Im Jahr 2009 wurde der Bau eingestellt. Seit dem zieht es sich. Unterbrochen von Kleinprojekten des Eigentümers, Anzeigen von Nachbarn und Verfügungen des Bauamtes. Vor den Stadtrechtsausschuß kam die Sache, weil die Stadtverwaltung vor einigen Monaten Zwangsgelder von zusammen 24.000 Euro verhängt hat. Gegen die hat der Bauherr Widerspruch eingelegt.
Sanierung aus dem Ruder gelaufenen
Unter der einfühlsamen Leitung der Stadtrechtsdirektorin Heiderose Häußermann wurde gestern die komplexe Entwicklung einer vollkommen aus dem Ruder gelaufenen Einfamilienhaussanierung aufgearbeitet. Es fanden Kontrollbesuche statt. Fotodokumentationen wurden erstellt. Die von der Bauaufsicht gerügten Verstösse sind vielfältig.
Unzählige Mängel
Die Grenzmauer: zu hoch. Die Kellerfenster: zu groß. Ein Lichtschacht: zu sichern. Die Treppe ins Dachgeschoß: ohne Tragfähigkeitsnachweis. Der Balkon: zu nah am Nachbargrundstück. Pergola und Holzeinfriedung: zu entfernen. Wild gelagertes Baumaterial: ebenfalls. Statik: fehlt. Bauantrag: auch. Schon diese – unvollständige – Auflistung macht deutlich: die Kritik der Bauverwaltung mußte nicht an langen Haaren herbeigezogen werden.
Filmreife Begründung
Der Eigentümer zeigte sich daher auch zum Teil selbstkritisch. Seine Erklärung für den Planungsstillstand seit 2018 ist filmreif. Der beauftragte Bauingenieur habe die Stressgespräche mit der Bauverwaltung über Auflagen und Vorschriften nicht verkraftet: “Der Planer ist weinend davongelaufen”. Da mußten Benedikt Blanz und Jens Hoffmann vom Stadtbauamt, die beide mit dem Planer nichts zu tun hatten, schon schlucken.
Häußermann geduldig
Und der Bauherr setzte noch einen drauf. Es sei ihm über Monate nicht möglich gewesen einen neuen Architekten zu finden. Keiner wolle in die verfahrene Situation einsteigen. Die Stadtrechtsdirektorin hatte sich erkennbar gut auf den Fall vorbereitet. Häußermann griff die Aussage des Hausbesitzers, er wolle sein Geld lieber für Baumaßnahmen als für Strafzahlungen ausgeben, auf. Geduldig und von immer neuen Erklärungen und Relativierungen des Bauherren unterbrochen, lenkte sie die Aussprache auf einen konkreten Lösungvorschlag.
Bauantrag in sechs Monaten
Der sieht so aus, dass der Eigentümer in längstens drei Monaten die Beauftragung eines neuen Planers nachweisen und in spätestens sechs Monaten einen formkorrekten Bauantrag zu stellen hat. Die bei Einhaltung der einschlägigen Vorschriften in Aussicht gestellte Baugenehmigung wird spätestens drei Monate danach ausgestellt. Und ab dem Tag des Erhaltes hat der Bauherr dann sechs Monate Zeit das Bauvorhaben zu Ende zu bringen.
Großzügige Fristen
Dieser angesichts des bisherigen Baustillstandes sehr großzügige Zeitplan ist an harte Bedingungen geknüpft. Versäumt der Bauherr eine der Fristen, gehen die auf 19.000 Euro verringerten Zwangsgelder in die gestern auf Widerruf ausgesetzte Vollstreckung. Blanz und Hoffmann wiesen insbesondere auf das Risiko hin, dass ein fehlerhafter oder unvollständiger Bauantrag (kommt häufiger vor) vorgelegt wird und damit das Zeitlimit verpasst wird.
“Blanz und Hoffmann wollen nichts Böses”
Als der Bauherr darin wieder eine Gängelung durch die Verwaltung erkennen wollte, redet ihm die Stadtrechtsdirektorin mit klaren Worten ins Gewissen: “Herr Blanz und Herr Hoffmann versuchen Ihnen zu helfen, wollen nichts Böses”. Wie weit weg eine bautechnische Lösung noch ist, wurde bei einem von Benedikt Blanz nachgefragten Detail deutlich. Auf seiner To-do-Liste hatte der Bauherr auch das Aufgraben einer Gartenteilfläche angeführt.
Erdwärme wärmt nicht
Hintergrund der von ihm auf “14 Tage” bezifferten Anstrengung: die dort vor Jahren verlegten Geothermie-Kollektoren müßten noch richtig gedämmt werden. “Sie haben also einen Erdwärmespeicher, der keine Erdwärme speichern kann”, fasste der Leiter der Bauaufsicht sichtlich betroffen zusammen. Und allen anderen Anwesenden war klar: selbst das ist nur eines der vergleichsweise kleineren Probleme.