Beobachtet und kommentiert von
Claus Jotzo
Die neue Stadtrechtsdirektorin hätte vorgewarnt sein müssen. Die Spitzenposition hat sie zwar erst seit dem 1.2.2024 inne. Aber im Rechtsamt der Stadt ist Marion Kruger bereits seit dem Mai 2023 tätig. Und hat sich in dieser Zeit, so die Stadtpressestelle wörtlich, “gut in die Arbeit einer Kommunalverwaltung eingearbeitet”. Diese Bewertung wurde wohl vorschnell getroffen. Denn wenn Marion Kruger auch nur den Hauch einer Ahnung von den Irrungen und Wirrungen hätte, die typisch für den Rat der Stadt Bad Kreuznach und seine Gremien sind, hätte sie sich in Ihrem Schriftsatz an das Verwaltungsgericht Koblenz sicher nicht so weit aus dem Fenster gelehnt.
Mit Schreiben vom 26. April 2024 legte die Stadtrechtsdirektorin den in der zweiten Kammer zuständigen Koblenzer Richtern eine 13seitige Ausarbeitung als Erwiderung auf die Klage des Bosenheimer Ortsbeirates (2 K 327/24) vor. Diese hat einen wesentlichen Argumentationsstrang: die Stadt tue alles und zügig, um den Betrieb des Bades wieder aufzunehmen. Von der in Bosenheim behaupteten endgültigen Schliessung könne keine Rede sein. Wörtlich trug Kruger dem Gericht vor: “der Stadtrat hatte in den Haushalt 2024 bereits Planungskosten für eine etwaige Sanierung des Schwimmbades eingestellt, diese jedoch mit einem Sperrvermerk versehen.
Da nunmehr für die Beklagte (Anmerkung der Redaktion: dies ist die Stadt Bad Kreuznach) absehbar ist, dass das Grundstück mit Bad wieder in ihr Eigentum gelangen wird und eine Entscheidung zu treffen ist, ob das Bad saniert oder neu aufgebaut werden soll, erachtet es die Beklagte als sinnvoll, zunächst ein Gutachten zu beauftragen, welche Kosten für eine Sanierung und welche für einen eventuellen Neubau überhaupt konkret anfallen würden. Um Zeitverzögerungen zu vermeiden, ist vorgesehen, den Sperrvermerk bereits in der nächsten Sitzung des Finanzausschusses am 8.5.2024 aufzuheben”. Fakt ist dementgegen:
Der Finanzausschuss hat die Freigabe der Mittel für das von Kruger angeführte Gutachten vorgestern NICHT freigegeben (diese Seite berichtete und kommentierte in der gestrigen Ausgabe). Die Behauptung, “um Zeitverzögerungen zu vermeiden”, ist damit geplatzt wie eine Seifenblase. Und fällt jetzt mit Wucht auf die Stadt zurück. Zumal auch die Diskussion im Finanzausschuss die schriftlich vorgelegte Kruger-Argumentation widerlegt. Die klare Mehrheit der Mandatsträger*Innen hat gar nicht die Absicht das Bad zu sanieren oder gar neu zu bauen. Vielmehr hoffen CDU, SPD, Grüne und Linke auf ein für die Stadt günstiges Gerichtsurteil.
Jetzt, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist, kann ich es ja verraten: die wenigen tatsächlichen Unterstützer des Bosenheimer Bades hatten genau mit dieser Entwicklung gerechnet. Und befürchtet, die Gegner des Bades könnten – scheinheilig wie all die Jahre zuvor – zwar einen Freigabebeschluss fassen. Aber dessen Ausführung verwaltungstypisch Monat um Monat in die Länge ziehen. Dem Bad und seinen Gästen hätte das null geholfen. Aber die zum Schein gefassten Beschlüsse hätten dem Verwaltungsgericht präsentiert und diesem als Beleg für den angeblich guten Willen der Stadt dienen können.
Das böse Spiel hätte so beliebig weiter betrieben werden können, um eine endgültige gerichtliche Prüfung weiter hinauszuschieben. Etwa sogar durch einen realen Sanierungs-Haushaltsansatz im Stadthaushalt 2025. Faktisch bliebe das Bad geschlossen. Juristisch aber in froher Wiederöffnungserwartung. Mit dem vorgestrigen Beschluss des Finanzausschusses haben die Bad-Gegner das Eigentor des Jahres fabriziert. Der später am Abend zu sehende Neuer-Fehler im Halbfinale der Champions-League-Spiel der Bayern bei Real Madrid ist noch eine Topleistung gegen diesen Fehlgriff (eine zusammenfassende Darstellung von Klage und Abweisungsbegründung folgt).