Jahrmarkt: zweierlei Maß

Es ist die selbe Örtlichkeit (Pfingstwiese). Es ist der selbe Anlass (Jahrmarkt). Es sind die selben Gäste (Kreuznacher und Touristen). Es sind die selben Zelte, Strausswirtschaften, Buden und Stände. Und doch ist in den Augen der Polizei die Sicherheitslage eine vollkommen andere. Daher müssen von Freitag bis Dienstag Poller stehen und Taschen kontrolliert werden. Und donnerstags nicht. Denn es gibt doch einen entscheidenden Unterschied, den offenbar kriminelle Elemente peinlich genau beachten: freitags bis dienstags ist ganz offiziell Jahrmarkt. Am Fleischwurstdonnerstag nur inoffziell. Schwer erträglich ist der Hinweis darauf, dass am inoffiziellen Donnerstag noch nie etwas passiert ist. Denn das gilt glücklicherweise ja auch für die anderen Tage und rechtfertigt das Messen mit zweierlei Maß nicht.

Hier die Anfrage dieser Seite vom Freitag den 17.8.18 an das Polizeipräsidium Mainz:

“Anfrage Sicherheitsmassnahmen
Sehr geehrter Herr Polizeipräsident Hamm,
ab heute findet in Bad Kreuznach der Jahrmarkt statt. Offiziell. Denn schon vor Jahrzehnten hat es sich eingebürgert, dass bereits am Tag vorher ohne jede Gestattung und Genehmigung fröhlich gefeiert wird. Anfangs noch im kleinen Kreis entwickelte sich dieses “Vorglühen” schon vor Jahren zu einer Grossveranstaltung, die längst auch einen eigenen Namen hat: Fleischwurstdonnerstag (siehe https://www.allgemeine-zeitung.de/lokales/bad-kreuznach/stadt-bad-kreuznach/kreuznacher-jahrmarkt-donnerstag-ist-fleischwurst-tag_18098783).
In diesen Jahrzehnten hat sich die Sicherheitslage dramatisch verändert. Während Terroristen wie geistig Verwirrte in den siebziger und achziger Jahren noch Spitzenmanager und Politiker (Schäuble, Lafontaine) ins Visier nahmen, stehen heutzutage längst die normalen Bürgerinnen und Bürger auf den Ziellisten (Augsburg, Grafing, München, Münster, Berlin) dieser Leute. Die Sicherheitsorgane haben sich dem angepasst. Teilweise.
So wurde in Bad Kreuznach nach Darstellung der Stadtverwaltung für den Jahrmarkt, immerhin eines der grössten Volksfeste in Süddeutschland und seit fast 200 Jahren gefeiert, für 2018 ein neues Sicherheitskonzept erstellt. Ganz offiziell wurde dieses Konzept in den städtischen Gremien und schliesslich am 14.6.18 im Rat der Stadt Bad Kreuznach beraten und verabschiedet (http://www.bad-kreuznach.de/sv_bad_kreuznach/Politik%20und%20Verwaltung/Politik%20(Stadtrat%20und%20Gremien)/Sitzungen%20des%20Stadtrats/Beschlussvorlagen%20Stadtratssitzung%2014.06.2018.pdf). Die Stadtratssitzungen in Bad Kreuznach werden aufgezeichnet, so dass die Darstellung der Verantwortlichen dort jederzeit nachgehört werden kann. Wie Sie dem vorstehend beigefügten Beschluss entnehmen können sieht das Sicherheitskonzept u.a. Eingangskontrollen vor.
Leider ist es eine traurige Tatsache, dass all das, was in der am 14.6.18 beschlossenen Gefahrenabwehrverordnung festgelegt und in der Stadtratssitzung und in Presseerklärungen zu den Sicherheitsmassnahmen auf dem Bad Kreuznacher Jahrmarkt erklärt wurde, am Donnerstag den 16.8.18 zu NULL Prozent umgesetzt wurde. Insbesondere fanden
– keine Eingangskontrollen für Besucher statt
– kein einziger Poller war aufgestellt und
– es wurde keine Security eingesetzt.
Und das, obwohl weit über 10.000 Menschen bis tief in die Nacht auf der Pfingstwiese feierten.
Damit es nicht peinlich wird und Sie vor Ort in Bad Kreuznach nicht Gelächter ernten: wir haben am 16.8.18 zwischen 22 Uhr und 1.00 Uhr am 17.8.18 mit fünf eidesfähigen Personen Rundgänge auf der Pfingstwiese gemacht und die Besucher in elf Festzelten und Biergärten gezählt. Es waren über 6.500 Menschen. Dazu viele viele tausend, die als Fussgänger über den weitläufigen Festplatz unterwegs waren, sich vor Buden, Ständen und Fahrgeschäften drängten. Es war nur ein leichter Unterschied in der Publikumsfrequenz zu erkennen zu dem durchschnittlichen Besuch an einem Wochenendabend, der auch offiziell immer mit über 20.000 – 30.000 Gästen angegeben wurde und wird. Also bitte lassen Sie nicht zu, dass der Versuch der Verharmlosung durch Fälschung von Besucherzahlen unternommen wird. Es waren so viele da, die ja alle wissen, was los war, dass dieser Versuch einen erheblichen Ansehens – und Vertrauensschaden hervorrufen würde (unsere aktuelle Glosse mit Beweisfotos ist auf unserer Seite eingestellt).
