiten. Die für 53.000 Einwohner*Innen öffentlichen Ausschusssitzungen fanden über zwei Jahre lang im Else-Liebler-Haus statt.

Der Nebeneingang war mit einem Holzkeil, wie sie schon im alten Rom verwendet wurden, einen Spalt geöffnet. Ein ausdrücklicher Hinweis auf die Finanzauschussitzung fehlte.

Dort war es so eng, dass alle ab dem zehnten Zuhörer stehen mussten. Verhältnisse wie in einem Entwicklungsland. Die sich räumlich ab Herbst 2019 mit dem Umbau der Telekom-Kantine im Haus Brückes 2-8 zu einem Sitzungssaal verbesserten. Das Manko dort: der Haupteingang war montags, mittwochs und donnerstags zu Sitzungsbeginn geschlossen. Selten erfolgte ein Hinweis auf den verstecktren Seiteneingang. Der war bis vor 18 Monten zudem mit dem Schild “Kein Eingang” ausgestattet. So sollen Menschen zur Teilnahme an Sitzungen motiviert werden? Sitzungen des Finanzausschuses bildeten dort von Anfang an eine Ausnahme. Amtsleiter Thomas May öffnete regelmässig selbst den Haupteingang.

Am Nebeneingang zum neuen Rathaus am Kornmarkt ist das Schild für die Tiefgarage, die Bürger*Innen zur Sitzungszeit gar nicht nutzen können, augenfälliger, als der Zettel, der auf den Sitzungssaal hinweist.

Und wenn das aus technischen Gründen nicht möglich war, erfolgte eine Beschilderung zum Nebeneingang. Dort hing ein einladendes Hinweisschild auf die Sitzung dort (Wirtschaftsförderung, Liegenschaftsamt, Sport- und Kulturamt und andere zogen im Laufe der Zeit entsprechend nach). Bei der gestrigen Sitzung des Finanzausschusses war Thomas May nicht anwesend, weil im Urlaub. Die Folge: der Haupteingang war verschlossen. Auf den Nebeneingang und die Sitzung gabs dort kein Hinweisschild. Und am Nebeneingang hin auch keines. Transparenz wie im Mittelalter. Aus dieser Zeit stammen übrigens die auch heute noch geltenden Bestimmungen für amtliche Bekanntmachungen. Also im Stadtgebiet.

Wer sich reintraut, findet den nächsten Orientierungshinweis am Boden liegen vor. Es gibt Schnitzeljagdten, die nachvollziehbarer gestaltet sind.

In den Dörfen um Bad Kreuznach herum ist man diesbezüglich schon vor Jahrzehnten in der Neuzeit angekommen. Dort erhält jeder einzelne Haushalt zuverlässig Woche für Woche ein Verbandsgemeindeblatt mit allen amtlichen Informationen. In der Stadt werden die amtlichen Bekanntmachungen nur in der Allgemeinen Zeitung und im Öffentlcihen Anzeiger veröffentlicht. Wer die nicht abonniert hat, erfährt eben nichts. Unfassbar aber wahr: wenn in Not- oder Krisenfällen (zuletzt an der Ahr 2021) die amtlichen Bekanntmachungsorgane nicht erscheinen, gilt laut Gemeindeordnung und Hauptsatzung als EINZIGE alternative Verpflichtung der Stadtverwaltung zur Information der Einwohner*Innen ein Aushang am Schwarzen Brett.

Sie wollen wissen, wo das hängt? Natürlich nach wie vor im Stadthaus. Das ist zwar nur tagsüber stundenweise geöffnet. Und am Wochenende zu. Die Bürokraten kümmert das nicht. Informationsmethoden wie im Mittelalter. Es gilt heute als bewiesen, dass es den berühmten Thesenanschlag Martin Luther’s an die Tür der Schloßkirche zu Wittenberg am 31.10.1517 nicht gegeben hat. Aber es steht fest, dass dort wie sonst überall im Land der Aushang von amtlichen Mitteilungen in dieser Weise erfolgte. Seit zehn Jahren plappern Bad Kreuznachs Kommunalpolitiker*Innen über Digitalisierung. Wenns ernst wird, gilt das alles nicht. Dann verlässt man sich ganz analog auf Aushänge.

Leider nicht mit dem Inhalt, wo welche Sitzung stattfindet. Und angesichts dieser Umstände wird sich scheinheilig öffentlich darüber gewundert, warum sich die Mesnchen für diese Sitzungen nicht interessieren. Obs daran liegt, dass das Schild mit dem Parkplatzhinweis am Eingang zum Sitzungssaal im neuen Rathaus grösser ist und professioneller gestaltet, als der improvisierte Hinweis auf den Tagungsort? Oder daran, dass im Treppenhaus der zweite Wegweiser seit Wochen auf dem Boden liegt? Der Grund für diese Missstände ist schenll erklärt: bisher gibt es ja nur zwei Haustechniker, die extra eingestellt wurden, um allein das neue Rathaus zu betreuen. Zudem finden die Sitzungen dort erst seit dem November 2022 statt (IRONIE!).