Parken: neue Gebühr ohne Anhörung!

Kaum hatte dieses Seite am 3.8. exklusiv über die Pläne der Stadt zum kostenlosen Parken für E-Autos berichtet (“E-Autos: 2 Stunden kostenlos parken”) klingelte das Telefon. Die ernüchternde Nachricht: “Das ist doch schon beschildert”. Tatsächlich. Auf den Parkscheinautomaten klebt der grüne Button mit der Aussage, die E-angetriebene Kfz zu Null-Euro-Parkern macht: “Elektroautos parken gebührenfrei”.

Und das ist nicht alles. Auch die Kurzparkfunktion (12 Minuten für 20 Cent) wird heute schon angeboten. Zudem ist der neue Höchstbetrag von 2 Euro an Sonn- und Feiertagen bereits auf den Parkscheinautomaten verfügbar. Also nochmal der Blick auf die öffentliche Beschlussvorlage für die Sitzung des Planungsausschusses (PLUV) am 9.8.18 gerichtet. Haben wir uns am 3.8. schlicht verlesen? Also trotz Hitze konzentrieren.

Doch auch beim dritten Lesen steht da NICHT: “auch ohne die Anhörung der demokratisch gewählten und zuständigen Stadtrats- und Ausschussmitglieder hat die Gesellschaft für Beteiligung und Parken in Bad Kreuznach mbH in eigener Machtvollkommenheit die Neuregelungen angeordnet”. Da steht nach wie vor wörtlich: “Die Betreiberin ist an die Verwaltung mit dem Wunsch einer Neufassung der Gebührenordnung herangetreten”. Und: “Beschlussvorschlag: der PLUV empfiehlt dem Stadtrat (der am 30.8.18 tagt; Anmerkung der Redaktion) über den … Entwurf einer Neufassung der Gebührenordnung … zu beraten … und diesem zuzustimmen.” Und dick und fett obendrüber: “Anhörung”.

In der schriftlichen Begründung heisst es weiter wörtlich “neu eingeführt werden sollen …”. Sollen? Das ist doch schon geschehen. Und zwar nicht erst gestern. Schon am 17. Juli 2018 hat ein Mitglied des Team Valentino den Kurzparktarif genutzt – natürlich ohne zu wissen, dass es ihn noch gar nicht rechtmässig gibt. Die noch gar nicht beratene Neuregelung wird also seit Wochen praktiziert.

Welchen Sinn macht eine Anhörung samt Beratung und Beschlussfassung erst im Ausschuss und dann im Stadtrat, wenn die neuen Regelungen längst Realität geworden ist? Das Motto der Verwaltung scheint zu sein: erst ausschildern, dann anhören*. Sehen wir es erst mal mit Humor: diese Vorgehensweise klärt verbindlich auf, dass mit “Beteiligung” im Namen der städtischen GmbH nicht die von gewählten Ausschuss – und Stadtratsmitgliedern gemeint ist. Die der normalen Bürgerinnen und Bürger eh nicht. Und dann versuchen wir es positiv zu sehen: es ist also auch in Bad Kreuznach möglich eine Veränderung in kürzester Zeit zu bewirken.

Die Verwaltung kann offenbar gut damit leben, wenn eine vermeintliche oder tatsächliche Verbesserung vorab Realität wird – und erst danach die Formalien abgearbeitet werden. Aber leider gilt das halt immer nur dann, wenn es ums Auto geht. Oder um die Interessen der Regierenden. Beispiel 1 “Radverkehr”: da werden Haushaltsansätze beschlossen, Massnahmen aber erst verzögert ausgeführt.

Erst Selbstdarstellung, dann Infos

Beispiel 2 “Informationen auf der Stadtseite”: wenn ein Mitglied des Stadtvorstandes in seiner bezahlten Arbeitszeit seine Arbeit macht setzt ihn die städtische Pressestelle wenige Stunden später auf der Stadtseite ins Bild. Auf die Veröffentlichung von Beschlussvorlagen oder Protokollen von Sitzungen müssen ehrenamtlich tätige Bürgerinnen und Bürger oft tagelang warten.

Warten auf das Karussell

Beispiel 3 “Kinderspielgeräte”: seit 2017 fehlt das Karussell auf dem Spielplatz in Ippesheim. Trotzdem klar war, dass in diesem Bereich keine Sparauflage der ADD kommt, wurde über Monate kein Ersatz bestellt. Begründung der Verwaltung: erst muss der Etat genehmigt sein. Das wurde er Anfang Februar 2018. Trotzdem ging die Bestellung erst im April 2018 raus, nachdem diese Seite auf den Ärger und die Enttäuschung der Kinder und Eltern hinwies. Es sind diese krassen Ungleichbehandlungen, die die Bürgerinnen und Bürger an vielen Punkten frustrieren.

