Fristlose Seeger-Entlassung ruft Kritiker seiner Gewobau-Tätigkeit auf den Plan

Zusammengefasst und kommentiert von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Die fristlose Entlassung des langjährigen Gewobau-Geschäftsführers Karl-Heinz Seeger ist in Teilen der Bad Kreuznacher Öffentlichkeit wie eine Bombe eingeschlagen. Das ist aus den Reaktionen abzuleiten, die auf die Berichterstattung dieser Seite im Redaktionspostfach eingegangen sind. Besonders deutlich sind die persönlich übermittelten Stellungnahmen. “In der Schubertstrasse haben sie teuren Scheiss gebaut, statt günstigen Wohnraum”, ist nur einer von vielen Kommentaren aus der Leserschaft, in denen sich Enttäuschung über die Arbeit der Gewobau ausdrückt. Auch Hinweise auf angebliche oder tatsächliche Unregelmässigkeiten bei der Vergabe von Wohnungen haben uns erreicht.

Auch die umfangreiche Reisetätigkeit Seegers (rechts) wird jetzt hinterfragt. So besuchte der Gewobau-Geschäftsführer im September 2021 die ukrainische Hauptstadt Kiew. Ausdrücklich ist als Bildnachweis festgehalten: “Foto: Gewobau Bad Kreuznach”. Was Mieter*Innen wütend macht: “gegen die Ratten bei uns im Keller wurde wochenlang nichts gemacht. Aber der Chef reist in der Welt herum”.

Offenbar haben nach dem Seeger-Rauswurf Mieter*Innen und Geschäftspartner mit schlechten Erfahrungen den Mut auszupacken. Stadtratsmitglied Wilhelm Zimmerlin (BüFEP) hätte sich beides zu einem früheren Zeitpunkt gewünscht. Die Trennung von Seeger. Aber auch die Bereitschaft von Betroffenen auszupacken. Zimmerlin gehörte dem Aufsichtsrat der Gewobau bereits in der vorherigen Wahlperiode an. Und hatte sein Amt dort aus Protest gegen die Verheimlichung des Prüfberichtes des Landesrechnungshofes (LRH) bereits im Sommer 2018 niedergelegt. Um danach im Stadtrat auf Aufklärung zu drängen. Leider fand er dort nur wenig Unterstützung.

Dabei hatte der LRH bereits vor Jahren massive Defizite der Seeger-Geschäftsführung aufgedeckt und beschrieben. Bis in den März 2024 hinein blieb Zimmerlin am Ball. Die Wiederwahl von Manfred Rapp zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates am Montag dieser Woche nahm Wilhelm Zimmerlin zum Anlass an diese Misstände zu erinnern. Seine Presseerklärung ging raus, bevor die Entscheidung über die fristlose Seeger-Entlassung fiel. Darin heisst es: “die Fehlleistungen der Gewobau-Geschäftsführung setzen sich offenbar fort”, folgert Stadtrat Wilhelm Zimmerlin von der BüFEP aus den Berichten der Presse.

Sogar der Oberbürgermeister, ein FDP-Parteifreund des Geschäftsführers, spricht sibyllinisch von persönlichen Animositäten und Eitelkeiten in den städtischen Gesellschaften zum Schaden der Bürger. Zugleich veranlasst er eine externe Prüfung von Immobiliengeschäften, die der Geschäftsführer ebenfalls mit einem FDP-Parteifreund getätigt hat, und verspricht seriöse und transparente Aufklärung. “Da bin ich mal gespannt”, meint Zimmerlin, “denn bislang hat sich der Oberbürgermeister nicht mit großer Transparenz hervorgetan.” So weigerte er sich beispielsweise strikt, dem Stadtrat die Berechnung der Tantiemen der Geschäftsführer vorzulegen.

Bis ihn das Verwaltungsgericht Koblenz eines Besseren belehrt hat. Wenn aber der Gewobau-Geschäftsführer eine Bürgschaft, die ihm laut Presse sein FDP-Partei- und Geschäftsfreund übermittelt hat, nicht eingehend auf ihre Werthaltigkeit überprüft haben sollte, dann wäre das laut Zimmerlin eine kaufmännisch schwerwiegende Fehlleistung. Sollte der Gewobau dadurch ein Schaden entstehen, dürften sich haftungsrechtliche Fragen stellen. Das erinnert fatal an den 146seitigen Prüfbericht, in dem der Rechnungshof bereits im Jahr 2017 zahlreiche gravierende Fehlleistungen und Mängel bei der Gewobau aufgelistet hat.

So kritisierte der Rechnungshof u.a. das Vertragsmanagement und Belegwesen (S. 33), wonach “anlässlich der Prüfung zahlungsbegründende Unterlagen oftmals nicht oder nur mit einem erhöhten Suchaufwand – teilweise erst nach mehreren Monaten – vorgelegt” wurden. “Beispiele: Die Gewobau nutzte sehr häufig externe Dienstleister, ohne dass schriftliche Verträge und transparente Stundenachweise für die erfolgten Abrechnungen vorlagen.” Auffällig war auch der hohe Aufwand bei der Personalberatung, bei lediglich 17 Mitarbeitern der Gesellschaft (S. 135).

“Im Prüfungszeitraum wurden für den – teilweise zeitlich parallelen – Einsatz von drei Personalberatungsunternehmen in der Gesellschaft insgesamt 130.243 € (brutto) verausgabt. Der jährliche Aufwand betrug bis zu 66.000 €. Schriftliche Verträge und konkrete Aufgabenbeschreibungen für die Personalberater lagen nicht vor.” Diese Negativliste ließe sich fortsetzen. Sie gipfelt in der Feststellung des Rechnungshofes, dass die vom Geschäftsführer an sich selbst veranlassten Zahlungen zur Urlaubsabgeltung in Höhe von 22.300 € nicht rechtmäßig waren (S.28). Letzteres führte zu einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen den Geschäftsführer wegen Untreue.

Der Beschuldigte hat die gegen ihn verhängten Sanktionen und Auflagen erfüllt. Daraufhin hat die Staatsanwaltschaft von der Erhebung einer öffentlichen Anklage abgesehen und das Verfahren im Jahr 2021 nach § 153a Strafprozessordnung eingestellt. “Eine solche Serie von Fehlleistungen kann sich wohl kein anderer Mitarbeiter der für die Stadt oder in deren Auftrag tätig ist erlauben, und dann auch noch obendrein üppige Tantiemen kassieren”, meint Zimmerlin. Der Gewobau-Geschäftsführer hat noch nicht einmal bei seiner Hauptaufgabe Erfolge vorzuweisen. Denn seit 2017 wurde keine einzige Sozialbauwohnung mit den vom Land zur Verfügung gestellten Fördermitteln neu errichtet.

Und noch schlimmer: der Bestand an Sozialbauwohnungen bei der Gewobau ist in den letzten Jahren stark rückläufig. “Das ist angesichts der Wohnungsnot eine niederschmetternde Erkenntnis; dieser Zustand muss sich dringend ändern”, so der Stadtrat der BüFEP. Er fordert den Oberbürgermeister als Dienstvorgesetzter seines Parteifreundes auf, endlich konsequent zu handeln. Und was hat eigentlich der Aufsichtsrat in den ganzen Jahren gemacht? Der existierte scheinbar nur auf dem Papier”. Emanuel Letz scheint diese Botschaft verstanden zu haben. Denn, wie diese Seite gestern berichtete, folgte am Mittwoch dieser Woche die fristlose Seeger-Entlassung.

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