Gericht droht Emanuel Letz 2.500 Euro Zwangsgeld an

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Claus Jotzo

Emanuel Letz (FDP) hat die Auflagen im Urteil des Verwaltungsgerichtes Koblenz vom 25. Oktober 2023 nicht vollständig erfüllt. Obwohl er vom damals erfolgreichen Kläger Wilhelm Zimmerlin (BüFEP), vertreten durch den Bad Kreuznacher Rechtsanwalt Michael Wiesner, mehrfach an die ausstehenden Informationen erinnert wurde. Nach sechs Monaten hatte Zimmerlin die ständigen Verzögerungen und Ausreden aus dem Stadthaus satt. Und beantragte daher am 23. April beim Gericht, dessen Urteil missachtet wurde, die Festsetzung eines Zwangsgeldes (diese Seite berichtete). Die Koblenzer Richter fackelten nicht lange.

Nur einen Tag, nachdem das Stadtrechtsamt einmal mehr den Versuch unternahm, die Transparenzverweigerung des Oberbürgermeisters schönzureden und zu verteidigen, gaben sie dem Zimmerlin-Antrag statt. Am 30. April beschloss die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Koblenz bestehen aus dem Vorsitzender Richter Holly, dem Richter Dr. Dawirs und der Richterin Theobald: “Dem Vollstreckungsschuldner (Anmerkung der Redaktion: dabei handelt es sich um Emanuel Letz) wird die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2.500,00 € für den Fall angedroht, dass er dem Stadtrat Bad Kreuznach nicht bis zum 16. Mai 2024” zwei Zimmerlin-Fragen beantwortet.

Die Kosten des Verfahrens wurden erneut der Stadt Bad Kreuznach aufgebürdet. Die Entscheidung samt umfangreicher Begründung wurde den Parteien am gestrigen 10. Mai 2024 schriftlich zugestellt. Spätestens mit diesem Urteil ist der Lack bei Emanuel Letz endgültig ab. Seinen Wähler*Innen hatte er 2022 Transparenz versprochen. Noch heute plappert der OB in Sonntagsreden davon. Praktisch setzt er die Informationsblockadepolitik seiner Vorgängerin ungehemmt fort. Den Stadtratsmitgliedern Wilhelm Zimmerlin (BüFEP) und Gerhard Merkelbach (Faire Liste) ist aus Bürgersicht sehr dafür zu danken, dass sie diese Unehrlichkeit des OB aufdecken und hartnäckig die Freigabe relevanter Informationen verlangen.

Und nötigenfalls bei Gericht durchsetzen. Das Urteil zeigt auch. Trotz einiger Mängel und Schwächen: unser Rechtsstaat funktioniert. Die Menschen können sich jedenfalls fast immer – und ganz anders als in den meisten anderen Ländern auf dieser Welt – auf unsere Justiz, insbesondere die Gerichte, verlassen. Es mag einiges in unserem Land und in unserer Stadt zu verbessern sein. Etwa die Arbeitsweise des OB. Aber es funktioniert vieles eben auch gut oder sogar sehr gut. Es lohnt sich für dieses System einzustehen, sich (auch kommunalpolitisch) zu engagieren und es gegen innere und äussere Feinde zu verteidigen.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichtes Koblenz vom 30.4.2024 im Wortlaut:

In dem Vollstreckungsverfahren der Fraktion Faire Liste und BÜFEP, im Stadtrat der Stadt Bad Kreuznach vertreten durch Wilhelm Zimmerlin, Mittlerer Flurweg 52, 55543 Bad Kreuznach,
– Vollstreckungsgläubigerin –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Wiesner & Riemer, Roßstr. 80, 55543 Bad Kreuznach,
g e g e n
den Herrn Oberbürgermeister der Stadt Bad Kreuznach, Emanuel Letz, Hochstraße 48, 55545 Bad Kreuznach,
– Vollstreckungsschuldner –

w e g e n Kommunalverfassungsrechts
hier: Vollstreckung

hat die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Koblenz aufgrund der Beratung vom 30. April 2024, an der teilgenommen haben Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Holly, Richter am Verwaltungsgericht Dr. Dawirs, Richterin Theobald beschlossen: Dem Vollstreckungsschuldner wird die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2.500,00 € für den Fall angedroht, dass er dem Stadtrat Bad Kreuznach nicht bis zum 16. Mai 2024 (5. Stadtratssitzung), bezogen auf den Geschäftsführer der Betriebsgesellschaft für Schwimmbäder und Nebenbetriebe mbH Bad Kreuznach (BAD), Herrn Dreesbach, schriftliche Auskunft zu folgenden Fragen erteilt:

1. Nach welchen Kriterien bzw. nach welcher Formel berechnen sich die
jeweiligen erfolgsbezogenen Vergütungen?
2. Bitte die Berechnungsergebnisse nachvollziehbar für die Jahre
2019 – 2021 darstellen.
Der Vollstreckungsschuldner trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Der gemäß § 172 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – statthafte Vollstreckungsantrag hat Erfolg. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen für eine Vollstreckung aus dem rechtskräftigen Urteil vom 25. Oktober 2023 – 2 K 20/23.KO – (Titel, Klausel und Zustellung nach Maßgabe des § 167 VwGO i.V.m. §§ 724, 750 Abs. 1 ZPO) liegen vor. Darüber hinaus liegen auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen nach § 172 VwGO vor. Hiernach steht die Zwangsvollstreckung gemäß § 172 Satz 1 VwGO unter dem Erfordernis, dass der Vollstreckungsschuldner der ihm im Titel auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt. Dies setzt eine vom Verschulden unabhängige, grundlose Säumnis voraus.

Die Zwangsgeldandrohung ist daher erst zulässig, wenn seit der Rechtskraft des Urteils eine angemessene Frist verstrichen ist, innerhalb derer es der Behörde billigerweise zugemutet werden konnte, ihrer Verpflichtung nachzukommen (st. Rspr. vgl. VG Münster, Beschluss vom 17. November 2023 – 6 M 23/23 –, juris Rn. 7; Pietzner/Möller, in: Schoch-Schneider, VwGO, § 172 Rn. 33 m.w.N.). Eine solche Säumnis liegt auch dann vor, wenn die Behörde die titulierte Verpflichtung nur unzureichend erfüllt hat. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach dem Inhalt des Vollstreckungstitels (vgl. Pietzner/Möller, a.a.O., Rn. 34 m.w.N.).

Hiernach liegt eine unzureichende Erfüllung der titulierten Verpflichtung durch den Vollstreckungsschuldner vor. Dem Vollstreckungsschuldner obliegt aufgrund des Urteils vom 25. Oktober 2023 die Verpflichtung, dem Stadtrat Bad Kreuznach bezogen auf die jeweiligen Geschäftsführer folgender Gesellschaften:

– Gesundheit und Tourismus für Bad Kreuznach GmbH (GUT)
– GEWOBAU GmbH Bad Kreuznach (GEWOBAU)
– Gesellschaft für Beteiligungen und Parken Bad Kreuznach mbH (GKG)
– Betriebsgesellschaft für Schwimmbäder und Nebenbetriebe mbH Bad Kreuznach
(BAD)
– Stadtwerke GmbH Bad Kreuznach (SWK)

schriftlich Auskunft zu folgenden Fragen zu erteilen: 1. Nach welchen Kriterien bzw. nach welcher Formel berechnen sich die jeweiligen erfolgsbezogenen Vergütungen? 2. Bitte die Berechnungsergebnisse nachvollziehbar für die Jahre 2019 – 2021 darstellen. Dieser Verpflichtung ist der Vollstreckungsschuldner bezogen auf den Geschäftsführer der Betriebsgesellschaft für Schwimmbäder und Nebenbetriebe mbH Bad Kreuznach (BAD) nur unzureichend nachgekommen, weil er hierzu keine dem gerichtlichen Tenor entsprechenden Auskünfte erteilt hat. Nach Satz 1 des gerichtlichen Tenors ist in einem ersten Schritt zunächst der Kreis der von der Auskunftspflicht betroffenen Personen zu ermitteln.

Dies sind die jeweiligen Geschäftsführer der im Tenor näher bezeichneten Gesellschaften. Dazu gehört u. a. die Betriebsgesellschaft für Schwimmbäder und Nebenbetriebe mbH Bad Kreuznach (BAD). Deren Geschäftsführer ist unstreitig Herr Dreesbach, sodass auch er grundsätzlich dem Kreis der Personen zuzurechnen ist, auf die sich die Auskunftspflicht bezieht. In einem zweiten Schritt ist sodann im Kontext der Frage 1. zu ermitteln, ob Herr Dreesbach erfolgsbezogene Vergütungen erhält. Dabei ist es unerheblich, ob er solche tatsächlich ausgezahlt erhält oder diese seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der BAD lediglich als „Verrechnungsposten“ – wie der Schuldner behauptet – zugerechnet werden.