Regeln nur gegen Rad-Projekte?

In der Sitzung des PLUV am 12. Juni 2018 hatten sich die Mitglieder der Grünen (von anderen Fraktionen klammheimlich unterstützt) vehement dagegen verwahrt, dass von der Verwaltung in Pressegesprächen vor Ausschusssitzugen Unterlagen und Informationen weitergegeben wurden, die den ehrenamtlichen Kommunalpolitikern zur Sitzungsvorbereitung nicht zur Verfügung standen (diese Seite berichtete am 13.6.18 unter der Überschrift “Grüne gegen “Belastungsstrasse”). Was werden die Betroffenen jetzt sagen, wenn – wieder einmal – Entscheidungen fürs Autofahren vorweggenommen werden und nicht einmal formale Regeln Beachtung finden? Jene Regeln, mit denen Projekte fürs Radfahren sonst immer ausgebremst werden…

* Dieses Motto wurde ja auch im Steinweg (Achtung: Ironieschild aufgestellt) “erfolgreich” angewandt. Dort wurde erst mal ein neues Verkehrskonzept beschildert mit Einbahnregelungen und Kiss-Parkplätzen – um danach zu sehen, was dabei herauskommt: ein “Steinweg: Experiment an lebenden AnwohnerInnen”, wie diese Seite am 26.4.18 berichtete.

Die bis heute gültige Gebührenordnung im Wortlaut (Quelle: bad-kreuznach.de):

 

Gebührenordnung der Stadtverwaltung Bad Kreuznach über die Erhebung von Parkgebühren für öffentliche Parkflächen in der Stadt Bad Kreuznach vom 04.12.2015 7/9

Aufgrund des § 6 a Abs. 6 des Straßenverkehrsgesetzes vom 05.03.2003(BGBl. I S. 310, 919) zuletzt geändert durch Gesetz vom 08.06.2015 (BGBl. I S.904) sowie der Landesverordnung über die Übertragung der Ermächtigung zur Festsetzung von Parkgebühren vom 02.04.1981 (GVBl. S. 81) zuletzt geändert durch Verordnung vom 09.04.1992. (GVBl. S. 115) erlässt die Stadtverwaltung Bad Kreuznach nach Anhörung des Stadtrates vom 26.11.2015 die folgende Gebührenordnung:

§ 1
Die Parkgebühren werden wie folgt festgesetzt:

1. Zone A:
Beinde, Bourger Platz, Diakonie, Dialysezentrum, Eiermarkt, Gymnasialstraße, Hochstraße, Holzmarkt, Kaiser-Wilhelm-Straße, Kirschsteinanlage, Poststraße, Schloßplatz, Schöffenstraße, Stadthaus, Viktoriastraße, Planiger Straße auf Tagtarif:
Mo. – Fr. 08:00 – 20:00 Uhr, 30 min. 0,50 €
Sa. 08:00 – 18:00 Uhr, 30 min. 0,50 €
So. u. Feiertag 08:00 – 18:00 Uhr, 60 min. 0,50 €

Die Abrechnung erfolgt wochentags in Zeiteinheiten nach dem Maßstab von 0,50 € pro 30 Minuten.

2. Zone B:
Obere Mannheimer Straße auf Tagtarif:
Mo. – Fr. 08:00 – 20:00 Uhr, 60 min. 0,50 €
Sa. 08:00 – 18.00 Uhr, 60 min. 0,50 €
So. u. Feiertag 08:00 – 18:00 Uhr, 60 min. 0,50 €

Die Abrechnung erfolgt in Zeiteinheiten nach dem Maßstab von 0,50 € pro 60 Minuten.

3. Zone C:
Roßstraße Tag – /Nachttarif: Mo. – So. 08:00 – 08:00 Uhr, 30 min. 1,00 €

Die Abrechnung erfolgt in Zeiteinheiten nach dem Maßstab 1,00 € pro 30 Minuten. Höchstparkdauer ist auf 30 min. begrenzt.
Ausnahme an den Markttagen dienstags und freitags.

§ 2
Diese Gebührenordnung tritt am 01.01.2016 in Kraft. Zugleich tritt die Gebührenordnung vom 26.05.1993 in der Fassung vom
10.11.2005 außer Kraft