Zur Berichterstattung auf der Seite tourismusbeitrag-so-nicht.de bitte ich Sie um eine Stellungnahme des Polizeipräsidium Mainz zu unseren nachstehenden Fragen:
Wie beurteilt das Polizeipräsidium Mainz unter sicherheitsrechtlichen und – politischen Gesichtspunkten die vorstehend dargelegten Tatsachen (insbesondere das vollständige Unterlassen von Eingangskontrollen, Schutzmassnahmen wie (abseits bereitstehenden!) Pollern und den Nichteinsatz von Security-Kräften) bei einem Volksfest mit mehr als 10.000 Gästen?
Zum Schutz der Veranstaltung setzte die Polizei 4 Beamte und zwei Streifenwagen ein. Einer der beiden Wagen stand am Nordeingang (Bahnübergang Brückes), der andere an der Jahrmarktsbrücke (Heidenmauer). Letzgenannter verließ gegen 23.45 Uhr den Bereich des Festgeländes. Auf dem Festgelände haben wir eine einzige Fussstreife angetroffen. Hält das Polizeipräsidium Mainz diesen Personaleinsatz zur Sicherung einer Grossveranstaltung für ausreichend und wenn nein, warum wurden dann nicht deutlich mehr Kräfte eingesetzt?
Wie erklärt das Polizeipräsidium Mainz jenen tausenden von Festgästen, die am Donnerstag den 16.8.18 nachmittags, abends und nachts ohne jede Kontrolle auf das Festgelände gelangen konnten, dass sie das selbe Gelände zum selben Zweck an den Folgetagen nur mit dem Durchlaufen – zeitaufwändiger und schon durch das Warten in der prallen Sonne auch körperlich belastender – Kontrollmaßnahmen und den in diesem Zusammenhang unvermeidlichen Schlangestehen erreichen können? Kann sich das Polizeipräsidium vorstellen, dass die Festgäste aus dieser krass abweichenden Handlungspraxis der Ordnungskräfte den Schluss ziehen, darin ein “Behördenversagen” zu erkennen und die Untätigkeit am 16.8.18 in Relation mit dem Aufwand an den Folgetagen mit der Bewertung “lächerlich” versehen?
Welchen Beitrag kann das Polizeipräsidium Mainz nach eigener Einschätzung leisten, damit sich ein sicherheitstechnisches Totalversagen beim Bad Kreuznacher Jahrmarkt, insbesondere am Fleischwurstdonnerstag, nicht noch einmal wiederholt?”
Und dies ist die Antwort der Pressestelle des Polizeipräsidiums vom 17.8.18 im Wortlaut:
“Bezüglich der von Ihnen dargestellten Abläufe zum gestrigen Donnerstagabend auf dem Gelände des Bad Kreuznacher Jahrmarktes möchte Ihnen das Polizeipräsidium Mainz in Abstimmung mit der Stadt Bad Kreuznach gerne wie folgt antworten:
Veranstalter des Jahrmarktes ist die Stadt Bad Kreuznach. Gemeinsam haben wir auch dieses Jahr erneut ein tragfähiges Sicherheitskonzept in enger Zusammenarbeit erstellt. Dieses wird jährlich lageangepasst fortgeschrieben, denn die Sicherheit bei Großveranstaltungen ist sowohl Stadt als auch der Polizei ein wichtiges Anliegen, das wir sehr ernst nehmen. Grundlage des Sicherheitskonzeptes sind dabei aktuelle Entwicklungen, die Erfahrungen aus zurückliegenden Veranstaltungen und entsprechende Gefährdungsbewertungen.
Bereits seit Montag setzt der Veranstalter Sicherheitsdienste ein, die Einfahrtskontrollen auf das Jahrmarktsgelände durchführen, so auch gestern Abend. Zudem war gestern Abend auch aus Sicherheitsgründen Security-Personal auf dem Jahrmarktsgelände eingesetzt und präsent.
Soweit es den von Ihnen wahrgenommenen Einsatz der Polizei Bad Kreuznach betrifft, orientieren sich unsere Maßnahmen an der Gefährdungsbewertung für diese Großveranstaltung. Offizieller Jahrmarktsbeginn ist der Freitag, 17.08.2018. Somit ergeben sich ab diesem Zeitpunkt andere Sicherheitsmaßnahmen des Veranstalters sowie der Polizei., als die im Vorfeld getroffenen.
Für die Sicherheitsmaßnahmen am gestrigen Abend gab es sowohl dafür, als auch insbesondere in den Jahren zuvor, keine Erkenntnisse hinsichtlich besonderer Gefahren, die einerseits eine andere Lagebeurteilung und andererseits dadurch bedingt weitergehende Sicherheitsmaßnahmen, sowohl des Veranstalters als auch der Polizei erfordert hätten.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung”.