Ralph Barme hat das schon einige hundert Mal gemacht. Die Routine ist ihm bei jedem Wort und Schritt anzumerken. Die Ausgangslage ist klar: die einen wollen Holz. Der Forstamtmann möchte es für die Stadt verkaufen. “Brennholzvergabe im Forstrevier Nahe aus dem Stadtwald Bad Kreuznach” heisst der Termin, zu dem Barme am gestrigen Samstag um 11.30 Uhr rund ein Dutzend Interessenten begrüssen kann. Während andere um diese Zeit im Supermarkt noch schnell den Sonntagsbraten sichern, haben die es darauf abgesehen vor dem Mittagessen ein paar Festmeter Brennholz zu schnappen.
Davon hat Barme reichlich im Angebot. Eiche auf der Haardt, Buche im Lohrer Wald. Es sind ganze Stämme, oft sechs oder acht Meter lang, die von den Holzfällertrupps zu Poldern von rund vier bis 40 Festmeter längst der Forstwege zusammengelegt und markiert wurden. Und dorthin, mitten in den auch mittags im Winter dunken Wald, gehts dann auch gleich los. In den Fahrzeugen der Selbstwerber. Die meisten kaufen ihr Brennholz schon viele Jahre direkt beim Förster. Erfahrene Profis, die mit Truck oder SUV vorfahren.
Wer da wie die Redaktion dieser Seite einen Kleinwagen einsetzt, der selbst geteerte Feldwege nur vom Vorbeifahren auf der Bundesstrasse kennt, wird milde belächelt. Die Rückefahrzeuge der Holzfäller haben in dem durch den Regen der letzten Wochen aufgeweichten Waldwegen tiefe Spuren hinterlassen. Der erste Halt nach minutenlanger Fahrt hinein in den Wald und dem ständigen Ausweichen von Untiefen, Steinen und Holzstücken ist da ein willkommener Zwischenstopp. Das Privileg, etwas tun zu dürfen, was ohne Förster streng verboten ist, nämlich den eigenen Pkw im Stadtwald auszuführen, kann kaum genossen werden.
An den Poldern kommt Ralph Barme gleich zur Sache. Er gibt die Poldernummer, die jeweiligen Festmeter und den Preis in Euro an. Gibt es zwei oder mehr Interessenten wird nicht etwa ein höheres Preisgebot verlangt. Dann entscheidet das Los. Und gleich beim zweiten Polder tritt diese Situation ein. Zwei wollen kaufen. Barmes Methode: er dreht den Selbstwerbern den Rücken zu und nimmt einen kleinen Stein in eine seiner kräftigen Hände. Die andere bleibt leer. Dann dürfen die Interessenten eine Hand wählen.
Für die Selbstwerber ist nicht allein der Zustand der Stämme von Bedeutung. Da bietet die Stadt Qualität. Wichtig ist deren Lage im Gelände. Auch die Zu- und Abfahrt spielt eine Rolle. Denn die Selbstwerber müssen das Holz selbst abtransportieren. Also vorher zersägen. Das braucht Platz. Doch der beste Polderstandort kommt nicht in Frage, wenn die Menge nicht stimmt. Am Samstag wird schnell klar: kleine Polder bis 5 Festmeter gehen heute besser als die grossen. Über 25 Festmeter wird keiner verkauft.
Nach dem Zuschlag gehen die Käufer unterschiedlich vor. Einer macht Fotos von seinen Stämmen. Ein anderer zückt sofort eine Farbsprühdose und markiert seine Initialien. Kommentar Barme unter dem Motto “Spaß muß sein”: “da weiß der Holzdieb genau, wen er beklaut”. Diese Zeitgenossen, die aus dem Wald Holz holen ohne zu bezahlen, gibt es tatsächlich. Die stehlen zum Weiterverkauf. Aber da sie dazu einiges an technischem Gerät benötigen und grosse Transportmittel fällt das oft auf. Wer ohne Rechnung oder Überweisungsträger erwischt wird, landet vor dem Strafrichter.
Wer mit Holz heizt gehört zum bodenständigen Teil der Bevölkerung. Da zählt ein gegebenes Wort noch. Und die Kaufverträge könnten per Handschlag besiegelt werden. Aber natürlich muß auch im Wald alles seine bürokratische Ordnung haben. Also werden die Käuferdaten fein säublich schriftlich festgehalten und unterschrieben. Die Rechnung kommt per Post. 37 Euro kostet der Festmeter Eiche. Viel billiger als im Baumarkt. Aber auch viel mehr Arbeit. Nach dem Kauf haben die Selbstwerber dann ein Jahr lang Zeit ihr Holz zu holen.