Dr. Drumm: “Gipfel der Dummheit”

Beim diesjährigen Jahrmarkt hat die Stadtverwaltung eine neue Einnahmequelle aufgetan: erstmals in 2018 zahlten die Schausteller 50 Euro je Stellplatz für ihre Wohnmobile. 7.000 Euro kamen so zusammen. Und wenn im September die Ausschreibung für 2019 eröffnet wird muss jeder Bewerber 15 Euro Verwaltungsgebühr nur für die Bearbeitung blechen. Bis zu 15.000 Euro könnten da leicht zusammenkommen, da Jahr für Jahr über 1.000 Bewerbungen eingehen. Die Fragen, wann diese Verbesserungen für die Stadtkasse in welchem Ausschuss beraten wurden und ob die vorgesehene Barzahlungsmöglichkeit noch zeitgemäss ist, beschäftigten den Stadtrat in seiner Sitzung am 30.8.18 über 30 Minuten.

Finanzielle Grössenordnung: zusammen etwa 22.000 Euro. Mehreinnahmen wohlgemerkt. Zu dieser überschaubaren Summe hatten viele Ratsmitglieder etwas beitzutragen. Der Beschluss fiel dann einstimmig. Vier Tagesordnungspunkte zuvor ging es um 3 Millionen Euro Steuergeld. Das wird aus der Stadtkasse an die Gesellschaft für Beteiligungen und Parken in Bad Kreuznach gezahlt (diese Seite berichtete am 9.8.18 unter der Überschrift “3 Millionen Euro aus der Stadtkasse”) . Der Beschluss fiel nicht einstimmig. Aber diskutiert wurde kaum 10 Minuten. Eine Gesprächsminute für je rund 300.000 Euro. Diese Proportion – um so weniger Geld, um so mehr Redebedarf – hatte sich schon bei Punkt zwei der Tagesordnung angedeutet. Da stand die Wahl von Ausschussmitgliedern an.

Verzerrung des Wählervotums

Es ging also gar nicht um Geld. Eher um persönliche Spannungen. Und die bescherten dem Stadtrat die erste Sitzungsunterbrechung im Jahr 2018. 10 Minuten wurde gar nicht geredet, sondern gewartet. Denn die CDU-Fraktion hatte sich am Montag dieser Woche von der am 13.8.18 getroffenen Übereinkunft der Fraktionsvorsitzenden, der Werner Klopfer nur unter Vorbehalt zugestimmt hatte, distanziert. Anlass der christdemokratischen Verärgerung: im wichtigen Finanzausschuss sollen gemäss der Vereinbarung zwei FWGler (1,9% bei der Kommunalwahl) aber nur 5 CDUler (32,2%) sitzen. Aber weniger diese krasse Verzerrung des Wählervotums störte die Christdemokraten. Ausgerechnet die beiden jetzigen FWGler waren bis vor wenigen Monaten zweitweise Mitglieder der CDU-Fraktion, trennten sich im Streit und haben nun im Ausschuss relativ mehr zu sagen, als die vielköpfige Truppe der von ihnen verlassenen.

“es kotzt mich an”

Der CDU-Fraktionschef warf der Oberbürgermeisterin vor es versäumt zu haben eine Einigung zu finden, “die uns davon abhält die Ausschüsse neu zu wählen” und schlug eine Verschiebung der Wahl in die Septembersitzung vor. Durch einen Einwurf von Karl-Heinz Delaveaux (FWG) provoziert legte Klopfer dann nach: “Dieses Verfahren ist sonderlich, um nicht zu sagen rechtswidrig”. Das wiederum erregte Widerspruch mehrerer Ratsmitglieder. “Es kotzt mich langsam an, ich komme mir vor wie im Kindergarten”, drückte Peter Steinbrecher (Faire Liste) seine Verärgerung aus. Es sei unsäglich, “was wir hier tun”, “ein Witz, was hier passiert”. Auch Hermann Bläsius von den Grünen sah sich den Stadtrat “lächerlich machen”. Er lehnte den Vertagungsvorschlag der CDU rundheraus ab.

“Befindlichkeiten”

Dabei wurde er von Andreas Henschel unterstützt. Der SPD-Fraktionschef sprach immerhin an, dass das Vorgehen, das allen einen Kompromiss aufgezwungen hatte, auch etwas mit Demokratie und Moral zu tun habe – und ließ mit diesem Hinweis durchaus Verständnis für die Kritik am Missverhältnis zwischen Wahlergebnis und Ausschusssitzen erkennen. Dr. Herbert Drumm (früher CDU, dann Bürgerliste, jetzt Freie Fraktion) stellte fest, “hier geht es nicht um das Wohl der Stadt, sondern um die Befindlichkeiten von 2 oder 3 Personen” und bezeichnete die von der CDU angedrohte Abkehr vom gemeinsamen Wahlvorschlag als “Gipfel der Dummheit”. Ausser den Christdemokraten wollten erklärtermassen alle am gemeinsamen Wahlvorschlag festhalten (über die Hintergründe berichtete diese Seite am 10.8.18 unter der Überschrift “Schon wieder: Neubesetzung der Ausschüsse”).

CDU kleinlaut

Eine Verschiebung wurde mehrheitlich abgelehnt und auf einer Ausschusswahl, nötigenfalls unter dem Motto “alle gegen die CDU”, bestanden. Angesichts dieser Konfrontationssituation beantragte die CDU dann die Sitzungsunterbrechung. Und aus der kamen die Schwarzen recht kleinlaut zurück. Ohne weitere Diskussionen wurde so verfahren, wie von der Verwaltung vorgeschlagen. Mit Stimmen aus der CDU. Auf den gut gefüllten Zuhörerstühlen führte das zu Kommentaren wie “Sturm im Wasserglas” und “unnötig wie ein Kropf”.