Stadt gibt zu: Gremien wurden zum Windradpark vorsätzlich nicht beteiligt

Von Claus Jotzo

Wochenlang plätscherte der Wahlkampf vor dem Kommunalwahltermin am 9. Juni nur so vor sich hin. Inhaltliche Unterschiede der 12 Wahlvorschläge CDU, SPD, Grüne, AfD, FDP, Freie Wähler, FWG e.V., Linke, Faire Liste, PBK, BüFEP und BfKH wurden kaum thematisiert. Statt dessen führten Art und Weise der Wahlplakatierung, der Streit um die Listenummer 12 und die Proteste nach eigenen Worten ge- und enttäuschter Kandidat*Innen zu öffentlicher Berichterstattung. Das hat sich am 6. Mai – zunächst unbemerkt von der Öffentlichkeit – geändert.”

Da stellte der Winzer Peter Lukas (CDU) in der Planiger Ortsbeiratssitzung Oberbürgermeister Emanuel Letz (FDP) wegen dem von der Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe für eine rund 53 Hektar grosse Fläche zwischen Planig, Biebelsheim und Bosenheim zur Rede. Und wurde vom OB mit der Ausrede abgespeist, davon wisse er nichts. Lukas gab dem Oberbürgermeister in der Stadtratssitzung am 16. Mai mit einer konkreten Frageliste eine weitere Chance. Und wurde erneut ohne substanzielle Antwort nach hause geschickt. Die fortgesetzte Informationsverweigerung der Stadtspitze hat zwischenzeitlich eine öffentliche Diskussion über das Thema ausgelöst.

An der sich mehr und mehr Parteien beteiligen. Einmütig wird von diesen die Informationsblockade der Stadtverwaltung kritisiert. Den dadurch bewirkten politischen Druck versuchte die Stadtverwaltung gestern mit einer Presseerklärung zu reduzieren. Und erreichte das genaue Gegenteil. Denn sie musste einräumen die Gremien bewusst und absichtlich nicht informiert und beteiligt zu haben: “von einer Gremieneinbindung wurde jedoch abgesehen, da es zunächst um fachliche Aspekte geht und für weitere Themen die Möglichkeit einer privaten Stellungnahme besteht”.

Eine unfassbare Aussage, die das ehrenamtlich getragene kommunalpolitische System auf den Kopf stellt. Denn das sagt nichts weniger als: “wer sich beschweren möchte, kann das ja privat tun. Offiziell wollen wir damit nichts zu tun aben”. Wie getrieben und kopflos die Stadtverwaltung und der Oberbürgermeister in dieser Frage vorgehen, wird auch an einem anderen Detail deutlich. Während anderenorts, etwa in der Verbandsgemeinde Bad Kreuznach, längst Beratungen der zuständigen Kommunalparlamente und Einwohnerversammlungen stattfanden, stellt die Stadtverwaltung erst jetzt nach der öffentlichen Diskussion einen Termin in Aussicht.

Die diesbezügliche Entwicklung kam für OB Letz und das Stadtplanungsamt so plötzlich und der Termin war so wenig geplant, dass dieser noch immer nicht konkret benannt wird. Obwohl schon in fünf Wochen die Frist abläuft: “aufgrund der Komplexität des Sachverhalts und der hierfür erforderlichen Organisation steht aktuell noch kein Termin fest”. Für was sich der OB statt dessen Zeit nimmt, teilt die Stadtpressestelle Tag für Tag mit. Gestern war es die indische Sozial- und Umweltaktivistin Trupti Mehta. Die wird mit einem FDP-nahen Preis ausgezeichnet. Und wurde in Bad Kreuznach mit grossen Verwaltungsbahnhof empfangen. Dafür hat die Letz-geführte Stadtverwaltung Zeit. Für die Probleme vor Ort nicht.

Die Presseerklärung der Stadtverwaltung vom 28. Mai 2024 im Wortlaut:

“Planungen für Windkraftanlagen in Bad Kreuznach – Stadt organisiert Informationsveranstaltung

Der Ausbau erneuerbarer Energien ist ein vorrangiges Ziel der Bundes- und Landesregierung. Auch die Stadt Bad Kreuznach hat durch den Stadtrat beschlossen, den Klimaschutz zu einer der wichtigsten Zukunftsaufgaben zu machen und mit einem Beschluss zur Erstellung eines Erneuerbare-Energien-Konzeptes den Ausbau erneuerbarer Energien im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten auf den Weg gebracht. Eine Beauftragung des Konzepts, mit dem Flächen für erneuerbare Energien eruiert werden sollen, ist derzeit in Vorbereitung. Zur Förderung des Ausbaus von Windenergieanlagen hat der Bundestag das sogenannte Wind-an-Land-Gesetz beschlossen.

