Messer gefunden – Staatsanwaltschaft nennt Fakten zur Bluttat auf der Roxheimer Kirmes

Die Redaktion dieser Seite hatte sich unmittelbar nach der Bluttat auf der Roxheimer Kirmes am vergangenen Samstagabend (30.9.2023) und am frühen Sonntagmorgen (1.10.2023) bis gegen 4 Uhr um relevante Fakten (Alter der Beteiligten, Gesundheitszustand des Opfers usw) aus amtlicher Quelle bemüht. Die entsprechenden Anfragen waren von der Polizeiinspektion Bad Kreuznach und dem Kriminaldauerdienst Mainz mit dem Verweis auf die Zuständigkeit vorgesetzter bzw anderer zuständiger Dienststellen nicht beantwortet worden.

Aufgrund der Dunkelheit am Tatabend waren die Möglichkeiten der Polizei zur Ermittlung von Sachbeweisen eingeschränkt.

In einer gemeinsamen Presseerklärung des Polizeipräsidiums (PP) Mainz und der dortigen Staatsanwaltschaft (Sta) wurde dann am 1.10.2023 um 9:25 Uhr zum ersten Mal offiziell die Tat bestätigt. Am 2.10.2023 um 12:43 Uhr folgte eine ergänzende Pressemitteilung des PP Mainz. In beiden Erklärungen wurden der Öffentlichkeit – nach Einschätzung der Redaktion dieser Seite – relevante Tatsacheninformationen vorenthalten. Die Redaktion dieser Seite hat dies berichtet und kommentiert. Und nach am 2.10.2023 erfolgter Beratung durch einen Rechtsanwalt am frühen Mittwochmorgen um 1:57 Uhr eine schriftliche Anfrage beim Polizeipräsidium vorgelegt.

Diese wurde von der für bestimmte Sachfragen rechtlich zuständigen Staatsanwaltschaft Mainz noch am 4.10.2023 beantwortet. Aus dieser Antwort, die von der Leitenden Oberstaatsanwältin Andrea Keller unterzeichnet ist, ergeben sich nachstehend zusammengefasste Fakten. So erfolgte die vorläufige Festnahme des Tatverdächtigen durch die Polizei am Sonntag, den 1.10.2023, um 4:35 Uhr an seiner Wohn- und Meldeanschrift. Zum Tatzeitpunkt war der Tatverdächtige 15 Jahre alt. Das 17jährige Opfer wurde durch drei Messerstiche verletzt. Die Freilassung des Tatverdächtigen erfolgte wenige Stunden nach seiner Verhaftung am Sonntag, den 1.10.2023, um 13:50 Uhr.

Diese, wie wir aus einer dreistelligen Zahl von Leserreaktionen wissen, für sehr viele Menschen vollkommen unverständliche Vorgehensweise, erklärt die Staatsanwaltschaft nachvollziehbar mit der aktuell geltenden Gesetzeslage. Untersuchungshaft für volljährige Tatverdächtige, die bereits festgenommen sind, darf nur beim Vorliegen bestimmter Gründe, überwiegend werden hier “Fluchtgefahr” und “Verdunkelungsgefahr” angeführt, angeordnet werden. Für Minderjährige gelten im Jugendstrafrecht allerdings andere Regeln mit besonderen Voraussetzungen, die in § 72 Jugendgerichtsgesetz (JGG) normiert sind.

Demnach musste die Sta bei ihrer rechtlichen Prüfung der Voraussetzungen für die Beantragung der Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr diese verneinen, da “nach dieser Regelung die Verhängung von Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr bei Jugendlichen, die das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nur zulässig ist, wenn sich der Beschuldigte dem Verfahren bereits entzogen hatte oder Anstalten zur Flucht getroffen hat oder keinen festen Wohnsitz im Geltungsbereich des deutschen Jugendgerichtsgesetzes hat. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben”. Auch der “Haftgrund der Verdunklungsgefahr lag nicht vor, da der Beschuldigte keine Verdunkelungshandlungen durchgeführt hat”.

Neben anderen Details waren auch Fragen zur Tatwaffe Gegenstand der Presseanfrage der Redaktion dieser Seite vom 4.10.2023 um 1:57 Uhr. Zu diesem Themenkomplex hat das Polizeipräsidium Mainz am 4.10. um 16:34 Uhr eine Presseerklärung veröffentlicht. Demnach suchten Einsatzkräfte des PP Mainz, sowie des Polizeipräsidiums für Einsatz, Logistik und Technik das Roxheimer Kirmesgelände und dessen weitere Umgebung am gestrigen Mittwoch nach dem bis dato nicht aufgefundenen Tatmittel ab. “Das vermeintliche Tatmittel, ein Messer, konnte in einer fußläufigen Entfernung zum Tatort aufgefunden werden.

Es wurde spurenschonend sichergestellt und wird in der Folge durch Kriminaltechniker untersucht werden”, fasst die Polizei zusammen. Und stellt abschließend fest: “die Ermittlungen werden weiterhin im Auftrag der Staatsanwaltschaft Mainz durch das K11 der Kriminaldirektion Mainz geführt. Zeugen, welche sich bislang noch nicht bei der Polizei gemeldet haben, werden gebeten, sich mit der Kriminalpolizei Mainz unter (06131) 65-3633 in Verbindung zu setzen. Bezüglich der Folgen des Messereinsatzes stellt die Staatsanwaltschaft fest:

“Es bestand zeitweise Lebensgefahr. Erst nach der Operation gaben die behandelnden Ärzte den Hinweis, dass keine Lebensgefahr mehr bestünde”. Den wiederholten Zeugenaufruf begründet die Staatsanwaltschaft wie folgt: “die Identifizierung eines Tatverdächtigen bedeutet nicht die vollständige Aufklärung des Tatgeschehens oder gar den Abschluss der Ermittlungen. Die Ermittlungsbehörden sind immer und insbesondere an neutralen Zeugen zur Klärung der be- und entlastenden Umstände, des Vor-und Nachtatgeschehens aber auch der unmittelbaren Tat interessiert”.

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03.10.2023 – “Messerstecher aufgrund fehlender Haftgründe freigelassen”
01.10.2023 – “Bluttat auf der Roxheimer Kirmes”