“Wir sind hier, wir sind laut, weil man unsere Zukunft klaut”

Jetzt darf man auch in Bad Kreuznach von einer Masseninitiative sprechen: viele hundert Schüler*Innen, weitaus mehr als vor einer Woche, versammelten sich heute ab 10.30 Uhr am Bahnhof, um für sofortigen Klimaschutz zu demonstrieren.

Der Protestzug marschierte vom Europaplatz durch die Wormser und Mannheimer Strasse, über den Salinenplatz, durch die Fußgängerzone, vorbei am Kornmarkt und den Brückenhäusern zur Alten Nahebrücke.

Von dort wurde unter extra lautem Jubel um 12.32 Uhr das Entrollen eines Riesenplakates an der Kauzenburg beobachtet. Dann ging es weiter auf die Wiese vor der Pauluskirche, wo die Schlußkundgebung stattfand.

Für ein herzliches wie lautstarkes Willkommen sorgte “Desaster”. Die fünf Jungs gaben den Demonstranten schön was auf die Ohren. Bevor und nachdem einige kurze Grußadressen gesprochen wurden.

Null Probleme hatte die Polizei mit dem Demonstrationszug und der Abschlußkundgebung. Die Ordnungskräfte waren top organisiert und sorgten für einen reibungslosen Ablauf.

Neben Bannern, Schildern und Transparenten hatten einige Teilnehmer*Innen auch Trommeln und Tröten mitgebracht, um ihr Anliegen lautstark zu unterstützen.

Auch wenn einige Unverbesserliche und ewig Gestrige den Schüler*Innen noch immer unterstellen, die “fridays for future” als elegantes Schulschwänzen zu nutzen: die Wahrheit ist eine andere. Wer die Teilnehmer*Innen nach ihren Motiven fragte, erhielt heute sehr überzeugende, individuelle Antworten.

Und das erkennbare Engagement bei der Herstellung von Bannern und Plakaten belegt eine sehr hohe Motivation. Auch wenn es einem Teil der Älteren schwer fällt das anzuerkennen: die junge Generation ist viel besser informiert, als die von vor 30 oder 40 Jahren.

Sie weiß um die Komplexität gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Zusammenhänge. Und sie argumentiert hart in der Sache und viel weniger polemisch und emotional aufgeladen, als dies in früheren Jahrzehnten bei der Friedens- und Anti-AKW-Bewegung der Fall war.

Und natürlich ehrlicher und sachkundiger als die rechtsnationalen Hetzer. Die erkennbare Ausrichtung an Sachfragen hinderte die Demonstrantinnen nicht daran, plakative Slogans zu rufen:

“Hopp hopp – Kohle Stopp”, “ihr zerstört die Umwelt – nur für einen Batzen Geld” und “es gibt kein Recht auf Kohlebaggerfahren” schallten durchgängig vom Bahnhof bis zur Pauluskirche.

Auch von organisatorischen Pannen ließen sich die Schüler*Innen, die von Schulen aus dem gesamten Kreisgebiet bis von Kirn kamen, nicht aufhalten.

So nahm der Bus, der von der Hargesheimer ADS zum Bahnhof fuhr, nicht alle Demonstrationswilligen mit – weil es einfach zu viele waren. Ein großer Teil mußte in die Stadt laufen. Einige Klassen kamen fast vollständig und im Beistand ihrer Lehrpersonen.

Hinter dem Motto “wir streiken bis ihr handelt” steht eine Vielfalt von Einsichten und Positionen. Viele eint die Sorge um ihre Zukunft. “Das ist der letzte Punkt, an dem man es noch drehen kann”.

Noch nicht volljährige Teilnehmer*Innen wiesen darauf hin, dass sie derzeit mangels Wahlrecht aktuell nur wenig konkrete andere Möglichkeiten haben, um ihre Sorgen zum Ausdruck zu bringen, “obwohl wir die Generation sind, die das ausbaden muss”.

Auf der Schlußkundgebung standen statt rhetorischer ausgefeilter Ansagen einfache klare und glaubwürdige Sprachbilder im Vordergrund. “Es gab früher Schnee, wo heute Gras wächst. Und es gibt heute Wüste, wo früher Gras wuchs”.

Eine Schülerin legte nachvollziehbar lebensnah dar, welche Fehler zu Lasten der Umwelt auch sie schon gemacht hat. Sie habe aber angefangen ihren Konsum zu hinterfragen und in ihrem Alltag kleine Dinge besser zu machen.

Ihre Überzeugung fasste sie in der Aussage zusammen “Die Veränderung bewirken nicht wenige, die alles perfekt machen, sondern die grosse Masse, die einiges gut macht”.

Mit einer grösseren Zahl älterer Mitbürger*Innen nahm auch Ulrike Piechota an der Schlußkundgebung teil. “Ich bin sehr sehr stolz auf euch”, war ihre emotionale Botschaft.

Neben Musik und guten Worten gab es ergänzend zu moralischen auch leckere Stärkung für den Körper: natürlich vegan.

Auch wenn leider ein Teil der Leckereien dem akustischen Schalldruck zum Opfer und samt dem Tablett von der Lautsprecherbox fiel.

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12.03.19 – “Bettina Dickes lädt Schüler*Innen zum Klimaschutzgespräch ein”
09.03.19 – “Demokratisch wertvolles Schulschwänzen für den Klimaschutz”

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