Stadt ordnet 20 km/h auf der Gensinger Strasse Höhe Michelin an

“Das ist doch wieder so ein Abzock-Versuch!” Unser Leser, der am Mittwoch dieser Woche bei der Fahrt nach Bad Kreuznach auf der Gensinger Strasse in Höhe Michelin die 20-km/h-Beschilderung entdeckte, war regelrecht aufgebracht. Nach seinen Angaben fährt er seit Jahren jeden Tag diese Strecke. Und hat eine spürbare Verschlechterung der Strassenqualität nicht festgestellt. “Da gibt es andere Strassen im Stadtgebiet, die in viel schlimmerem Zustand sind”, stellt er fest. Und schlussfolgert aus dieser Beobachtung: “die Stadt stellt die Schilder auf, damit der Kreis teure Fotos machen kann: da wäscht eine Hand die andere”.

Ganz eindeutig sieht dieser Streckenabschnitt heute besser aus, als vor 19 Monaten. Damals war Tempo 50 erlaubt. Heute nur noch 20 km/h.

In der von der Stadtverwaltung am gestrigen Donnerstagmittag verbreiteten Presseerklärung liest sich das etwas anders. Unter der Überschrift “Geschwindigkeitsanapssung auf 20 km/h” wird mitgeteilt: “die Stadt Bad Kreuznach hat aus Verkehrssicherungsgründen in der Gensinger Straße auf Höhe der Michelin Reifenwerke die zulässige Geschwindigkeit auf 20km/h reduziert. Grund ist die Verschlechterung des Straßenzustands. Die Stadt arbeitet momentan daran, diesen Bereich noch dieses Jahr so zu sanieren, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung wieder aufgehoben werden kann. Die Stadt Bad Kreuznach bittet alle Verkehrsteilnehmer um Verständnis”.

Das liest sich oberflächlich betrachtet recht sachlich. Allerdings werden die Motive der Stadt durch die tatsächlichen Abläufe zumindest in Frage gestellt. Vor rund 19 Monaten, in der Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung, Bauwesen, Umwelt und Verkehr (PLUV), war der schlechte Zustand verschiedener Strassen eines der Themen. Der Leiter des Tiefbauamtes, Philipp Geib, rief in diesem Zusammenhang die Öffentlichkeit dazu auf, Schadstellen zu melden. Der Redaktion dieser Seite liegen die Emails eines Bad Kreuznacher Gewerbetreibenden vor, der exakt den von der Stadt 19 Monate später als verkehrsunsicher eingeschätzten Streckenabschnitt gemeldet hat.

Unter Vorlage von umfangreichem Bildmaterial. Diese Bilder belegen: zwischen dem Januar 2023 und dem August 2024 hat sich eine merkliche Verschlechterung nicht ergeben. Was die Frage aufwirft, wieso die selbe Strasse im wesentlich gleichen Zustand 19 Monate lang mit 50 km/h befahren werden durfte, jetzt aber mit der Begründung von Verkehrssicherungsgründen nur noch mit 20 km/h. Aufmerksame t-s-n.de Leser*Innen erinnern zudem daran, dass mit genau diesem Argument “Verkehrssicherung” vor einigen Wochen von der Stadt ein Kahlschlag auf der historischen Schanze an der alten Stadtmauer beim Casinogarten durchgeführt wurde.

Rund 2.000 Quadratmeter Baum- und Buschbestand mitten in der Stadt wurden mit schwerem Gerät abgeholzt. In einem Bereich, der Fussgänger*Innen und erst recht Rad- oder Autofahrenden gar nicht zugänglich ist. Wo also gar kein Mensch gefährdet wird, der geschützt werden müßte. Die Glaubwürdigkeit der Stadt und insbesondere ihres Arguments “Verkehrssicherung” hat darunter sehr gelitten. Zumal die Verwaltung ohne jede Selbstkritik den Kahlschlag bis heute verteidigt.