Bianca Steimle: “es ging mir darum ein Zeichen zu setzen”

Von Claus Jotzo

Mitten in der laufenden Stadtratssitzung am vorgestrigen Donnerstag (16.5.2024) kündigte Bianca Steimle die Fraktionsgemeinschaft mit Jürgen Locher auf (diese Seite berichtete). Der öffentlichkeitswirksame Zeitpunkt war bewußt gewählt. Das hat das am 30. Juni 2024 aus dem Amt scheidende Stadtratsmitglied auf Anfrage dieser Redaktion erklärt. Den Anlass lieferte Steimle ein Wahlaufruf von sechs Kreistagsfraktionen, den tourismusbeitrag-so-nicht.de am 14.5.2024 veröffentlicht hat. Im gemeinsamen Pressegespräch tags zuvor hatten die Vertreter*Innen von CDU, SPD, Grüne, FDP, Linke und FWG e.V. zunächst erklärt, nur die demokratischen Kräfte im Kreistag dazu eingeladen zu haben.

Um dann auf Nachfrage zu korrigieren, es seien nur jene demokratischen Kräfte eingeladen worden, die auch 2019 auf der Kommunalwahl in den Kreistag gewählt worden seien. Diese Bedingung erfüllt das erst im Januar 2024 bundesweit gegründete Bündnis Sahra Wagenkencht (BSW) nicht. Allerdings ist das BSW – anders als die Linkspartei – aktuell in Fraktionsstärke im Kreistag vertreten. Dieser widersprüchlich erscheinende Sachverhalt erklärt sich wie folgt: im Herbst 2023 sind die beiden 2019 für die Linkspartei in den Kreistag gewählten Bianca Steimle und Rainer Dhonau aus der Linkspartei aus- und Anfang 2024 in das BSW eingetreten.

Da das BSW auf Bundesebene von der Linkspartei als existentielle Bedrohung gesehen wird (die Wahlumfragen der letzten vier Monate bestätigen diese Einschätzung nachdrücklich. Hier der Wahltrend vom 17.5.2024: BSW: 6,2%, Die Linke: 3,5%), war die Linkspartei bezüglich des Wahlaufrufes daran interessiert, selbst aufzutreten und das BSW auszuschließen. Bianca Steimle erklärt dazu: “diese durchschaubar berechnende Inszenierung des Vorgangs, die entsprechenden Botschaften der geladenen Parteien im Presseartikel und der Ignoranz des faktisch im Kreistag vertretenen Bündnisses Sahra Wagenknecht als Fraktion “Vernunft und Gerechtigkeit” haben mich dazu bewogen aus der Linksfraktion im Stadtrat auszutreten.

Es ging mir darum, ein Zeichen zu setzen und meine Mitgliedschaft in der demokratisch zu wählenden Partei “BSW” in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Das BSW tritt übrigens als Liste 8 für den Kreistag bei der Kommunalwahl an (Anmerkung der Redaktion: das BSW tritt nur zur Kreistags- und nicht zur Stadtratswahl an. Auf dem Stimmzettel für die Wahlberechtigten in Bad Kreuznach bleibt daher die Liste 8 leer). Ich bin zutiefst bestürzt und beunruhigt über das unlautere Verhalten dieser im Aufruf benannten Parteien, die sich doch laut ihren Aussagen der Demokratie verschrieben haben wollen.

Ich hoffe unsere Demokratie in Deutschland setzt sich bei den anstehenden Wahlen so durch, wie wir es als Bündnis Sahra Wagenknecht halten: mit Vernunft und Gerechtigkeit und dem Vertrauen auf den Wählerwillen!” Die spezielle Situation in Kreis und Stadt Bad Kreuznach dürfte gerade für Politikwissenschaftler*Innen und Wahlvorforscher*Innen sehr interessant sein. Denn wen wählen jene Bad Kreuznacher*Innen, die das BSW nach Europa und in den Kreistag schicken, in den Stadtrat? Die Linkspartei, die zugelassen hat, dass das BSW vom Wahlaufruf ausgeschlossen wurde? Das PBK, das sich inhaltlich vom BSW distanziert hat? Oder eine der anderen zehn Parteien und Listen, die in der Stadt zur Wahl stehen?

Lesen Sie zum Thema auch auf dieser Seite:

17.05.2024 – “Bianca Steimle läßt Linken-Fraktion in der laufenden Stadtratssitzung platzen”
14.05.2024 – “CDU, SPD, FDP, Grüne, Linke und FWG e.V. rufen zur Wahlteilnahme auf”