Delaveaux: “Herr Letz, stoppen Sie diese Propaganda sofort und entschuldigen Sie sich!”

Von Claus Jotzo

Schon in den vergangenen Wochen löste die Art und Weise, in der die Bad Kreuznacher FDP den Kommunalwahlkampf betreibt, Kopfschütteln bei Einwohner*Innen und Verärgerung bei den politischen Mitbewerbern aus. Die bisher unbekannte Plakatflut wurde von vielen, die damit beeindruckt werden sollen, als “optische Vermüllung” empfunden. Einige Plakate, etwa die von Werner Lorenz (FDP) an der Planiger Nahetalhalle, im Mittleren Flurweg und an der B 428, hingen erkennbar rechtswidrig. Und wurden entfernt.

Im Stadtrat und den Ausschüssen zählt Karl-Heinz Delaveaux eher zu den ruhigen, auf Ausgleich bedachten Charateren. Die pauschale Kritik des Oberbürgermeisters an “eitlen Selbstdarstellern und Stadträten mit eigenen Interessen” weist Delaveaux solidarisch scharf zurück.

Gegen die verbale Entgleisung, die Oberbürgermeister Emanuel Letz als “liberaler” Wahlkämpfer aktuell bei Antenne Bad Kreuznach ausstrahlen lässt, sind das nur Kleinigkeiten: “das was sie hier hören, ist zu oft die Situation bei uns im Stadtrat. Viele arbeiten konstruktiv. Doch eitle Selbstdarsteller und Stadträte mit eigenen Interessen sorgen immer wieder für chaotische Sitzungen und erschweren Entscheidungen im Sinne der Bürger”, erklärt Letz. Diese pauschale Verunglimpfung von namentlich nicht benannten Stadtratsmitgliedern und die Parteinahme des gesetzlich zur Neutralität verpflichteten OB und Wahlleiters, haben für deutliche Proteste aus dem Stadtrat geführt.

Karl-Heinz Delaveaux (FWG e.V.), der dem Rat der Stadt seit 20 Jahren angehört und beide Letz-Vorgänger (Andreas Ludwig, CDU und Dr. Heike Kaster-Meurer, SPD) im Amt erlebte, ist vom Stil der Letz-Attacke erkennbar betroffen. Und bringt seine Enttäuschung über den Oberbürgermeister schon in seiner Einleitungs-Überschrift zum Ausdruck: “natürlich gehört Klappern zum Handwerk. Aber wieso Sie Mistgabeln dazu verwenden, verstehe ich nicht”, schreibt Delaveaux an Letz. Und fordert diesen auf: “stoppen Sie diese Propaganda sofort und entschuldigen Sie sich”.

Der Offene Brief von Karl-Heinz Delaveaux im Wortlaut:

Offener Brief zur Parteinahme des Oberbürgermeister im Stadtratswahlkampf: natürlich gehört Klappern zum Handwerk. Aber wieso Sie Mistgabeln dazu verwenden, verstehe ich nicht

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, als ich gestern im Radio ihren FDP-Werbebeitrag gehört habe, glaubte ich zunächst meinen Ohren nicht trauen zu können. Ich wurde zwischenzeitlich mehrfach auf Ihre Wahlkampftirade angesprochen. Gesagt haben Sie: “das was Sie hier hören, ist zu oft die Situation bei uns im Stadtrat. Viele arbeiten konstruktiv. Doch eitle Selbstdarsteller und Stadträte mit eigenen Interessen sorgen immer wieder für chaotische Sitzungen und erschweren Entscheidungen im Sinne der Bürger. Viele haben davon die Nase voll und möchten Seriosität und frischen Schwung im Stadtrat. Das können sie jetzt haben!

Bad Kreuznach blüht auf mit der FDP. Wir machen das!” Mit dieser parteipolitischen Entgleisung verstossen Sie in meinen Augen nicht nur gegen das Ihnen aus vielen guten Gründen gesetzlich auferlegte Neutralitätsgebot. Und zwar sowohl jenen Verpflichtungen gegenüber, die sich aus dem Amt des Oberbürgermeisters ergeben. Als auch jenen, die Sie als Wahlleiter für die Stadtratswahl gemäss KWG und KWO haben. Für das von Ihnen wortwörtlich beklagte Chaos sind Sie selbst der Hauptverantwortliche. Das fängt schon damit an, dass es Ihnen leider nur sehr selten gelingt, Sitzungen pünktlich zu beginnen.

Die auch dadurch versäumte Zeit versuchen Sie dann im weiteren Verlauf durch – zurückhaltend ausgedrückt: undiplomatische – Eingriffe in die Ausführungen von Stadtratsmitgliedern wieder hereinzuholen. Das sorgt – nicht nur bei den Betroffenen – natürlich für Missstimmung. Noch schlimmer wirkt sich aus, dass Sie es in zwei Jahren im Amt nicht geschafft haben, eine störungsfrei funktionierende Mikrophonanlage zur Verfügung zu stellen. Immer wieder kommt es zu Ausfällen, Pfeifgeräuschen und Verzerrungen, die das Zuhören erheblich erschweren.

