Von unserem Redakteur
Claus Jotzo
Wenn der Landesrechnungshof (LRH) prüft, dann alles. Nicht nur Urlaubsabgeltungen, Leistungsprämien und freiwillige Zuwendungen an Mitarbeiter*Innen. Auch die weniger spektakulären Punkte. An denen aber eben auch deutlich werden kann, wie ein kommunales Unternehmen “geführt” wird. Bzw wie eben nicht. Einer dieser auch daher interesssanten Detailfragen ist die der Überstundenrückstellung.
Eigenwilliges Landrecht
Es geht da nicht um große Beträge. Mehr um die Frage, ob Rechtsvorschriften umgesetzt werden. Oder ob eine Art eigenwilliges Landrecht praktiziert wird. Wer die ersten Teile unserer Berichterstattung über den Prüfbericht des LRH verfolgt hat, ahnt es bereits. Auch hier waren die Prüfer aus Speyer mit der Geschäftsführung nicht zufrieden. Im trockenen Fachdeutsch des LRH heisst das dann: “bei zukünftigen Bilanzierungen ist eine ordnungsgemäße Ermittlung der Überstundenrückstellungen sicherzustellen”.
Überstundenrückstellungen erstmals für 2014
Um das Ergebnis vorweg zu nehmen. Die Gewobau hat die entsprechende Prüfungsfeststellung akzeptiert: “Zukünftig werde darauf geachtet, dass Mitarbeiter per Jahreswechsel keine Minusstunden haben” lautet das entsprechende Zitat unter der Angabe “Äußerung der Geschäftsführung”. Um das zu verstehen muß man entweder Bilanzbuchhalter sein. Oder auch die nachstehenden Zeilen lesen. Erstmals in der Bilanz für 2014 hat die Gewobau laut LRH Überstundenrückstellungen gebildet.
Ausstehende Vergütung
Dies hätte schon vorher erfolgen müssen, wenn zum Ende eines Geschäftsjahres nicht alle Urlaubsansprüche abgebaut oder Überstunden und Mehrarbeitsstunden auf den Arbeitszeitkonten der Mitarbeiter vorhanden waren. Der jeweilige Mitarbeiter hat mit seinen Überstunden nämlich eine Arbeitsleistung erbracht, die bis zum Jahresende nicht in irgendeiner Form vergütet wurde. Und das muß im Jahresabschluß von Firmen erkennbar sein.
Verstoss gegen das Handelsgesetzbuch
Für das Jahr 2015 waren das bei der Gewobau 5.873 Euro. Auch diesen vergleichsweise kleinen Betrag hat sich der Rechnungshof angeschaut. Und einen Fehler entdeckt. “Bei der Ermittlung des Betrags wurden Gleitzeitüberhänge von Mitarbeitern mit “negativen Stunden” anderer Mitarbeiter verrechnet”. Ein klarer Verstoss gegen die einschlägigen Vorschriften im Handelsgesetzbuch.
Keine ordnungsmäßige Buchführung
“Eine derartige Verrechnung steht nicht im Einklang mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB)”, stellt der Landesrechnungshof daher fest. Nach HGB dürfen nicht realisierte Gewinne nicht ausgewiesen werden und nicht realisierte Verluste müssen ausgewiesen werden. Geschäftsführer, die GmbH-Bilanzen unterschreiben, bestätigen damit die Einhaltung der HGB-Vorschriften.
Ebenfalls geschwärzt
Deren Beachtung sollte für Steuerberater eine Selbstverständlichkeit sein. Auch wenn es Arbeit macht bei solchen Positionen im Rahmen der Abschlußarbeiten nachzufragen. Das ist in diesem Fall nicht geschehen und erst vom LRH aufgedeckt worden. Und auch dieser Punkt, in dem eine Fehlleistung der Geschäftsführung beschrieben ist, wurde natürlich in der an die Stadtratsfraktionen verteilten Fassung geschwärzt.
