Stadt läßt fortgesetzt Behinderung des ÖPNV zu: Bushaltestellen zugeparkt

Von Claus Jotzo

Vieles in Bad Kreuznach ist irgendwie falsch herum. Mal hat das historische Gründe. Wie bei der Altstadt. Die ist das jüngere Siedlungsgebiet der Stadt. Und heisst daher – geschichtlich korrekt – in der Sprache der Ortsansässigen Neustadt. Obwohl dort viele der alten Gebäude der Stadt stehen. Bei anderen Dingen sind es die Verantwortungsträger*Innen, die den zweiten Schritt vor dem ersten machen. Beispiel ÖPNV. Da zahlen die Einwohner*Innen seit rund zwei Jahren mehrere Millionen per anno zusäzlich für Busse, die ausserhalb des Berufsverkehrs oft leer durch die Stadt fahren.

Am frühen gestrigen Donnerstagabend (23.5.2024) am Bourger Platz: Autos stehen auf der Bushaltestelle, der Bus muss sich sein Recht in diese einzufahren erhupen. Die Busfahrgäste versäumen Zeit. Der Bus kommt verspätet zur nächsten Haltestelle. Ein Kontrolle findet nicht im notwendigen Umfange statt.

Warum ist die Nachfrage so gering? Einer von mehreren Gründen: weil es mit dem Bus länger dauert, als mit dem Auto. Das hat mehrere Ursachen. Eine ist: Bushaltestellen sind in Bad Kreuznach längst zu Sonderparkplätzen mutiert. Es passiert jeden Tag. Mehrfach. Die Busfahrgäste müssen warten, weil Autofahrende aus persönlichem Egoismus die Regeln brechen. Besonders augenfällig ist das an der Bushaltestelle am Bourger Platz. Der Parkplatz für die Autos ist keine 20 Meter von der Bushaltestelle entfernt.

Trotzdem hat es schon Tage gegeben, da standen in der Bushaltestelle mehr Pkw, als auf der dafür vorgesehen, zigfach grösseren Fläche. In anderen Städten, in denen kein Ex-Polizist Oberbürgermeister ist, wird sowas verhindert, in dem die zuständigen, dafür bezahlten Fachkräfte des sogenannten Ordnungsamtes die Falschparker mit “Knöllchen” belohnen. Die Folge ist: die dortigen Stadtkassen sind voll. Und der ÖPNV schneller, weil die Busse Bushaltestellen als solche ohne Wartezeit anfahren können. Ganz anders, als in Bad Kreuznach.

Richtig und förderlich für den ÖPNV wäre es, wenn die Stadt in ihrem Zuständigkeitsbereich den Busverkehr gegen Rechtsverstösse schützen würde. Und auch bei der Polizei dafür werben würde. Die örtliche Polizeiinspektion ist leider personell nicht so gut ausgestattet (verantwortlich dafür: Landesinnenminister Michael Ebling, SPD). Aber auch die könnte motiviert werden Autofahrende, die etwa Busse mit eingeschaltetem Warnblinklicht überholen, zur Ordnung zu rufen. Wichtig sind die Lernerfolge gerade bei kleinen Schritten.

Diese helfen den Menschen, dann auch grosse Strecken zu bewältigen. Das gilt ebenso für den Radverkehr. Der wurde in Bad Kreuznach – leider ohne Rücksichtnahme auf die Fussgänger*Innen – amtlich stark gefördert. Die Folge hat ein kleiner Junge vor ein paar Tagen in der Magister-Faust-Gasse erlebt. Der wurde von einer Radlerin umgefahren. Der Junge musste mehrere Tage ins Krankenhaus. Die Radlerin wird von der Polizei gesucht (siehe gesonderten Polizeibericht in der heutigen Ausgabe). Denn sie entfernte sich unerlaubt vom Unfallort, ohne ihre Personalien zu hinterlassen.

Leider ist das kein Einzelfall. Stadtratsmitglied Mariana Ruhl berichtete dem Gremium von einem Fall aus der Mannheimer Strasse in der historischen Neustadt. Opfer dort eine ältere Dame. Ich selbst war Augenzeuge, als nach einer Veranstaltung Pro-Radverkehr im Haus des Gastes meine Begleiterin (wir waren zu Fuss in der Kurhausstrasse auf dem Heimweg) von einem rücksichtlos rasenden Radler (dort ist Schrittgeschwindigkeit amtlich ausgeschildert) erschreckt und fast umgefahren wurde. Wer sich über die Radfahr-Realität etwa in der Magister-Faust-Gasse informieren möchte, den lade ich gern ein:

Setzen Sie sich mit mir ins Faust-Haus, geniessen Sie mit mir ein Erfrischungsgetränk (ich zahle) und schauen Sie den Rasern auf zwei Rädern zu. Die ständigen Beinah-Unfälle (auch Radler gegen Radler, vor allem aber Zweiräder gegen Fussgänger*Innen) auf der kurzen einsehbaren Strecke sind erschreckend. Hätte die Stadt spätestens mit Ausweitung der Radwege auch die Kontrolle von Zweiradvergehen angemessen verstärkt, hätte das dem Radverkehr geholfen. Aber der Staat läßt die Menschen mit den von ihm selbst verursachten Problemen allein. Und wundert sich dann über negative Reaktionen der im Stich gelassenen Betroffenen.