Gastbeitrag von
Hansjörg Rehbein
Ob Winta Bereke Abraha (28) in Deutschland bleiben darf, ist derzeit ungewiss. Ihr Antrag auf Asyl ist abgelehnt, die Wiederzulassung auf die Berufung ist noch nicht entschieden. Heike Witzke drückt der jungen Frau aus Eritrea fest die Daumen. Die Afrikanerin ist ihr zur lieben Freundin geworden und gehört schon längst zur Familie. Sehr beliebt ist Winta Bereke Abraha auch bei den Bewohnern und Bewohnerinnen sowie bei den Kollegen/innen im Alten-und Pflegeheim der AWO, dem Lotte-Lemke-Haus.
Dort arbeitet sie seit Februar 2018 als Pflegehilfskraft auf der Demenzstation. Derzeit bereitet sie sich in ihrer Freizeit auf die Deutschprüfung B1 vor. Im Herbst will sie dann an der VHS Bad Kreuznach den Vorbereitungskurs zur nachträglichen Qualifikation der Berufsreife besuchen, denn dies ist die Voraussetzung für ihre angestrebte Ausbildung zur Altenpflegerin. Winta Bereke Abraha hat eine schwere Zeit hinter sich.
Als sie noch ein Kind war, flohen ihre Eltern, die als evangelische Christen verfolgt wurden, mit ihr von Eritrea zunächst nach Äthiopien. Später flohen die Eltern weiter in den Sudan und ließen Winta im Alter von sieben Jahren bei einer Pflegemutter zurück. 2015 floh Winta über die Türkei und die Balkanroute, Österreich und Passau nach Deutschland und war dort zunächst drei Monate in einem Flüchtlingslager in Freiburg, danach sechs Wochen in Trier bis sie im März 2016 nach Altenbamberg kam.
Dort in der Flüchtlingsunterkunft lernte sie Heike Witzke kennen, die als ehrenamtliche Helferin einen Nähkurs gab. Nach dem Integrations- und Sprachkurs absolvierte Winta bei den Maltesern erfolgreich einen Lehrgang zur Pflegediensthelferin und Betreuungsassistentin. Die Arbeit im Altenheim bereitet ihr viel Freude. „Ich will als Dank für die große Hilfe, die ich selbst erfahren habe, etwas zurückgeben.“
Die körperliche Kraft, für die zum Teil sehr schwere Arbeit bei der Pflege, holt sich die zierliche Frau im Fitness-Studio. Die Kolleginnen und Kollegen auf der Station sind froh „dass wir sie haben“, sagt Altenpfleger Robin Krüger. „Sie kann sich sehr gut in die alten Menschen hineinversetzen und geht liebevoll mit ihnen um.“ Nicht nur Heike Witzke und ihre Familie halfen bzw. helfen ihr. Zunächst war die Suche nach einer Wohnung nicht von Erfolg gekrönt.
Für acht Wochen konnte Winta Bereke Abraha bei Ehepaar Rosi und Reinhard Brücher in Altenbamberg wohnen. Mit Hilfe von Martina Schleich, die im Sozialamt der Stadt für die Betreuung von Asylbewerbern zuständig ist, wurde in Bad Kreuznach eine kleine Ein-Zimmer-Wohnung gefunden. Dort ist auch Familie Witzke ständig zu Gast, etwa beim christlich-orthodoxen Weihnachtsfest, das am 7. Januar gefeiert wird.
Zu essen gibt es dann immer die Spezialität „Injera“, ein Fladenbrot aus gesäuertem Teig, das die Konsistenz „zwischen Pfannkuchen und Brot hat“, so Heike Witzke. Dazu werden verschiedene Saucen und Gemüse gereicht. Eine Besonderheit ist auch die eritreische Kaffeezeremonie.
In einem Fachgeschäft in Frankfurt werden rohe Kaffeebohnen gekauft, diese in der Pfanne selbst geröstet, dann gemahlen und anschließend mehrmals aufgekocht.
„Das ist wunderbarer Duft und unvergleichbarer Geschmack!“ Winta Bereke hat noch eine familiäre Verbindung zur alten Heimat. Dort lebt ihre acht Jahre alte Tochter Christina. Ihr sehnlichster Wunsch ist, in Bad Kreuznach bleiben zu dürfen und ihr Kind in die neue Heimat nachzuholen.
Foto: Hansjörg Rehbein