200 BürgerInnen am Montagabend im Markuszentrum. Das Fazit vorab: die von Dr. Heike Kaster-Meurer geführte Verwaltung hat am Problem perfekt vorbeigeplant. Die Arbeitsthese der Verwaltung war: Fremdparker aus dem Gewerbegebiet General Rose nehmen den Einheimischen im angrenzenden Wohngebiet tagsüber die Parkplätze weg. Lösungsvorschlag der Planer: von 7 Uhr bis 20 Uhr Anwohnerparken mit 2 Std Parkscheibenparkrecht für Fremde. Die grosse Mehrheit der Betroffenen aber will davon nichts wissen, sondern ist wie ein Bürger aus dem Korellengarten es aussprach “absolut gegen das Anwohnerparken”. Denn “tagsüber sind immer irgendwo hier Parkplätze frei – aber nachts nicht”.
Die Zusammenfassung einer Anwohnerin löste entspannendes Lachen aus: “Die Verwaltung plant die Lösung eines Problems, dass die Anwohner so gar nicht haben”. Die Lebenserfahrung der BewohnerInnen vor Ort widerlegt die Theorie aus den Verwaltungsbüros. Und nicht nur das. Die BürgerInnen hatten auch Lösungen mitgebracht und präsentierten den verdutzten Verwaltungsleuten, wie mit wenig Geld und einfachen Mitteln Abhilfe möglich ist. Allein in der Matthias-Grünewald- und der Holbeinstrasse können, so legten es mehrere Anwohner nachvollziehbar dar, bis zu 44 Parkplätze zusätzlich geschaffen werden “ohne dass auch nur ein Baum gefällt werden muss”. Allein durch die Umwandlung von “Unkraut”- in Parkflächen. Der verzweifelte Hinweis der Verwaltungschefin auf die ökologische Bedeutung von Spontanvegetation (das ist das neue Verwaltungsdeutsch für Unkräuter) wurde von der Bürgerversammlung mit schallendem Gelächter quittiert.
Zweiter Lösungsansatz aus der Bevölkerung: die Parkflächen besser markieren, so dass platzverschwendendes Parken reduziert wird. Und auch ein Teil der Bewohner selbst könnte durch weniger Bequemlichkeit zur Lösung beitragen. Denn den Nachbarn einiger Garagenbesitzer ist aufgefallen, dass diese sich das Auf- und Zumachen sparen und statt in ihrem Eigentum auf den öffentlichen Stellplätzen parken. “Egoistisch und unsozial”, wie eine Mieterin anmerkte. Angesichts dieser Argumente und Hinweise lenkte die Oberbürgermeisterin ein und sagte zu, die Verwaltung werde prüfen, wo im Quartier auf Grundstücken der Stadt oder der Gewobau zusätzliche Stellflächen eingerichtet werden können.
Noch deutlicher als in der Anwohnerversammlung des Quartiers zwischen Alzeyer, Bosenheimer, Mannheimer Strasse und Steinkaut am 21.8.18 wurde im Markuszentrum das Ordnungsamt für seine Untätigkeit kritisiert. Wenn auf Grünflächen oder im Halteverbot geparkt wird, “fährt das Ordnungsamt ungerührt vorbei, die interessiert das gar nicht”, hatte ein Anwohner beobachtet. Ein anderer berichtete von Anrufen beim anwesenden Rudi Beiser, die ohne Reaktion blieben: “da tat sich nichts”. Ein weiterer Bewohner erzählte von einem Drohbrief des Ordnungsamtes mit Ankündigung eines 1.000-Euro-Bussgeldes an eine ältere Nachbarin, weil diese Löwenzahn auf ihrem Grundstück habe wuchern lassen. Die städtische Dienststelle habe zum Beweis ein Foto beigelegt. Gleich nebendran hatten Anwohner ein abgemeldetes Schrottauto gemeldet: “und da passierte nichts”. Frustrierte und mit viel Applaus bedachte Zusammenfassung: “Das Ordnungsamt funktioniert nicht”.
Ob die Oberbürgermeisterin noch etwas vor oder einfach nur keinen Bock mehr auf ihre Kritiker hatte? Schon 55 Minuten nach Eröffnung, noch sechs Minuten schneller als eine Woche zuvor, mahnte sie zum ersten Mal ein Meinungsbild an. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht einmal die Hälfte der BürgerInnen, die darum gebeten hatten, zu Wort gekommen. Entsprechend gross war das Unverständnis. Einige RednerInnen flüchteten sich angesichts des anfangs anhaltendes Werbens der Verwaltungschefin für den Verwaltungsvorschlag in blanke Ironie: “Schafft eure Autos ab, dann braucht ihr keine Parkplätze” riet ein verzweifelter Anwohner seinen Leidensgenossen. Und viel Klatschen erntete ein anderer mit dem an die Oberbürgermeisterin gerichteten Hinweis, “es ist doch blauäugig zu glauben, dass die Leute alle mit dem Hubschrauber einfliegen”.
Problem Justizzentrum
Massive Kritik von einigen RednerInnen wurde an dem Umstand geübt, dass das Land Rheinland-Pfalz beim neuen Justizzentrum für 240 MitarbeiterInnen und bis zu 300 Besucher (Anwälte, Zeugen, Gutachter, Parteien, ZuschauerInnen) nur 160 Stellplätze gebaut habe. Ein offenbar sachkundiger Anwohner nahm die Justizbediensteten in Schutz. Diese hätten sogar Parkplätze für ihre Autos angemietet und parkten daher nicht im Wohngebiet: “Anwälte und andere allerdings schon”. Auch die Stadt bekam ihr Fett weg. Denn auf dem Grundstück ihrer Kita stünden bei weitem nicht genügend Stellflächen für die Mitarbeiterinnen zur Verfügung. Als diese Tatsache von der stellvertretenden Bauamtsleiterin Talke Herrmann mit dem Hinweis auf Landesgesetze entschuldigt wurde, die nicht mehr Stellplätze erzwingen, löste dies fassungsloses Schweigen aus: “aber keiner verbietet der Stadt doch mehr Plätze zu bauen, als sie muss …” flüsterte eine Anwohnerin verärgert.
“nächstes Jahr noch einmal”
Nach eineinhalb Stunden wollte Dr. Heike Kaster-Meuer erkennbar endgültig nicht mehr. Sehr widerwillig fragte sie noch eine letzte Runde an Wortmeldungen ab, um dann ihren Vorschlag des “qualifizierten Anwohnerparkens mit Parkscheibenregelung” zur Abstimmung zu bringen. Nicht einmal 10 Prozent der Hände gingen hoch. “Das sind ja nicht so viele” stellte die Verwaltungschefin konsterniert fest, um dann auf den Mehrheitskurs umzuschwenken: “Jeder ist aufgerufen was Sie noch anbieten können an Parkraum zu melden”. Die Verwaltung werde jetzt die Vorschläge der Anwohner prüfen und “nächstes Jahr noch mal auf Sie zukommen”. Das empfanden nicht wenige als eine Drohung.