Stoppt der Jahrmarktsausschuss die Verwaltungspläne für den “Fleeschworsch Dunnerschdaach”?

Heute geht es im Jahrmarktsausschuss um nichts anderes, als um die Wurst. Genauer gesagt, um den “Fleeschworsch Dunnerschdaach”. Den gibt es seit 1981 (diese Seite berichtete). Der Charakter dieser Veranstaltung hat sich im Laufe der vergangenen 42 Jahre grundlegend verändert. Wie seine Erfinder, die Familie Rolf Lichtenberg, und der Vorsitzende des Freundeskreises Kreiznacher Johrmarktes e.V., Dieter Gronbach, bereits mehrfach erklärt haben, handelt es sich ursprünglich um eine private Veranstaltung ausserhalb des Jahrmarktsgeländes. Daraus hat sich dann im Laufe der Jahre eine Großveranstaltung entwickelt.

Immer mehr Menschen kamen in den Weingarten Anheuser und andere Gastronomiebetriebe. Und drehten vorher, nachher oder zwischendrin Runden auf der Pfingstwiese. Um sich einen Eindruck vom Angebot zu machen und die Vorfreude auf den Jahrmarkt zu fördern. Die Gastronomiestände auf die Pfingstwiese begannen nach und nach immer weniger “inoffiziell” zu öffnen. 2007 entschied dann der damalige Kämmerer Karl-Heinz Gilsdorf (CDU): Zelte, Essens- und Getränkestände dürfen öffnen. 2008 kam dann die Erweiterung auf alle Lebensmittelangebote. Nur Fahrgeschäfte, Spiel- und Unterhaltungsangebote mußten geschlossen bleiben.

In den vergangenen zehn Jahren mutierte die Veranstaltung weiter. Der Vorsitzende des Schaustellerverbandes, Ralf Leonhard (Winzenheim) nennt dies eine “Ballermannisierung”. Leonhard ist dem Jahrmarkt seit Jahrzehnten beruflich verbunden. Und hat – auch mit seinen eigenen Angeboten – erlebt, dass sich ein ähnlich hoher Umsatz statt auf fünf jetzt auf sechs Tage verteilt. Die Argumentation des Jahrmarkt-Fachmanns deckt sich, das räumt er ausdrücklich ein, nicht mit der Meinung aller, aber mit der großen Mehrheit der Schausteller. Nach der Teilöffnung 2007 trat Leonhard dafür ein, dass alle Betriebe öffnen dürfen.

Wohl wissend, dass das praktische Risiken mit sich bringt. Denn alle zugelassenen Schausteller haben das Recht, auch in der Nacht von Donnerstag auf Freitag aufzubauen. “Wir haben einfach Glück gehabt, dass noch nie was passiert ist”, resümiert Ralf Leonhard nachdenklich. Um dann seinen Standpunkt zur aktuellen Diskussion und der heute im Jahrmarktsausschuss anstehenden Entscheidung klarzustellen: “das Wichtigste ist der Schutz der fünf Jahrmarktstage, wie sie jetzt sind”. Und auch in diesem Punkt hat sich in den vergangenen 15 Jahren einiges geändert, weiß Leonhard. Vor allem bei der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte.

Der Schausteller hat daher erkannt: “so schmerzlich das ist: am Donnerstag darf nichts geschehen, was die amtlichen fünf Tage gefährden kann”. Aus diesem Grund lehnt Leonhard den Verwaltungsvorschlag ab. Und rät unter dem Motto “zurück in die Zukunft” dazu, zum in den achziger Jahren geprägten Veranstaltungsstil zurückzukehren: Genuss und Entspannung in den konzessionierten Betrieben am Rand der Pfingstwiese, auf dem Festplatz “nur gucken, nichts anfassen”. Auch wenn der ein oder andere Kollege angesichts dieser Perspektive murre, werde das am Ende doch allen zugute kommen. So werde auch das Personal geschützt, das “ich schließlich bis zum Dienstag brauche”.

Angesichts der klaren Stellungnahme sowohl aus dem Schaustellerverband als auch dem Freundeskreises Kreiznacher Johrmarkt überrascht es nicht, dass die CDU-Stadtratsfraktion initiativ wurde. Und sich zum Schutz der fünf Jahrmarktstage mit Öffnungszeit bis 3 Uhr morgens für einen Retro-“Fleeschworsch Dunnerschdaach” ausspricht. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Helmut Kreis und Fraktions- und Ausschussmitglied Mirko Helmut Kohl, beides Kreuznacher Jungs, haben das Papier unterzeichnet. Und inhaltlich mit anderen Fraktionen abgestimmt.

