55,8 Millionen Euro Jugendamt-Defizit in nur 5 Jahren

Beobachtet und kommentiert von unserem Redakteur
Claus Jotzo

Am 29. November 2018 hatte der Stadtrat auf Antrag der FWG-Fraktion die Abgabe des Jugendamtes beschlossen. Mit 21 zu 20 Stimmen fiel das Ergebnis denkbar knapp aus. Die CDU-Fraktion und einige weitere Stadtratsmitglieder unterstützten damals Karl-Heinz Delaveaux und Wolfgang Kleudgen gegen SPD, Grüne und Linke. Seit dem drückt sich das Land um eine verbindliche Regelung. Und um die Übernahme des Defizites. Wie gigantisch das ist, hat die Stadtverwaltung auf einen Antrag der Fraktion Faire Liste / BüFEP in der Stadtratssitzung am 30. November 2023 mitgeteilt: 55,8 Millionen Euro.

Nur für die fünf Jahre 2019, 2020, 2021, 2022 und 2023 seit dem Stadtratsbeschluss. Ohne dieses allein seit 2019 aufgebaute Defizit wären die Einwohner*Innen mehr als 55% aller Schulden und Kredite der Stadt los. Oder: ohne das Defizit beim Jugendamt hätte die Stadt weder die Vergnügungs-, Gewerbe- noch die Grundsteuer noch den Gästebeitrag, die Parkgebühren und die für das Anwohnerparken erhöhen müssen – und hätte trotzdem zweistellige Millionenbeträge mehr auf dem Konto. Ein Defizit von durchschnittlich elf Millionen Euro nur für das Jugendamt jährlich: unfassbar. Im Detail gibt die Stadtverwaltung folgende Zahlen zu Protokoll:

“Folgende Kosten sind der Stadt Bad Kreuznach nach Jahren getrennt anhand des Ergebnishaushaltes entstanden: 2019: 42,152 Millionen Euro, 2020: 43,800 Millionen Euro, 2021: 45,860 Millionen Euro, 2022: 48,502 Millionen Euro und 2023: ca. 48,252 Millionen Euro (bis 14.11.2023: 38,252 Millionen plus ca. 10 Millionen Euro Kosten für November und Dezember 2023). Folgende Einnahme / Erstattungsbeträge konnten durch die Stadt nach Jahren getrennt anhand des Ergebnishaushaltes generiert werden:

2019: 34,097 Millionen Euro (32,545 Millionen vom Kreis plus Schlüsselzuweisung B1 1,552 Millionen), 2020: 30,988 Millionen Euro (29,423 Millionen vom Kreis plus Schlüsselzuweisung B1 1,565 Millionen), 2021: 33,173 Millionen Euro (31,608 Millionen vom Kreis plus Schlüsselzuweisung B1 1,565 Millionen), 2022: 36,351 Millionen Euro (34,775 Millionen vom Kreis plus Schlüsselzuweisung B1 1,576 Millionen) und 2023: 38,200 Millionen Euro (33,950 Millionen bis 14.11.2023 plus 4,250 Millionen ausstehender Abschlag vom Kreis)”. Daraus errechnen sich folgende Defizite:

2019: 8,055 Millionen Euro, 2020: 12,812 Millionen Euro, 2021: 12,723 Millionen Euro, 2022: 12,151 Millionen Euro und 2023: 10,052 Millionen Euro – Summe 2019 bis 2023: 55,793 Millionen Euro. Und das ist noch nicht alles. Abschließend fasst die Stadtverwaltung zusammen: “weiter ist festzuhalten, dass die Kreisabrechnungen für die Jahre 2015 bis einschließlich 2023 derzeit noch vorläufig sind. Hier wurden bisher nur Abschlagszahlungen eingenommen. Die endgültigen Kreisabrechnungen können bis jetzt lediglich für die Jahre 2015 und 2016 erfolgen, da die Zuwendungen vom Land für die Personalkosten in den Kindertagesstätten lediglich bis 2016 bewilligte und abgerechnet wurden.

Die Endabrechnung 2015 liegt bereits dem Kreis Bad Kreuznach vor”. Es ist also möglich, nach den Ende 2019 bekannt gewordenen Umständen zu den Abrechnungsdifferenzen zwischen Stadt und Kreis sogar wahrscheinlich, dass nach der endgültigen Abrechnung das Gesamtdefizit sogar noch höher liegt. Den Abgabebefürwortern des Jugendamtes ging es nie darum, die Jugendarbeit in Bad Kreuznach zu verschlechtern. Im Gegenteil. Die Abgabe des Jugendamtes würde es ermöglichen, die Ausgaben für die Erziehungsberatungsstelle, das Jugendzentrum Mühle, die freien Träger der Jugendhilfe usw zu verdoppeln oder gar zu verdreifachen. Und trotzdem noch Millionen Euro jährlich einzusparen.