Von unserem Redakteur
Claus Jotzo
Selbst die kühnsten Optimisten haben das nicht vorhergesehen: Als Ersatz für die wegbrechenden Gewerbesteuereinnahmen erhält die Stadt Bad Kreuznach nach den vorläufigen Berechnungen der Landesfinanzverwaltung eine Ausgleichszahlung in Höhe von 13.885.785 Euro. Das Geld aus Berlin und Mainz soll im Dezember der Stadtkasse gutgeschrieben werden. Im ursprünglichen Haushaltsentwurf für 2020 wurden am 4. November 2019 28 Millionen Euro wahrscheinliche Gewerbesteuereinnahmen präsentiert. Diese Zahl entsprach in etwa dem Anordnungssoll für 2019.
Weil die Stadtverwaltung den ehrenamtlichen Kommunalpolitikern keinen in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen Entwurf für 2020 vorgelegt hatte, lehnten die Finanzfachleute der Listen und Parteien mehrheitlich die fristgerechte Beratung im vergangenen Jahr ab. Anfang diesen Jahres schlug dann Corona zu. Und so wurde der Stadthaushalt für 2020 erst im Mai beraten und im Juni beschlossen. Zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, dass die Pandemie durch den Shut-Down zu erheblichen Mindereinnahmen führen würde. Daher kürzte der Stadtrat die für dieses Jahr zu erwartende Gewerbesteuereinnahmen im Frühjahr um vier auf 24 Millionen Euro.
Im Sommer 2020 Einbruch um 10 Millionen Euro
Im Sommer kam dann der Finanzschock: das Gewerbesteuer-Anordnungssoll brach auf 14 Millionen Euro ein. Damals gab es zwar mündliche Versprechungen der Bundes- und Landesregierung, diese Differenz werde den Kommunen ersetzt. Aber die große Mehrheit der Kommunalpolitiker blieb spektisch. Allen voran Bürgermeister und Kämmerer Wolfgang Heinrich. Um den ungehemmten Ausgabewünschen in den städtischen Gremien und in der Stadtverwaltung selbst Einhalt zu gebieten, provozierte er diese mit der Aussage, es werde kaum ausreichende Landes- und Bundesmittel geben, “höchstens eine Million”.
Kämmerei tanzt nicht Lambada
Natürlich war dem Bürgermeister zu diesem Zeitpunkt bewußt, dass mehr Geld fliessen wird. Aber Heinrich ist weder ein großer Dixie-Musik- noch Dramatik-Freund. Und daher lehnt er die mit dem Untergang der Titanic verbundene Vorstellung einer Kapelle, die sich in den Abgrund groovt, ab. Kommunalfinanzen sind Aussenstehenden eben schwer zu erklären. So steht das finanzielle Desaster der Stadt trotz der Millionen aus Berlin und Mainz bereits vor der Tür. Das ist der Grund, warum in der Kämmerei, die die 13,9-Millionen-Euro-Nachricht am Dienstag dieser Woche erhielt, seit dem nicht durchgängig Lambada getanzt und ein Batida de Cocô nach dem anderen gekippt wird.
Minus 6,3 Millionen Euro in 2021
Denn die erfreuliche Zusatzeinnahme Ende dieses Jahres läßt die Stadt so gut aussehen, dass sie im kommenden Jahr Millionenbeträge weniger erhält und mehr zahlen muss. So steigt die von der Stadt an die Kreiskasse zu zahlende Kreisumlage um 5.742.000 Euro von bisher 26.500.000 € auf 32.242.000 €. Und die vom Land jährlich gewährte Schlüsselzuweisung B2 sinkt von bisher 8.740.000 € um 1.592.000 € auf 7.148.000 €. Selbst wenn man berücksichtigt, dass es auch in 2021 eine Ausgleichsleistung Gewerbesteuer geben wird, die bisher mit 0 € geplant war und von der Kämmerei wegen den bei Land und Bund dafür zur Verfügung stehenden beschränkten Mittel auf 1.000.000 € geschätzt wird, ist im Saldo eine Verschlechterung um 6.334.000 € einzuplanen.
Kreditaufnahme steigt um 14,5 Millionen Euro
Dadurch wird sich der derzeitige Jahresfehlbetrag im Ergebnishaushalt für das Haushaltsjahr 2021 von 9.681.690 € auf 16.015.690 € und das Saldo der ordentlichen Ein- und Auszahlungen im Finanzhaushalt von 4.453.260 € auf 10.787.260 € erhöhen. Was dazu führt, dass die Stadt zu Lasten der nachfolgenden Generationen weitere Kredite aufnehmen muß: “die geplante Aufnahme von Liquiditätskrediten wird sich ebenfalls von 8.174.260 € auf 14.508.260 € erhöhen”, heisst es trocken in der Mitteilungsvorlage, die gestern Nachmittag an den Finanzausschuß verschickt wurde.