Die CDU-Fraktion hat in den vergangenen Tagen eine “Mehrheit der Vernunft” organisiert. Die Christdemokraten verzichten – richtigerweise, um keine schlafenden Hunde zu wecken – auf die Darlegung juristischer Details. Ihr Hinweis ist: “die CDU ist grundsätzlich gegen eine offizielle Veranstaltung am Vortag des Jahrmarkts auf dem Gelände des Festplatzes Pfingstwiese, da möglicherweise hierdurch die Gefahr einer deutlichen Einschränkung der derzeitig gültigen Gestattungszeiten (bis 3 Uhr in den Morgenstunden) für die offiziellen Hauptjahrmarktstage entstehen könnte”.

Von Fachjuristen gibts dazu dazu kräftiges, zustimmendes Kopfnicken. Auch Stadtrechtsdirektor Fouad Yahia hat verwaltungsintern Bedenken angemeldet, wie aus den berühmten, gut informierten Kreisen mitgeteilt wurde. Die Sitzung des Ausschusses für Messen und Märkte (“Jahrmarktsausschuss”) findet am heutigen Donnerstag (15.6.2023) um 17 Uhr im Sitzungssaal des Verwaltungsgebäudes Brückes 2 – 8 statt. Die Sitzung ist öffentlich, der Eintritt frei. Wer später qualifiziert und auf der Basis von Fakten mitdiskutieren möchte, kann das nur, wenn er-sie-es als Zuhörer an der Ausschusssitzung teilgenommen hat.

Der CDU-Antrag im Wortlaut:

Vorjahrmarktstag 2023 / Beschlussantrag der CDU-Fraktionsmitglieder im Ausschuss für Messen und Märkte am 15.6.2023

Die Durchführung einer Veranstaltung am Vortag (Donnerstag) des
Jahrmarkts 2023 wird abgelehnt.

Begründung:

1. Die CDU ist grundsätzlich gegen eine offizielle Veranstaltung am Vortag des Jahrmarkts auf dem Gelände des Festplatzes Pfingstwiese, da möglicherweise hierdurch die Gefahr einer deutlichen Einschränkung der derzeitig gültigen Gestattungszeiten (bis 3 Uhr in den Morgenstunden) für die offiziellen Hauptjahrmarktstagen entstehen könnte.
2. Dies gilt sowohl für eine eigene Veranstaltung der Stadt, als auch für die Vergabe an einen externen Veranstalter.
3. Die traditionelle Form der Feier dieses Tages als „Schnuppertag“ für die Kreuznacher mit Besichtigung des Festplatzes und der Möglichkeit des Verzehrs in den konzessionierten Betrieben „rund um das Festgelände“ wird als ausreichend erachtet.
4. Dies gilt auch deshalb, weil der „Fleeschworschtdunnerschdaach“ als traditionelle „Privatveranstaltung“ des Weingartens Anheuser auf seinem Gelände außerhalb des Festplatzes in keiner Weise eingeschränkt wird.
5. Die Entwicklung des Tages nach 2007 – und insbesondere in den beiden Jahren vor der Pandemie mit über 10.000 Besuchern – ist aus Sicherheitsgründen nur schwer zu verantworten.
6. Am Vorjahrmarktstag werden noch von vielen Schaustellern abschließende Aufbauarbeiten durchgeführt und auch die Beleuchtung der Geschäfte ist oft noch nicht ausreichend sichergestellt. Der Sicherheitsfrage kommt daher für die Stadt eine besondere Bedeutung zu.
7. Die Entscheidungen der Verwaltung, den Platz am Vortag nicht frei zu geben, war daher sachlich richtig und wurde den Ausschussmitgliedern in den Sitzungen am 12.10.2022 Oktober und 11.5.2023 Mai (auch aus finanziellen Gründen) bekannt gegeben.
8. Letztlich muss auch die Frage, ob sich eine solche Veranstaltung zum „6. Jahrmarktstag“ entwickeln würde, geprüft werden. Wenn in diesem Fall eine neue Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde erforderlich würde, stünde mit Sicherheit auch die heute nicht mehr übliche Öffnungszeit bis 3 Uhr und damit ein Charakteristikum unseres Volksfestes zur Debatte.
9. Der Sparkasse Bad Kreuznach danken wir für ihre Bereitschaft der Stadt Bad Kreuznach finanziell zu helfen und bitten sie, den zugesagten Betrag für förderungsfähige Projekte im Bereich Soziales, Kultur und Jugendförderung Sport zu spenden. Helmut Kreis Mirko, Helmut Kohl