Die neue Sicherheitsgleichung für den Jahrmarkt hat sich bestens bewährt. Weit über zehntausend Gäste feierten vom Donnerstagabend bis Freitagmorgen auf der Pfingstwiese. Mit Tüten und Taschen in allen Grössen. Es gab keinerlei Eingangskontrollen, keine Security. Und alles blieb friedlich. Der Trick der Stadtverwaltung, zunächst im Ausschuss und dann am 14. Juni 2018 im Stadtrat eine neue Gefahrenabwehrverordnung öffentlichkeitswirksam beraten und verabschieden zu lassen, ging auf.
Aus heutiger Sicht sehen die seinerzeitige emotionale Erinnerung der Oberbürgermeisterin an das 2017 an der Kontrolle einbehaltene Kronenköffcherchen der Naheweinkönigin (“schreckliche Diskussionen”) und der Warnhinweis des SPD-Fraktionsvorsitzenden (im Nebenberuf Polizeibeamter) auf Ungerechtigkeiten in den Eingangsbereichen wie eine grandiose schauspielerische Leistung aus. Kriminelle Elemente wurden mit dieser hinterlistigen Ankündigungspolitik geschickt abgeschreckt. Ganz zur Freude von Kämmerer Heinrich hat Ordnungsdezernent Schlosser so Sicherheit zum Nulltarif möglich gemacht.
Fast jedenfalls. Eine perfekte Null ist es nicht. Denn um die Illusion allgegenwärtiger staatlicher Aufsicht zu erhalten, die wohl erforderlich ist, damit der deutsche Festbesucher sich rundum sicher fühlen kann, war das Ordnungsamt am Bahnübergang Brückes auch in den Abend- und Nachtstunden augenfällig präsent. Allerdings nur, um zwischen tausenden unkontrollierten Festgästen die grüne Berechtigungskarte in den ab und zu passierenden Schausteller-Pkw in Augenschein zu nehmen. Natürlich versuchte kein einziger Unberechtigter die Zufahrt. Als clevere Abschreckungsmassnahme erwies es sich auch, die NEBEN der Jahrmarktsbrücke bereitstehenden Poller NICHT einzusetzen. Die verblüffende Logik im neuen, geheimen Sicherheitskonzept: keine Poller vor der Brücke – und der Böse macht die Mücke.
Auch die Polizei spielte mit, um die Tarnung aufrecht zu erhalten. Zwei Streifenfahrzeuge (die exakt gleiche Zahl, wie sie für die Sicherheit rund 200 russischer Fussballfans in der Kaufland-Arena bei der Übertragung des WM-Viertelfinales bereitstand) waren vor Mitternacht an den beiden Haupteingängen Brückes und Heidenmauer drapiert. Und auf dem Festgelände suchte eine Fussstreife Kontakt zu den Feiernden. Um potentielle Straftäter endgültig abzuschrecken mischten sich schliesslich die Verantwortlichen in Freizeitkleidung und erkennbar gut gelaunt mit Wurst und Wein unter das Volk.
Noch am Morgen danach fragten sich interessierte Beobachter, wo sich die zahlreichen Sicherheitskräfte so perfekt vor den Augen der Jahrmarktsgäste verborgen hatten. In den Wohnanhängern der Schausteller? In dunklen Ecken? Gar als Festgäste getarnt? Aber natürlich jederzeit bereit zuzuschlagen. Denn eines kann ja angesichts tagtäglicher Terrorwarnungen nicht möglich sein: eine Grossveranstaltung mit mehr als 10.000 Menschen, allein betreut von 4 Polizeibeamten und 2 Ordnungsamtsarbeitern. Dazu auch nach 22 Uhr massiv elektronisch verstärkte Musik ohne Genehmigung nach dem Immissionschutzgesetz. All das wäre ja vollkommen unverantwortlich und rechswidrig gewesen. Und so etwas macht unsere Stadtverwaltung natürlich nicht. Oder sollten es die örtlichen Amtsträger ebenso locker gehandhabt haben, wie in Duisburg und Berlin? Nur mit viel viel mehr Glück? Unvorstellbar^^.