Über das Wind-an-Land-Gesetz wurden die Steuerungsmöglichkeiten der einzelnen Gemeinden als Träger der Bauleitplanung eingeschränkt und den Ländern Größenvorgaben zur Ausweisung von Windenergieanlagen vorgegeben. In Rheinland-Pfalz müssen bis zum 31. Dezember 2027 1,4 Prozent der Landesfläche als Flächen für die Windenergie ausgewiesen werden. Bis zum 31. Dezember 2032 erhöht sich der geforderte Anteil auf 2,2 Prozent der Landesfläche. Sofern die Länder ihrer Pflicht nicht nachkommen, werden die Zulassungskriterien für Windkraftanlagen weiter gelockert – gegebenenfalls durch eine Verringerung von Abstandsflächen.

Man wollte bundesweit so bewusst Entscheidungs- und Planungsebenen für eine Beschleunigung des Verfahrens reduzieren, was jedoch zu Lasten der kommunalen Ideenfindung und Analyse geht. In Rheinland-Pfalz erfolgt die Ausweisung von Flächen für die Windenergie über die fünf Planungsgemeinschaften. Die Stadt Bad Kreuznach gehört der Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe an, die mit der Ausweisung von Vorranggebieten für Windenergieanlagen in ihrer vierten Teilfortschreibung des Regionalplans der gesetzlichen Forderung nachkommt. Der aktuelle Entwurf sieht im Bereich der Stadt Bad Kreuznach sowie in den Gemeinden Biebelsheim und Pfaffen-Schwabenheim die Ausweisung eines Vorranggebietes für Windenergieanlagen vor.

Der Planungsentwurf liegt in der Kreisverwaltung Bad Kreuznach zu jedermanns Einsicht bis zum 18. Juni öffentlich aus. Zusätzlich können die Unterlagen unter www.pg-rheinhessen-nahe.de/download eingesehen werden. Anregungen und Hinweise können bis zum 2. Juli schriftlich oder elektronisch gegenüber der Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe vorgebracht werden. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass jeder zu jeder Zeit im Rahmen der Beteiligungsfrist sich zu der vorgelegten Planung äußern kann. Hierzu kann die Stadt Bad Kreuznach alle Bürgerinnen und Bürger ermutigen, damit Ideen und lokale Besonderheiten formell in das Verfahren eingehen.

Auch die Stadt Bad Kreuznach wurde mit Schreiben vom 3. Mai zur Abgabe einer fachlichen Stellungnahme aufgefordert. Die vorliegenden Entwurfsunterlagen werden seitens der Verwaltung geprüft und eine Stellungnahme fristgerecht eingereicht. Von einer Gremieneinbindung wurde jedoch abgesehen, da es zunächst um fachliche Aspekte geht und für weitere Themen die Möglichkeit einer privaten Stellungnahme besteht. Die Stadt behält sich jedoch ein solches Vorgehen für weitere Beteiligungen vor. Gleiches gilt für Genehmigungsverfahren oder die Beteiligung bei fremden Genehmigungsverfahren, was bei einer Konkretisierung der Planungen der Fall sein könnte.

Da der Entwurf der Planungsgemeinschaft bereits öffentlich diskutiert wird, Fragen und Ungereimtheiten im Raum stehen, wird die Stadt Bad Kreuznach eine Informationsveranstaltung organisieren. Vorweg stellt die Stadt klar, dass sie nicht in Veranstaltungen zu privatrechtlichen Grundstücksangelegenheiten eingebunden und auch nicht diesbezüglich informiert wurde. Ziel der öffentlichen Informationsveranstaltung ist es, die Bürgerinnen und Bürger über die Planung und die dazu führenden Rahmenbedingungen zu informieren und weitere Anregungen einzuholen.

Aufgrund der Komplexität des Sachverhalts und der hierfür erforderlichen Organisation steht aktuell noch kein Termin fest. Die Stadt wird hierzu gesondert über eine Pressemitteilung einladen. Die Veranstaltung soll so terminiert werden, dass für die Bürgerinnen und Bürger im Anschluss noch ausreichend Zeit besteht, eine Stellungnahme bei der Planungsgemeinschaft einzureichen”.

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