Jahrmarkt 2024: keine Rosen, keine Eröffnungsshow, keine Naheweinprobe

Von Claus Jotzo

Der Jahrmarkt im August 2024 wird sich von seinen Vorgängern erheblich unterscheiden. Jedenfalls soweit die amtlichen Termine betroffenen sind. Die Veränderungen fangen schon am “Fleeschworscht-Dunnerschdaach” an. Der wird bereits seit dem vergangenen Jahr wieder in der bis vor mehr als 20 Jahren üblichen “Retro-Variante” gefeiert. Also nur in der Gastronomie am Rand des Festplatzes. Auf der Pfingstwiese bleibt alles dunkel. Neu ist in diesem Jahr, dass auch das Riesenrad nicht genutzt wird. Die seit vielen Jahren angebotene Naheweinprobe auf dem Kipp-Rad entfällt ersatzlos. Wesentlich ändern wird sich die Eröffnungszeremonie am Freitagnachmittag.

Ralf Leonhard (links) begründet die Veränderungen für den Jahrmarkt. Dieter Gronbach hört interessiert zu.

Der Beginn um 17 Uhr und der Treffpunkt am Bahnübergang im Brückes bleiben. Aber schon die übliche Verteilung von Rosen durch die Offiziellen an die Damen im Publikum wird es nicht mehr geben. Statt der Blumen kommt laut Jahrmarktsbürgermeister Markus Schlosser “etwas Jahrmarktstypisches” zur Verteilung. Um die Überraschung nicht zu verderben, verzichtete Schlosser mit Zustimmung des Jahrmarktsausschusses auf nähere Angaben. Erheblich abgekürzt im wahrsten Sinne des Wortes wird der Weg zur amtlichen Eröffnung. Der Spaziergang der Offiziellen über den gesamten Platz samt Testfahrten wird erst danach stattfinden.

Die Mitglieder des Jahrmarktsausschusses bei der Arbeit.

Die Eröffnung wird auch nicht wie bisher in bzw vor dem Naheweinzelt am Bahndamm stattfinden. Sondern im Kölsch-Zelt. Ein Rahmenprogramm, wie dies viele Jahre üblich war (im vergangenen Jahr mit der Entwanzung des Oberbürgermeisters, in 2022 gestaltet von den Trampolinturner*Innen des MTV), wird es nicht geben. Spätestens um 17:30 Uhr sollen im gesamten Stadtgebiet und den umliegenden Gemeinden die Eröffnungs-Böllerschüsse zu hören sein. Eine weitere Veränderung betrifft die 1-Euro-Schnupperstunde der Fahrgeschäfte am Nachmittag vor der Eröffnung. Diese wird ersatzlos gestrichen. Neu eingeführt wird dafür am Dienstagnachmittag zwischen 14 und 18 Uhr ein “Familientarif”:

Alle Fahrgeschäfte, Buden und Gastronomiebetriebe gewähren in dieser Zeit “erhebliche Rabatte”. Diese weitreichenden Neuerungen wurden in der Sitzung des Jahrmarktsausschusses am gestrigen Dienstag (14.5.2024) unter dem Tagesordnungspunkt “Nachzulassungen zum Jahrmarkt” ohne Ankündigung und schriftliche Mitteilungsvorlage bekanntgegeben. Auch zur Überraschung erfahrener und langjähriger Ausschussmitglieder. Die erfuhren von Markus Schlosser, dass in diesem Jahr erstmals der Schaustellerverband mit Ralf Leonhard an der Spitze die Ausgestaltung der Jahrmarktseröffnung verantwortet. Und nicht mehr der von Dieter Gronbach geführte Freundeskreis Kreiznacher Johrmarkt e.V.

Beide langjährigen Leistungsträger des Jahrmarktes sassen einträchtig nebeneinander. Da in diesem Jahr keine Entwanzung ansteht und ein eigenes Programm jede Menge Arbeit macht, fiel Dieter Gronbach der Verzicht nicht ganz so schwer. Auch wenn er nicht mit allen Veränderungen vollständig einverstanden ist. Die angesprochenen Neuerungen wurden von Ralf Leonhard begründet. Der begründete den Verzicht auf das Vorprogramm der Eröffnung mit der Aussage “der Jahrmarkt geht los, wenn es knallt”. Daher müßten die Böllerschüsse zügig zu hören sein. Zudem sei der Jahrmarkt eine Kirmes. Demzufolge sei bei der Eröffnung auf ein Kirmespublikum abzustellen.

In diesem Punkt kam ein kurzer Widerspruch von Dieter Gronbach. Der angesichts von hunderten von Zuschauer*Innen beim bisherigen Eröffnungsmodus darauf hinwies, dass das von seinem Verein mit der Stadtverwaltung organisierte Programm nicht ganz am Publikum vorbei gestaltet worden sein kann. Das Bierzelt als Zielort für die amtliche Eröffnung begründete Leohard mit der Feststellung, “dass in einem Bierzelt eine andere Stimmung aufkommt, als im Weinzelt”. Der Rundgang nach der Eröffnung solle wie bisher im Naheweinzelt enden. Weitere Details der Neugestaltung befinden sich, so Ralf Leonhard, noch in der “Findungsphase”.

Die Streichung der 1-Euro-Stunde erklärte Leonhard mit betriebswirtschaftlichen Zwängen bei den Fahrgeschäftbetreibern. Fahrten, die sonst vier oder sieben Euro kosteten, könnten nicht mehr für einen Euro angeboten werden (“nicht mehr zeitgemäss”). Zumal die Autoscooter besonders gelitten hätten. Da wurden in der 1-Euro-Stunde von Schlaubergern Coins gekauft, dieser aber erst zu anderer Zeit genutzt. Den Dienstagnachmittag habe sich die Schaustellergemeinschaft als Familienrabatttag ausgesucht, weil in den vergangenen Jahren der Besucherschnitt in der Zeit zwischen 14 und 18 Uhr “stark nachgelassen” habe. Den Rabatt werde es auch an den Warengeschäften geben.

Während die Stadtverwaltung im vergangenen Jahr die Naheweinprobe auf dem Riesenrad noch als erfolgreiche Veranstaltung dargestellt hatte, gab es gestern die Information, das Riesenrad sei “halb leer” gewesen. Auf das Angebot wurde daher verzichtet. Angesichts der von Ralf Leonhard vorgestellten Veränderungen fragte Ausschussmitglied Karl-Heinz Delaveaux (FWG e.V.): “ist die Stadt raus aus der Veranstalterrolle?” Dazu stellte Markus Schlosser klar: “die Stadt ist nach wie vor die Veranstalterin”. Jürgen Eitel (Freie Wähler) und Helmut Kreis (CDU) sprachen sich dafür aus, den Leonhard-Vorschlägen zu vertrauen. Ähnlich formulierte Markus Schlosser: “wir sollten das einfach mal wagen”.