Für Wilhelm Zimmerlins Antrag stimmten gestern am späten Nachmittag 15 Stadtratsmitglieder. 14 von der SPD (inklusive Oberbürgermeisterin) und den Linken votierten dagegen. Zwei Drittel wären nötig gewesen, um die Blockade von Dr. Heike Kaster-Meurer zu überstimmen. Aber die symoblische Bedeutung der einfachen Mehrheit für Aufklärung reicht über den Kommunalwahltermin hinaus.
Mehrheit gegen Vertuschung
Denn über viele Fraktionsgrenzen hinweg hat sich hinter den Kulissen die Einsicht durchgesetzt, dass eine weitere Vertuschung im Fall Gewobau verhindert werden muß. Zimmerlin hatte seinen Antrag umfangreich begründet. Kurz zusammengefasst geht es ihm darum, dass der Stadtrat als Eigentümervertreter die vom Landesrechnungshof dokumentierten Mißstände diskutiert und Konsequenzen zieht.
Weil es leider nicht selbstverständlich ist, muß es erwähnt werden: der BüFEP-Stadtrat (stehend links neben Fraktionskollege Peter Steinbrecher) konnte ohne Unterbrechungen oder Zwischenrufe argumentieren. Anders als drei Bürger, die sich anschließend in der Einwohnerfragestunde zum selben Thema zu Wort meldeten. Den Anfang machte Reinhard Nühlen. Ihm half die Oberbürgermeisterin höchstpersönlich bei der Einstellung des Mikrophons.
Anschließend sprach er den von der Gewobau dem Landesrechnungshof mitgeteilten Schaden in Höhe von 50.000 Euro an. Der war aufgrund eines Informationsversäumnisses der Stadtverwaltung entstanden (diese Seite berichtete am 18.4.19 unter der Überschrift “Seeger belastet Dr. Kaster-Meurer”). Nühlen wollte wissen, ob die Oberbürgermeisterin diesen Schaden, wie vom Landesrechnungshof angeregt, der kommunalen Eigenschadenversicherung gemeldet habe.
Gewobau machte Schaden nicht geltend
Dr. Kaster-Meurer verneinte dies. Ihre Erklärung: “Die Gewobau hat den Schaden bei der Stadt nicht geltend gemacht”. Schon die Nachfrage Nühlens, warum die OBin als Gewobau-Aufsichtsratsvorsitzende dafür nicht gesorgt habe, führte zu Gemurre aus Reihen der SPD-Fraktion. “Wenn es so einfach gewesen wäre” widersprach die OBin Nühlen. Die offenbar komplizierten Details blieben unklar. Nühlen darf aber auf schriftliche Aufklärung hoffen.
Als zweiter Bürger meldet sich Gerd Cremer zu Wort. Als pensionierter Regierungsangestellter aus dem Innenministerium warf er vor dem Hintergrund seines beruflichen Fachwissens die Frage auf, wieso die Gewobau einen Hinweis auf Zuschüsse aus Steuermitteln schwärzen ließ. Er sprach damit beispielhaft Seite 56 des Prüfberichtes an. Dort hatte die Gewobau unter dem Vorwand Mitarbeiter zu schützen, die Fußnote mit der Angabe “1,69 Millionen Euro” schwärzen lassen.
Für Cremer ein Unding. “Das ist öffentliches Geld, das steht im Landeshaushalt – das darf nicht verdunkelt werden” (die ungeschwärzte Fassung ist am Artikelende eingestellt). Auch er wurde aus den Reihen der SPD mit Zwischenrufen gestört. Seine Antwort erhält Gerd Cremer auf dem Postweg. Als dritter Fragesteller trat Rolf Bühring ans Mikrophon.
Er hatte bereits im Sommer 2018 bei der Oberbürgermeisterin Einsicht in den Prüfbericht des Landerechnungshofes beantragt. Und war abgewiesen worden. Sein Widerspruch führte zunächst zu einer Ladung vor dem Stadtrechtsausschuß im August 2018. Die wurde kurzfristig abgesagt. Und erst im Februar 2019 hörte Bühring wieder etwas vom Rechtsamt.
Warten auf den Ausschußtermin
Er wollte gestern von der Oberbürgermeisterin, die auch Vorsitzende des Stadtrechtsausschusses ist, wissen, warum es vom August 2018 bis zum Mai 2019 dauern mußte, bis sein Widerspruch verhandelt wird. Diese Frage werde schriftlich beantwortet, sicherte ihm Dr. Kaster-Meurer zu. Schon dieser erste Teil seiner Frage wurde durch Zwischenrufe u.a. der SPD-Stadträte Meurer und Pörksen unterbrochen.
Bühring setzte sich durch
Ohne dass die Oberbürgermeisterin als Sitzungsleiterin eingriff. Aber der Logistikfachmann Bühring ist es beruflich gewohnt sich durchzusetzen und war daher in der Lage, sich verbal gegen die Zwischenrufer zu behaupten. In seiner zweiten Frage zeichnete Bühring zunächst den Zeitablauf der Gewobau-Prüfung nach.
Antwort kommt per Post
Die mündliche Erstinformation der Oberbürgermeisterin im November 2016. Der schriftlichen Vorbericht vom Mai 2017 und schließlich den Prüfbericht vom November 2017. Bührings Frage: warum ist nach 2 Jahren und fünf Monaten noch immer so wenig klar? Auch ihm kündigte Dr. Kaster-Meurer eine Antwort in Papierform an.
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18.04.19 – “Seeger belastet Dr. Kaster-Meurer”
18.04.19 – “Prüfungbericht Gewobau: auf Schwärzung folgt Weißung”
18.04.19 – “Meinung: der Fall Seeger – beim Versuch weißzuwaschen angeschwärzt”
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