Bis heute ist die Erhebung des Fremdenverkehrsbeitrages für 2016 noch immer nicht abgeschlossen. Die Satzung für 2018 ff wurde abgeschafft. Und die für 2017 hatte das OVG am 19.12.18 auf Antrag von Antonio Valentino für rechtswidrig erklärt und aufgehoben. Weil der Stadtkasse damit mindestens 560.000 Euro entgehen, von denen rund 191.000 Euro bereits kassiert sind, mochte die Stadtverwaltung das so nicht hinnehmen. Und brachte eine “Reparatur” ihrer Satzung auf den Weg.
OBin zählt 19 zu 17 Stimmen
Die wurde gestern Abend im Rat der Stadt in der Zählweise der Oberbürgermeisterin mit 19 Ja- (SPD, Grüne, OBin, Linke, Dr. Drumm) gegen 17 Neinstimmen (CDU, FWG u.a. ) bei 2 Enthaltungen (u.a. FDP) beschlossen. Damit werden jetzt rund 4.800 potentiell Beitragspflichtige, die zum großen Teil von ihrem “Glück” noch gar nichts wissen, Post von der GuT GmbH bekommen. Natürlich nicht vor dem 26. Mai. An dem Tag findet die Kommunalwahl statt. Würde das Ausmaß den neuen Beitragserhebungsverfahrens bekannt, könnte das zu Reaktionen in der Einwohnerschaft führen.
Kritik an rückwirkender Erhebung
Davon geht FWG-Fraktionschef Karl-Heinz Delaveaux aus. “Ich möchte den Bürgern nicht erklären müssen, dass wir erst was aufheben und dann wieder einführen”. Delaveaux ist sich sicher, dass die rückwirkende Erhebung in 2019 und 2020 für 2017 für Entsetzen beim Bürger sorgt, “wenn er rückwirkend etwas auf die Nase bekommt, was schon abgeschafft war”. Der Behauptung der Befürworter, die die Beitragseinnahmen für die Gradierwerke verwenden möchten und diese als “tourismusbezogen” hinstellen, widersprach der FWG-Mann.
Delaveaux ist Ureinwohner
“Ich bin kein Zugereister, sondern Ureinwohner und schon mit der Oma um die Gradierwerke spaziert”. Diese seien vor rund 200 Jahren zur Salz- und nicht zur Touristengewinnung gebaut worden, also für die Bad Kreuznacher und nicht für Fremde. Eröffnet hatte den Reigen der Kritiker Werner Klopfer. Er riet der Verwaltung “eine Lösung zu suchen, die endgültig ist”. Viele Leute sähen die Abgabe als “total ungerecht” und stellte für die CDU fest: “Wir sind der Auffassung, dass diese Sache jetzt beendet gehört”. Klopfer warnte davor eine neue Satzung zu beschliessen, mit der sehr viel Unmut verbunden wäre.
“Massive Gerechtigkeitslücken”
Der CDU-Fraktionschef befürchtet, dass dann “noch zwei oder drei Jahre prozessiert wird”. BüFEP-Stadtrat Wilhelm Zimmerlin, der an mehreren Fronten gegen Verwaltungswillkür kämpft, schloß sich den Beitragskrititkern mit einem Hinweis auf “massive Gerechtigkeitslücken” der aktuellen Regelung an. Er wies darauf hin, dass jene, die tatsächlich profitieren, nicht angemessen herangezogen werden. Er warf den Befürwortern vor seine Einsparungsvorschläge abzulehnen, so zu einem Defizit beizutragen und dieses dann als Argument für einen Beitrag heranzuführen.
Zimmerlin: warum keine Vorteilszonen?
Zimmerlin kritisierte, dass auf die Bildung von Vorteilszonen verzichtet wurde und so ein Friseur im Kurgebiet mit Gästen aus Fürstenhof und Kurhaus auf den Euro Umsatz den selben Beitrag zahlen muß, wie einer in Bosenheim, der im Jahresverlauf aber nie einen Touristen unter die Schere bekommt. Auf diese Argumente gingen die Beitragsbefürworter nicht ein. Jürgen Locher bügelte die Kritiker ab mit dem Hinweis “man findet immer etwas, was verkehrt ist”. Der Linken-Stadtrat erinnerte an die Ausführungen von Dr. Michael Vesper in der Stadtratssitzung am 13.12.18.
Locher: Vesper irgendwann weg
Der GuT-Geschäftsführer habe deutlich auf die schwierige Situation hingewiesen, in der sich die Gesellschaft und er befänden. Locher warnte: “Der Geschäftsführer steht im Regen, irgendwann ist er weg”. Kommentar eines von rund einem Dutzend Zuhörern: “Das muß kein Schaden für die Stadt sein”. Dr. Herbert Drumm kritisierte die Zusammenarbeit der CDU mit dem Hotel- und Gaststättenverband. Bürger müßten zahlen, was von Wirten gespart werde. Die Verwaltung hatte zur Unterstützung ihren Prozeßvertreter beim OVG, Rechtsanwalt Dr. jur. Andreas Dazert (Koblenz) beigeladen.
Dr. Dazert: keine Schwachstellen mehr
Der Fachanwalt für Verwaltungsrecht legte dar, dass das OVG zwar Antonio Valentino Recht gegeben habe. Aber nur in einem einzigen Punkt, “bei einem kleinen Fehler bei einem einzigen Vorteilssatz”. Ansonsten habe die gründliche Prüfung der Richter ergeben, dass die Satzung in Ordnung sei. “Es gibt keine Schwachstellen mehr” zeigte sich Dr. Dazert überzeugt. Daher sei der vorgeschlage Stadtratsbeschluß “ein kleiner Schritt, den Fehler zu beheben”. Damit werde erreicht, dass der Tourismusbeitrag für 2017 eingezogen werden könne.
Klopfer zweifelt Auszählung an
Nach der Abstimmung gab es wieder einmal Streit um das Ergebnis. Werner Klopfer wies darauf hin, dass neben der geschlossenen CDU-Stadtratsfraktion und der zweiköpfigen FWG-Fraktion mindestens zwei weitere Ratsmitglieder gegen die Verwaltungsvorlage gestimmt hätten und daher mehr als 17 Neinstimmen hätten gezählt werden müssen. Die Oberbürgemeisterin bestand auf ihrer Zählweise und lehnte eine zweite Abstimmung ab. Kommentar von Antonio Valentino: “wenigstens richtig zählen muss man doch können …”.
Valentino wird in aller Ruhe entscheiden
Der Inhaber vom Ponte Vecchio, der an der mehrstündigen Stadtratssitzung interessiert teilnahm, wird in den nächsten Wochen in aller Ruhe entscheiden, ob er auch gegen die neue Satzung mit einem Normenkontrollantrag vorgeht, der allen Beitragspflichtigen hilft. Oder ob er sich in der zweiten Runde darauf beschränkt einen Widerspruch einzulegen, von dem nur profitiert, wer sich seinem Musterverfahren anschliesst. Valentino hat die Abstimmung von zwei eidesfähigen Zeugen beobachten lassen. “Das protokollierte Ergebnis stimmt nicht. Die Richter werden ihren Spass haben”.