Es versteht sich von selbst, dass gesellschaftliche Verschachtelungen und Verrechnungsmodelle innerhalb des städtischen Gesellschaftsgeflechtes nicht dazu führen können, dass sich der Schuldner der ausgeurteilten Auskunftspflicht unter Hinweis auf derartige Konstrukte (teilweise) entzieht. Die Ausführungen des Schuldners im Schriftsatz vom 29. April 2024 lassen die zu beantwortende Frage zumindest in Teilen offen. Denn darin wird lediglich mitgeteilt, Herr Dreesbach erhalte von der BAD weder ein Geschäftsführergehalt noch Tantiemen. Für seine Funktion als technischer Direktor mit Prokura erhalte er von den Stadtwerken eine Vergütung als Angestellter.

Damit ist jedoch noch nicht die Frage beantwortet, wie die als Verrechnungspositionen ausgewiesenen Beträge, die der Geschäftsführerposition der BAD zugerechnet werden, ihrerseits berechnet werden. Die Frage hiernach drängt sich insoweit auf, als der Vollstreckungsschuldner an Herrn Zimmerlin unter dem 7. Oktober 2021 zumindest für die Jahre 2019 und 2020 eine Übersicht über die Bezüge des Herrn Dreesbach in seiner Funktion als Geschäftsführer der BAD übersandt hat, aus der sich u. a. jeweils „Tantiemen für das vorangegangene Jahr“ in Höhe von 14.665,43 € bzw. 15.623,50 € ergeben.

Ungeachtet der Frage, welcher der involvierten Gesellschaften diese Beträge letztlich aufgrund welcher Verrechnungsmodelle belastet werden, bezieht sich der in dem Verfahren – 2 K 20/23.KO – ausgeurteilte Auskunftsanspruch allein auf die Frage, nach welchen Formeln sich die vorgenannten Beträge errechnen. Mit Blick auf die centgenaue Berechnung dieser Beträge handelt es sich erkennbar nicht um „Fantasiegebilde“, sondern um konkrete Zahlen, die der Tätigkeit des Herrn Dreesbach offenkundig – wenn möglicherweise auch nur als Verrechnungsposten – zugerechnet werden.

Bislang wurden demnach nur die Berechnungsergebnisse für die Jahre 2019 und 2020 vorgelegt. Es fehlt das Berechnungsergebnis 2021 und für alle 3 Jahre die Angabe, nach welchen Kriterien bzw. Formeln diese Beträge berechnet wurden und eine nachvollziehbare Darstellung, wie diese Berechnungsergebnisse zustande kamen. Dass dem Vollstreckungsschuldner eine Erfüllung dieser Verpflichtung aus dem Urteil vom 25. Oktober 2023 billigerweise nicht zugemutet werden konnte, ist weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich.

Die gesetzte Frist und das angedrohte Zwangsgeld erscheinen angemessen, um den Vollstreckungsschuldner erstmalig zu seiner Verpflichtung aus dem Urteil vom 25. Oktober 2023 anzuhalten. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung eines Streitwerts ist aufgrund der in Ziffer 5301 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3a Abs. 2 Gerichtskostengesetz) vorgesehenen Pauschgebühr entbehrlich.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diese Entscheidung steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zu. Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Koblenz, Deinhardpassage 1, 56068 Koblenz, schriftlich, nach Maßgabe des § 55a VwGO als elektronisches Dokument oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder nach Maßgabe des § 55a VwGO als elektronisches Dokument bei dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Deinhardpassage 1, 56068 Koblenz, eingeht.

In den Fällen des § 55d VwGO ist ein elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO zu übermitteln. Die Beschwerde muss durch einen Rechtsanwalt oder eine sonstige nach Maßgabe des § 67 VwGO vertretungsbefugte Person oder Organisation als Prozessbevollmächtigten eingelegt werden. In Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen ist die Beschwerde nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 € nicht übersteigt. Holly (qual. elektr. signiert) Dr. Dawirs (qual. elektr. signiert) Theobald (qual. elektr. signiert)”