Höchst willkommene Zuwanderung

Die wissenschaftliche Erkenntnis aus dem Bereich der theoretischen Physik ist schon fast 100 Jahre alt. Ihre Bedeutung bis in die letzten Strings ist selbst in Fachkreisen noch immer nicht vollständig beschrieben. Vereinfacht ausgedrückt besagt die Heisenbergsche Unschärferelation, dass die Beobachtung eines Quantensystems eine Wechselwirkung zwischen dem beobachteten System und dem Beobachter bewirkt. Eine Beeinflussung in beide Richtungen wohlgemerkt. Für uns normale Menschen stellen sich die Wirkungen von Beobachtung eher als Einbahnstrasse dar.

Etwa der optische Eindruck, den die Städtgärtner durch die Pflege öffentlicher Grundstücke erzeugen. Wenn etwa Blumenkübel bepflanzt und Grünflächen beschnitten werden, erfreut das die Passanten. Das Auge lebt eben mit. Reaktionen der Pflanzen auf die Freude der Betrachter*Innen sind nicht bekannt. Aber vielleicht bekommen wir das ja einfach nur nicht mit. Weil das, was uns einen erfreulichen Anblick verschafft, viel Geld kostet, sind Extras spärlich gesäht. Aber es gibt sie. Etwa vor dem Casinogebäude am Stadthausknoten.

Dort wertet eine Schopf-Fackellilie das Umfeld des städtischen Gebäudes, in dem sich der seit acht Jahren nicht mehr genutzte Stadtratssitzungssaal und der ebenso verwaiste Ratskeller befinden, auf. Ein höchst willkommenes Beispiel für Zuwanderung. Die Pflanze (lateinischer Name: Kniphofia uvaria) stammt nämlich aus der Kap-Provinz in Süd-Afrika. “Sie belegt ganz eindringlich, wie weltoffen es in Bad Kreuznach zugeht”, freut sich der Bosenheimer Ortsvorsteher Dr. Volker Hertel, der uns bei deren Bestimmung ausgeholfen hat.

Die von Passanten bewunderte Blume hilft dabei, über die Spontanvegetation und die Wildkräuter hinwegzusehen, die sich in anderen Bereichen vor der Schokoladenseite des Casinogebäudes breit gemacht haben. Von der Strasse aus nicht zu ist ein Anblick, der seit Wochen den Bediensteten der Stadtverwaltung zugemutet wird. Gegenüber vom verschlossenen Eingang zum Casinogebäude liegt ein vielfältiges Abfallsortiment, das auf seine ordnungsgemässe Entsorgung wartet. Mit diesem Bild gehen die Stadtverwaltungsmitarbeitenden zur Arbeit. Und danach wieder nach hause.