Auch nach 20 von Ihnen geleiteten Stadtratssitzungen gelingt es Ihnen noch immer nicht, die Tagesordnung pannenfrei zur Abstimmung zu bringen. Einfachste Änderungsanträge stellen für Sie schwer zu bewältigende Hürden dar. Was dazu führt, das wertvolle Sitzungszeit häufig mit Formfragen verplempert werden muss. Sitzung für Sitzung verstossen Sie gegen konkrete Bestimmungen in unserer Geschäftsordnung. So versäumen Sie es als Sitzungsleiter durchgängig, die Abstimmungsergebnisse gemäss § 23, Absatz 4 korrekt zu beziffern: “die Vorsitzende stellt die Zahl der Stimmen fest, die dem Antrag zustimmen, den Antrag ablehnen oder sich der Stimme enthalten”.

Genau das machen Sie vielfach nicht. Was regelmässig zu Rückfragen aus dem Rat und sogar dem Publikum führt. Immer wieder bleibt unklar, über was wir im Stadtrat abstimmen sollen. Obwohl in § 23, Absatz 2 unmissverständlich bestimmt ist: “die Vorsitzende leitet die Beschlussfassung damit ein, dass sie den endgültigen Beschlusswortlaut verliest oder auf die vorliegenden Unterlagen verweist”. Häufig machen Sie den Fehler, Berichterstattung oder Antragsbegründung als Wortmeldung misszuinterpretieren. Und verweigern den jeweiligen Ratsmitgliedern nach einem Geschäftsordnungsantrag auf Schluss der Debatte eine angeblich zweite Wortmeldung.

Dabei ist es im Rechtssinne ja die erste – was Sie offenbar nicht wissen und Ihnen in den Sitzungen erst wortreich erklärt werden muss. In fast jeder Sitzung monieren einzelne meiner Ratskolleginnen und -kollegen, dass Sie diesen trotz Wortmeldung nicht das Wort erteilen. Es liegt allein in Ihrer Verantwortung die zahlreichen, am Verwaltungstisch sitzenden Amtspersonen dazu anzuhalten, genau darauf zu achten. Diese Liste Ihrer Fehlleistungen werde ich an anderer Stelle weiter fortführen. Mehr als nur eine politische Frechheit ist Ihre Behauptung, Stadtratsmitglieder würden “Entscheidungen im Sinne der Bürger” erschweren.

Zunächst ist dazu festzustellen, dass diese pauschale, undiffenzierte Denunzierung geeignet ist, den Rat der Stadt insgesamt im öffentlichen Ansehen herabzusetzen. Wenn Ihnen etwas nicht passt, haben Sie Ross und Reiter zu nennen. Ihre Vorgehensweise, im Stadtrat die aus Ihrer Sicht betreffenden Personen nicht konkret anszusprechen und dann im Rahmen der Wahlwerbung pauschale Verunglimpfungen zu verbreiten, ist schädlich für unser demokratisches Gemeinwesen. In der Sache ist festzuhalten: Sie sind es, der Entscheidungen im Sinne der Bürgerinnen und Bürger erschwert. Beispiel Windradanlagen.

Obwohl 21 Stadtratsmitglieder mit mir beantragt haben, dass der Stadtrat über die Pläne bei Planig und Bosenheim berät und entscheidet, haben Sie lediglich eine Mitteilungsvorlage auf die Tagesordnung der Sitzung am morgigen Mittwoch aufgenommen. Auch verweigern Sie den Gremien notwendige Informationen, damit Stadtrats- und Ausschussmitglieder zielführend initiativ werden können. Sie blockieren ganz konkret sogar von Ihnen selbst befürwortete Einwohneranträge gemäß § 97 der Gemeindeordnung. Auch hier rufe ich gern ein konkretes Beispiel in Erinnerung:

Der Bürger Claus Jotzo hat der Stadtverwaltung form- und fristgemäss u.a. den Einwohnervorschlag vorgelegt, dass die Stadt die Tatsche, das relevante Teile der rheinland-pfälzischen Landesverfassung im Bad Kreuznacher Faust-Haus beraten wurden, zum Anlass nimmt, den Landesverfassungstag am 18. Mai vor Ort zu feiern. Herr Jotzo hatte durch ehrenamtliches Engagement sichergestellt, dass der Stadt dadurch keine Kosten entstehen und eine Spende von 2.000 Euro organisiert. In der Stadtratssitzung am 30.11.2023 haben Sie dazu in öffentlicher Sitzung erklärt, dass Sie sich um die Umsetzung dieses Vorschlages kümmern werden. Gemacht haben Sie nichts.

Die Veranstaltung, an der rund ein Dutzend Stadtratsmitglieder von CDU, SPD, AfD, Freien Wählern, Faire Liste, BüFEP und FWG e.V. und über 50 Einwohnerinnen und Einwohner teilgenommen haben, konnte nur stattfinden, weil der Eigentümer des Faust-Hauses und Herr Claus Jotzo alles selbst in die Hand genommen haben. Nennen Sie das “Entscheidungen im Sinne der Bürger”? Ich nenne das Vesagen im Amt. Sollten Sie für die Zeit nach der Kommunalwahl eine tragfähige Basis für eine Zusammenarbeit im Stadtrat beabsichtigen, rate ich Ihnen: stoppen Sie diese Propaganda sofort und entschuldigen Sie sich. Mit freundlichem Gruß Karl-Heinz Delaveaux”