Vorsicht Trittbrettfahrer (II)

Gereon Haumann hat sofort reagiert. Der Präsident der DEHOGA Rheinland-Pfalz beantwortete noch am selben Tag den Brief seines Verbandsmitgliedes Antonio Valentino (diese Seite berichtete am 9.6.18 unter “Vorsicht Trittbrettfahrer”). Und unfreiwillig legt Haumann damit einiges darüber offen, wie er sein Amt bisher ausgefüllt hat. Obwohl in der Stadt Bad Kreuznach, in der er seit mehr als zwei Jahren ein Hotel betreibt, nur noch ein kleiner Teil der Gastronome DEHOGA-Mitglied ist, gibt er zu: er kennt Antonio Valentino gar nicht persönlich. Was sagt das denn aus über den Kontakt des Präsidenten zu seiner Basis? 

 

Alex Jacob (t) hat zugehört

Haumanns Amtsvorgänger Alex Jacob (t) ließ es sich trotz umfangreicher eigener Geschäfte, aufwändiger ehrenamtlicher Tätigkeit für Gemeinwohlzwecke und der Verantwortung als Honorarkonsul nicht nehmen, seine Mitglieder in Stadt und Kreis regelmässig zu besuchen. “Der Alex hat zugehört, der wusste, wo wen der Schuh drückt”, erinnert sich Antonio Valentino. Aber auch inhaltlich deckt die Antwort Haumanns Widersprüche auf.

 

Haumanns Widerspruch

Während Haumann in seiner Presseerklärung vom 7.6.18 noch “Bettensteuern, Kultur- und Tourismusförderabgaben oder wie auch immer die Abgaben bezeichnet werden, aus ordnungspolitischen, steuersystematischen und rechtlichen Gründen” vollständig ablehnt, nimmt er am 11.6.18 auf Vorhalt Valentinos den ab 1.7.14  im Stadtteil Bad Münster erhobenen Fremdenverkehrsbeitrag in Schutz: “Die rechtmäßige Erfüllung der Zahlung des rechtlich völlig unangefochtenen Fremdenverkehrsbeitrags in Bad Münster am Stein-Ebernburg werden Sie mir als Unternehmer sicherlich nicht vorwerfen wollen” heisst es nur vier Tage später.

 

Nutzen erkennbar

Da sich Haumann in die Niederungen der Sachpolitik nicht begibt nahm er – anders als Antonio Valentino – an der Sitzung des Finanzausschusses am 5.6.18 nicht teil. Daher verpasste er die Erklärung des GuT-Geschäftsführeres Dr. Vesper für die hohe Akzeptanz der alten und der neuen Fremdenverkehrsabgabe in dem Stadtteil, in dem Haumann sein Hotel betreibt: dort gibt es eine jahrzehntelange Prägung durch Kur und Fremdenverkehr. Und den Beitragszahlern ist aus eigener Anschauung bewusst, was mit ihrem Geld zu ihrem Nutzen getan wird. 

 

Profiteure sollen zahlen

Genau diese Situation in BME zeige ja, so Valentino, dass die pauschale und undifferenzierte Kritik an Abgaben, wie die der Haumann präsidierten DEHOGA, genau der falsche Weg ist. “Denn es gibt steuerfinanzierte werthaltige Fördermassnahmen für den Tourismus. Und es gibt Profiteure. Und die sollen nicht nur Kasse machen sondern auch zahlen. Aber doch nicht die vielen anderen Kleinbetriebe, die nichts bis wenig davon haben”.

 

5 von 6 Fragen unbeantwortet

Mit einer Ausnahme ließ Haumann die Fragen Valentinos unbeantwortet. Daher weiss der Inhaber vom “Ponte Vecchio” noch immer nicht, warum Haumann

– es nicht für nötig hielt am 23. Februar 2018 und am 23. März 2018 persönlich oder durch einen Mitarbeiter der Geschäftsstelle an den öffentlichen Sitzungen des Stadtrechtsausschusses teilzunehmen, um dadurch Informationen aus erster Hand zu erlangen,

– es seit dem November 2017 bis heute über ein halbes Jahr lang unterlassen hat, sich bei Valentino über den Stand dessen Anstregungen zu informieren oder ihn in welcher Weise auch immer zu unterstützen,