Seeger verantwortlich
Wessen Datenschutzbelange sind berührt, wenn der LRH die Bestimmungen im HGB zu “Gleitzeitüberhängen” zitiert? Natürlich Keine. Wer ist angesprochen, wenn Verstösse gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung aufgedeckt werden? Natürlich Karl-Heinz Seeger, der als Gewobau-Geschäftsführer bezahlt wird. Warum möchte die Oberbürgermeisterin nicht, dass derartige Fakten bekannt werden?
“Geschwärzt um zu vertuschen”
Weil jetzt jeder fragt, wieso Dr. Kaster-Meurer als Aufsichtsratsvorsitzende all das zugelassen hat. “Überwiegend wurde geschwärzt, um den Geschäftsführer betreffende Sachverhalte zu vertuschen”, hat Wilhelm Zimmerlin erkannt. Das BüFEP-Stadtratsmitglied hatte mit seiner Beharrlichkeit die öffentliche Wahrnehmung der Mißstände bei der Gewobau überhaupt erst ermöglicht.
Lesen Sie zum Thema auch auf dieser Seite:
25.04.19 – “Zimmerlin thematisiert Regress gegen Ex-Geschäftsführer der Gewobau”
25.04.19 – “Die Gewobau sucht ein Leck – wieder einmal”
24.04.19 – “Aufgespiesst: Gewobau lädt “an einem Freitagabend” für Donnerstagnachmittag ein”
20.04.19 – “Ausreißer kostet die Gewobau 5.000 Euro”
19.04.19 – “Gewobau: CDU und Grüne unterstützen Aufklärungsantrag von BüFEP/Faire Liste”
19.04.19 – “Aufgespiesst: biologische Gefahr für die Gewobau?”
18.04.19 – “Seeger belastet Dr. Kaster-Meurer”
18.04.19 – “Prüfungbericht Gewobau: auf Schwärzung folgt Weißung”
18.04.19 – “Meinung: der Fall Seeger – beim Versuch weißzuwaschen angeschwärzt”
17.04.19 – “Gewobau zahlte 8.000 Euro für Seegers Geschäftsführerberatung”
16.04.19 – “Gewobau-Barkasse: unterversichert, ungeprüft und ohne Kassensturzfähigkeit”
16.04.19 – “Meinung: Datenschutz mißbraucht als Deckmantel für Rechtsbrüche und Täuschung”
15.04.19 – “Landesrechnungshof: Gewobau-E-Bikes nutzen oder abschaffen”
15.04.19 – “Meinung: einen fetten SUV fahren und Klimaschutz predigen?”
14.04.19 – “Ersatzansprüche gegenüber dem Geschäftsführer sind unverzüglich zu prüfen”
13.04.19 – “Geschwärzt um zu vertuschen”
12.04.19 – “Landesrechnungshof: Gewobau zahlte 7.100 Euro für Oktoberfestbesuch”
11.04.19 – “Dr. Kaster-Meurer weiß spätestens seit dem 21. November 2016 bescheid”
10.04.19 – “Offener Rechtsbruch: Oberbürgermeisterin verweigert Antrag für Stadtratssitzung”
12.02.19 – “Dr. Kaster-Meurer lenkt ein und gibt Gewobau-Prüfbericht an Zimmerlin”
11.02.19 – “Kreistagsmitglieder informiert euch über die Gewobau!”
04.02.19 – “Meinung: Glaubt die OBin damit durchkommen zu können?”
02.02.19 – “Zimmerlin macht Druck wegen dem Prüfbericht des Landesrechnungshofes”
01.02.19 – “Koblenzer Richter blocken Gewobau ab”
31.01.19 – “Verwaltungsgericht verurteilt Dr. Kaster-Meurer”
28.01.19 – “Jetzt fordert Zimmerlin den Gewobau-Prüfbericht von der Landrätin”
23.01.19 – “Hat die OBin Einnahmen aus Nebentätigkeiten erhalten und abgeführt?”
16.01.19 – “Zimmerlin wird gegen Kaster-Meurer gewinnen”
17.07.18 – “Die OBin verweigert Transparenz”