Heiss, kontrovers und ergebnislos

Schon bevor die Bürgerversammlung begann gingen die ersten wieder nach Hause: der grosse Saal im Feuerwehrhaus platzte aus allen Nähten. Weit über 100 Anwohner aus dem Quartier zwischen Bosenheimer, Alzeyer, Mannheimer Strasse und Steinkaut wollten ihre Meinung zum Anwohnerparken sagen. Die Stadt hatte dieses Bedürfnis krass unterschätzt und zu den Stühlen Tische aufstellen lassen. So entstand die kuriose Situation, dass zwar genügend Stühle gestapelt bereitstanden, aber nicht genug Platz zum Aufstellen war. Und auf die Idee, einen Teil der Tische wieder abzuschlagen, kamen die Verwaltungsleute nicht.

Wer trotz Enge und Hitze im Saal blieb wurde einmal mehr Zeuge, wie negativ die Planungen der Verwaltung zumindest von einem grossen Teil der BürgerInnen bewertet werden. Oberbürgermeisterin Dr. Kaster-Meurer musste sich Vorhaltungen und Vorwürfe anhören. Ihre Verteidigungsstrategie (“ich habe hier keine Karten im Spiel”) stiess bei vielen BesucherInnen auf Unverständnis. “Kein Konzept”, “nicht stimmig”, “schlechte Kommunikation”, aber auch grundsätzliche Zustimmung zum Anwohnerparken wurde zum Ausdruck gebracht. Mehrfach gerieten AnwohnerInnen mit unterschiedlichen Sichtweisen verbal aneinander.

Grund: die Verwaltung hatte sich trotz jahrelanger Vorlaufzeit nicht um die Wahrnehmung, Erfassung und Berücksichtigung der sehr unterschiedlichen Interessen im Quartier bemüht. Konsequenz: der Verwaltungsvorschlag enthielt für viele Betroffene zu wenige oder zu kleine Lösungen. Ein Interessensausgleich war nicht im Ansatz zu erkennen. Gegensätze prallten unmoderiert und ungeschützt aufeinander. Drei wesentliche Gruppen wurden in den Redebeiträgen deutlich: einmal die Bewohner, die auf ihren Grundstücken Privatparkplätze haben.

Deren Sorgen gelten ihren häufig zugestellten Ausfahrten, dem durch die Einbahnregelungen erhöhten Verkehrsaufkommen, den Durchfahrt-Problemen für Müll- und Reinigungsfahrzeuge und im Bereich Carmerstrasse/Töpferstrasse dem rücksichtslosen Parkverhalten von Veranstaltungsbesuchern der Halle (verbunden mit massiver Kritik an der Untätigkeit des Ordnungsamtes) und dem Kinderanliefer- und Abholverkehr zur Schule. Eine zweite grosse Gruppe bilden die Bewohner in den Mehrfamilienhäusern, die auf Pkw-Stellpätze im öffentlichen Verkehrsraum angewiesen sind. Diesen MitbürgerInnen werden die vorhandenen Stellplätze in grosser Zahl von Pendlern und anderen Fremdparkern streitig gemacht und verstellt. In dieser Gruppe ist die Zustimmung für das Anwohnerparken am grössten.

Eine dritte Gruppe bilden die im Viertel ansässigen Unternehmen, die sich um Parkplätze für ihre Mitarbeiter sorgen. Weil es insgesamt zu wenig Parkraum gibt sind diese Anwohner zwar auch für die Aussperrung der Pendler, aber gegen die von der Stadt vorgeschlagene Variante beim Anwohnerparken, die auch ihre Leute draussen hält. Für diese Gruppe wäre eine andere Variante des Anwohnerparkens denkbar, bei der Unternehmen für ihre Mitarbeiter Parkberechtigungen erwerben können.

Noch vor dem Ausgang und auf dem Heimweg waren die Anwohner lange miteinander im Gespräch. Zwar hatte ihnen die Oberbürgermeisterin mehrfach versprochen, “wir stellen Ihnen hier nichts vor, was morgen umgesetzt wird”. Aber das Vertrauen in die Verwaltung ist doch arg beschädigt. Und daher wurde schon darüber gefachsimpelt wie eine Neuregelung juristisch bekämpft werden kann. Eine Unternehmerin riet zur klaren Kante. Als sie sich über Regelungen beschwerte, die vor Jahren eingeführt wurden, war die Antwort des Verwaltungsmitarbeiters in 2018: “Da hätten Sie eben damals klagen müssen”. Genau das werden jetzt Betroffene tun, um nicht noch einmal von dieser Verwaltung “über den Tisch gezogen” zu werden.