– nicht darauf hinwirkte, dass der Kreisverband der DEHOGA Bad Kreuznach bis heute weder die Mitglieder noch die Öffentlichkeit in angemessener Weise über den Fremdenverkehrsbeitrag und den Tourismusbeitrag informierte und es bis heute weder ein Musterwiderspruchsformular noch ein Musterverfahren gibt,

–  zuließ, dass es die CDU-Mittelstandsvereinigung und nicht die DEHOGA war, die die erste grosse Informationsveranstaltung zum Fremdenverkehsrbeitrag im Möbelhaus Mayer durchgeführt hat und die DEHOGA nicht dem Beispiel der MIT gefolgt ist und in den zwei Jahren danach keine Informationsveranstaltungen vor Ort angeboten hat und

– es unterließ über die DEHOGA Rheinland-Pfalz bzw den Kreisverband Bad Kreuznach vor der Beschlussfassung im Rat der Stadt am 15.10.15 konkret etwas zu tun, um diesen Stadtratsbeschluss zu verhindern bzw die krassesten Ungerechtigkeiten abzumildern.

 

Die Antwort Gereon Haumanns vom 11.6.18 auf den offenen Brief Antonio Valentinos im Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Valentino,

mir liegt Ihr offener Brief vom heutigen Tag vor. Lassen Sie mich voranstellen, dass mir sowohl als Präsident des DEHOGA Rheinland-Pfalz e. V., ebenso als Berufskollege stets an einem konstruktiven und wertschätzenden Umgang  gelegen ist. Es wird Sie deshalb  nicht überraschen, dass die Diktion Ihres Schreibens mich mehr als verwundert.

Nun zu dem Inhalt Ihres offenen Briefs:

  1. Ihre Mutmaßung, der DEHOGA Rheinland-Pfalz e. V. und / oder ich persönlich wollten an Ihrem (persönlichen) Erfolg vor dem Verwaltungsgericht „teilhaben“, ist falsch. Auch ist nicht zu ersehen, aufgrund welchen Passus in der PM vom 7.6.2018 sich dieser Eindruck für Sie ergeben haben mag.  Vorsorglich ist unsere Pressemitteilung vom 7.6.2018 diesem Schreiben im Anhang beigefügt. Richtig ist, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts die inhaltliche Kritik des DEHOGA Rheinland-Pfalz e. V. bestätigt, die unser Verband landesweit vertritt und hierzu mit den Kommunen, die nach der Neufassung des KAG hierzu Begehrlichkeiten entwickeln, in der politischen Diskussion vertritt. Ihr Erfolg vor dem Verwaltungsgericht ist Ihnen völlig unbenommen; es liegt jedoch in der Natur einer für eine Vielzahl von Bürgern geltenden Satzung, dass auch andere, an Ihrem Verfahren nicht unmittelbar Beteiligte, sich inhaltlich mit den Ausführungen und der damit dargelegten Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts befassen. Hier jetzt nach dem Motto „wer hat’s zuerst erfunden“ gegen Berufskollegen und und/oder unseren Verband zu wettern, ist – neben der inhaltlichen Falschbewertung – auch eine Frage des persönlichen Stils.
  2. Der DEHOGA Rheinland-Pfalz e. V. hat sich u. a. mit Pressemitteilung vom Januar dieses Jahres – diese ist ebenfalls diese Mail im Anhang beigefügt – landesweit gegen jedwede weitere Belastung für die Branche durch kommunale Abgaben ausgesprochen. In der Stadt Bingen konnte unser Verband in Einzelgesprächen mit den kommunalen Entscheidungsträgern und inhaltlicher Überzeugungsarbeit die Einführung der sog. „Bettensteuer“ in der Stadt Bingen mit verhindern, sowie ein klares Bekenntnis der im Stadtrat vertretenen Parteien gegen die Einführung auch sonstiger kommunaler Abgaben für die Tourismusbranche erwirken. Im Ausschuss „Tourismus“ des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz in Mainz haben wir zu diesem Thema vorgetragen und die branchenspezifischen Belange dargelegt, sowie diese für die aktuelle wirtschaftliche Lage unserer Mitgliedsbetriebe sensibilisiert.  Zudem haben wir zahlreiche Mitgliedsbetriebe in Bad Kreuznach, Trier, Speyer und anderen Städten einzelbetrieblich beraten  sowie juristisch unterstützt. Ich erlaube mir an dieser Stelle auch den Hinweis, dass es der DEHOGA Rheinland-Pfalz e. V. war, der seine Mitglieder aus Bingen und Tier in Sachen Bettensteuer bei dem erfolgreichen Rechtsweg durch alle Instanzen bis vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig unterstützt, juristisch beraten und vertreten hat. Insofern sind Sie möglicherweise  nicht umfassend über die Tätigkeiten unseres Verbandes informiert
  3. Wenn Sie die „Einführung“ eines Tourismusbeitrags im Stadtteil Bad Münster am Stein-Ebernburg „zum 1.Juli 2014..“   anführen und Ihr Unverständnis darüber ausdrücken, warum ich persönlich als Hotelier in diesem Stadtteil dann nicht gegen den Tourismusbeitrag schon wesentlich früher vorgegangen wäre, dann erlauben Sie mir hierzu folgende  Anmerkung: zum 1.7.2014 wurde im Stadtteil Bad Münster am Stein-Ebernburg nicht etwa der Tourismusbeitrag eingeführt; sondern gemäß dem Fusionsvertrag zwischen den beiden Städten Bad Kreuznach und Bad Münster am Stein-Ebernburg wurde die Fortgeltung der Fremdenverkehrsbeitragssatzung der damaligen Stadt Bad Münster am Stein-Ebernburg festgeschrieben. Die Erhebung eines Fremdenverkehrsbeitrags – in der Stadt Bad Münster am Stein-Ebernburg seinerzeit schon seit vielen Jahrzehnten geltend – basiert auf einer völlig anderen Erhebungsgrundlage, ist also nicht zu vergleichen mit der dann in 2016 von der Stadt Bad Kreuznach neu kreierten Satzung über die Erhebung des Tourismusbeitrags. Die rechtmäßige Erfüllung der Zahlung des rechtlich völlig unangefochtenen Fremdenverkehrsbeitrags in Bad Münster am Stein-Ebernburg werden Sie mir als Unternehmer sicherlich nicht vorwerfen wollen. Im Übrigen war ich zu dem damaligen Zeitpunkt noch gar nicht Inhaber des Hotels bzw. sonst in Bad Münster am Stein-Ebernburg unternehmerisch tätig.
  4. Sie empfinden die Anwendung des Vorteilssatz in der von Ihnen angefochtenen Satzung über die Erhebung des Tourismusbeitrags nicht als willkürlich und verweisen hier auf die Grundlage der Richtsatzsammlung des Bundesfinanzministerium. Hier, sehr geehrter Herr Kollege, haben wir in der Tat unterschiedliche Ansichten: die Zugrundelegung einer abstrakten Richtsatzsammlung zur Ermittlung der Leistungsfähigkeit des einzelnen Unternehmens ohne Berücksichtigung der tatsächlichen Leistungskraft halte ich  – und da bin ich nicht alleine mit meiner Überzeugung, wie ich aus den vielen Kontakten mit unseren Berufskollegen weiß- für absolut unzureichend, mithin als willkürlich.
  5. In einem Punkt haben Sie Recht: bei der betreffenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts handelt es sich, wie Sie zutreffend anmerken, um einen Beschluss, nicht um ein Urteil. Diese Korrektur wurde – obwohl so intern korrigiert – in dem digitalen Versand versehentlich nicht übernommen. Zu einer anderen inhaltlichen Wertung führt die Betitelung der Entscheidung nicht.  

Sehr geehrter Herr Valentino, ich entnehme Ihrem offenen Brief viel Kritik an meiner Person, und dies ohne dass wir beide uns überhaupt kennen. Ich möchte Sie deshalb gerne zu einem persönlichen Austausch hier in unsere Landesgeschäftsstelle einladen. Viel mehr als über den Austausch von offenen Briefen ist es doch das persönliche Gespräch, das zu einem Verständnis von inhaltlicher Haltung und Person führen kann.

