Leserbrief des Gerhard Merkelbach zur Verkehrslage in der Stadt

Leserbrief von
Gerhard Merkelbach

„Noch immer haben Autos Vorrang“, beklagen Mitglieder des Landesverbandes des „Verkehrsclub Deutschland“. Die stellten nach einem Spaziergang durch Bad Kreuznach fest, dass „immer noch zu viele Autos in der Stadt unterwegs“ seien. Ich denke, das liegt wohl in der Natur der Sache, wenn man bedenkt, dass Bad Kreuznach eine Pendler- und Einkaufstadt ist. Viele Menschen, die aus dem Umland zum Arbeiten oder Shoppen nach Bad Kreuznach kommen, können das nur mit dem eigenen Wagen bewältigen, weil die topografische Lage der Stadt eine Hin- und Rückfahrt per Rad zum Sportereignis macht und die Busse des ÖPNV zu lückenhaft und noch immer zu oft unzuverlässig verkehren.

Älteren Mitbürgern aus den höher gelegenen Wohngebieten ist es auch nicht zuzumuten, mit klobigen Lastenrädern mit E-Motor ihre Einkäufe zu erledigen. Bei der Suche nach einer vernünftigen Verkehrsführung kommt es darauf an, für alle Verkehrsteilnehmer, also Fußgänger, Radfahrer und Kfz-Nutzer, ein vernünftiges Angebot zu schaffen. Mit aufgepinselten Radwegen, die sich an kritischen Stellen mit dem Kfz-Verkehr kreuzen und so gefährliche Situationen regelrecht programmieren, ist dies nicht zu erreichen. Fuß- und Radwege müssen räumlich getrennt vom Kfz-Verkehr geschaffen und angeboten werden, nur so können die verschiedenen Verkehrsteilnehmer sicher und in vernünftigem Maße gleichberechtigt unterwegs sein.

Der Begriff „im vernünftigen Maß“ bedeutet aber nicht, dass entlang jeder Straße ein separater Radweg gebaut oder aufgepinselt werden muss. Denn die Tempo-30-Zonen, die in Bad Kreuznach mit dem Hilfsargument des Umweltschutzes ausgewiesen wurden, dienen auch den Radfahrern, die sich hier fast mit der gleichen Geschwindigkeit sicher fortbewegen können wie die Kraftfahrzeuge. Ist doch prima, auch wenn Tempo 30 natürlich nicht – wie behauptet – dem Umweltschutz dient. Denn fast alle Autos verbrauchen bei 30 km/h im zweiten Gang deutlich mehr Sprit als bei 50 km/h im vierten Gang. Ist doch logisch. Und der höhere Verbrauch beim Bummeln verursacht logischerweise auch mehr Abgase.

Stichwort Abgase: Einen eigentlich vermeidbaren Ausstoß von Abgasen verursacht auch die Fußgänger- und Radfahrer-Ampel am Bauhaus-Kreisel, die noch immer nicht demontiert wurde, obwohl die aufwendige Brücke über die B428 parallel zur Bahnlinie längst gebaut und freigegeben wurde. Jedes Mal, wenn der ebenerdige Überweg genutzt wird, bildet sich ein Rückstau im Kreisverkehr und auch an seinen Einmündungen, von dem dann 20, 30 oder mehr Autos betroffen sind. Deren Insassen verlieren kostbare Zeit, und die Motoren blasen unnötig ihre Abgabe in die Luft. Höchste Zeit, dass diesem Problem endlich abgeholfen wird.

Im Vergleich dazu erscheint es dann doch eher schräg, wenn sich die Radfahrer daran stören, dass die am Löwensteg neben der Ochsenbrücke absteigen und ihren Blechesel schieben müssen, weil diese schmale Brücke auf von Fußgänger und Rollstuhlfahrern genutzt werden darf. Einfach mehr Rücksicht nehmen auf andere Verkehrsteilnehmer – das würde der Situation in Bad Kreuznach bestimmt gut tun. Wenn aber alle Beteiligten für sich selbst nur optimale Lösungen einfordern, wird niemand in der Lage sein, diesen Interessenkonflikt vernünftig zu lösen. Wenn Bad Kreuznach eine Zukunft als Einkaufstadt haben soll, wird es darauf ankommen, möglichst viele Kunden – also auch die Autofahrer – in die City zu lotsen, anstatt ihnen durch schikanöse Verkehrsregelungen oder zu hohe Parkgebühren die Lust am Stadtbummel zu nehmen und sie in andere Städte oder auf die grüne Wiese zu vertreiben”.