Gerne höre ich hierzu von Ihnen und verbleibe mit freundlichen Grüßen Gereon Haumann Präsident des DEHOGA Rheinland-Pfalz e. V.

 

Und hier die Presseerklärung Gereon Haumanns vom 7.6.18 (nur das dieser beigefügte Haumann-Portraitfoto haben wir weggelassen^^):

DEHOGA Rheinland-Pfalz sieht sich durch jüngste Gerichtsentscheidung bestätigt Präsident Haumann: Tourismusbeitrag sofort stoppen!
Bad Kreuznach, 07.06.2018: Der DEHOGA Rheinland-Pfalz e.V. lehnt Bettensteuern, Kultur- und Tourismusförderabgaben oder wie auch immer die Abgaben bezeichnet werden, aus ordnungspolitischen, steuersystematischen und rechtlichen Gründen ab.
Präsident Gereon Haumann: „Der Stadtrat sollte der unausgegorenen Tourismusabgabe den Gar aus machen, ehe die Stadt vom Gericht nach der gelben Karte auch noch die rote Karte gezeigt bekommt!“
Die jüngste Entscheidung der Zweiten Kammer des Verwaltungsgerichts Koblenz von Ende Mai auf den Widerspruch eines Bad Kreuznacher Gastronom macht deutlich, das der Festsetzung der Beitragssätze in der Stadt jegliche Kalkulationsgrundlage fehlt. „Keiner wisse, wie die Berechnungsfaktoren für die Abgabe zustande gekommen sind. Der Vorteilssatz, mit dem der aus Tourismus entstehende Profit einer Branche dargestellt werde, sei zum Beispiel „absolut willkürlich“ am Gewinn festgelegt worden“, so Haumann. Er kritisiert zudem, dass man auch zwei Jahre nach der Einführung nicht erkennen könne, wofür das eingenommene Geld denn eingesetzt werde. „Es werden in Bad Kreuznach nur Löcher gestopft, anstatt Mehrwert zu generieren.“
Der DEHOGA Rheinland-Pfalz fordert die sofortige ersatzlose Abschaffung des Tourismusbeitrages In Bad Kreuznach.
Das Urteil des Koblenzer Verwaltungsgerichts hat entschieden, dass die Gesellschaft Gesundheit und Tourismus für Bad Kreuznach (GuT) die gegen den Gastronom festgesetzten Tourismusbeiträge nicht vollstrecken darf.
„Der Tourismusbeitrag in Bad Kreuznach enthält viele handwerkliche Fehler und ist in Zeiten höchster Gewerbesteuer-Einnahmen eine völlig überflüssige Doppelbelastung aller Unternehmer“, kritisiert Haumann.
Der Aufwand ist viel zu groß, die Berechnung viel zu kompliziert und der Ertrag viel zu gering. Es ist keine Win-win-, sondern eine Lose-lose-Situation: Das Maß bei Steuer- und Gebührenerhöhungen ist übervoll. Die Tourismusabgabe ist nur der berühmte letzte Tropfen in dem überlaufenden Fass. Eine Grenze, die von den Verantwortlichen gern übersehen oder geflissentlich ignoriert wird – weil es einfacher erscheint. Die Politik sollte sich vielmehr ernsthaft daran machen, bei den Ausgaben zu sparen statt einfallslos immer wieder die Leistungsträger der Gesellschaft zur Kasse zu bitten und mit immer neuen Belastungen zu verprellen.
Haumann abschließend: „Es reicht; Schluss mit immer neuen ‚Stress-Tests‘ für die Wirtschaft!“
Bildunterschrift: DEHOGA Präsident Gereon Haumann: Tourismusbeitrag sofort stoppen!
DEHOGA Rheinland-Pfalz e.V.
John-F.-Kennedy-Straße 15 55543 Bad Kreuznach
Präsident Gereon Haumann (Gesetzl. Vertreter V.i.S.d.P.) Tel.: 0671 / 298 32 71-32 Mobil: 0171 / 891 91 00 haumann@dehoga-rlp.de
Landesgeschäftsführung Anna Roeren-Bergs Tel.: 0671 / 298 32 71-33 Mobil: 0171 / 737 00 02 roeren-bergs@dehoga-rlp.de