Bad Münsterer Ortsbeirat lehnt Einstellung der Trinkkur ab

Von Claus Jotzo

Das Abstimmungsergebnis war eindeutig: einstimmig votierte der Bad Münsterer Ortsbeirat am gestrigen Montagabend (29.4.2024) gegen den Verwaltungsvorschlag auf Einstellung der Trinkkur. Zuvor hatte das Gremium im Keller des Kurmittelhauses das marode Leitungssystem in Augenschein genommen. Und vom Geschäftsführer der Gesundheit und Tourismus für Bad Kreuznach GmbH (GuT), Dr. Michael Vesper, eine Reihe von Informationen zur Trinkkur als “Traditionsgut des 19. Jahrhundert” erhalten. Dieser wies argumenationsstark auf den dramatisch eingedampften Abnehmerkreis hin, auf die Risiken durch den schlechten technischen Zustand der Anlage und die Unterhaltskosten.

Vor Beginn der Sitzung herrschte noch eitel Sonnenschein: Bürgermeister Blechschmidt, Ortsvorsteherin Dr. Bettina Mackeprang, Michael dal Magro und Viola Schneider (von rechts) testeten die Trinkkur.

Dr. Vesper wurde von Bürgermeister Thomas Blechschmidt unterstützt. Die Mitglieder des Ortsbeirates überzeugen konnten die beiden Stadtvertreter allerdings nicht. Vielmehr erinnerte sich einige daran, dass Thomas Blechschmidt vor einem Jahr schon einmal einer Ortsbeiratssitzung beiwohnte, eine Reihe von Ankündigungen machte – und bis heute nichts dabei herumkam. Diese enttäuschende und von den örtlichen Mandatsträger*Innen als frustrierend empfundene Untätigkeit der Verwaltung zog sich wie ein roter Faden durch die ganze Sitzung. So konnte es langjährige Beobachter der kommunalpolitischen Szene nicht überraschen, dass ein Redner nach dem anderen Bedenken gegen die Aufgabe der Trinkkur geltend machte.

Willi Kuhn argumentierte wie gewohnt rhetorisch stark.

Viola Schneider und Norbert Welschbach (beide CDU) plädierten aus eher emotionaler Perspektive für den Erhalt des Angebotes. Willi Kuhn (SPD) nahm eine differenzierte Position ein. Einerseits machte der gelernte Chemielaborant anhand einer Gegenüberstellung der Soleanalysen von 1955, 2014 und eines handelsüblichen Kochsalzpäckchens deutlich, dass der medizinische Wert der Trinkkur tatsächlich gegen null tendiert. Andererseits erkannte Kuhn den Wegfall der Trinkkur als Chance, um ein Ersatzangebot nach Bad Münster zu holen. Und schlug, auch zur Begeisterung seines Ortsbeiratskollegen Welschbach vor, einen öffentlichen Solezerstäuber aufzustellen.

Manfred Rapp lenkte die Diskussion auf die – unbefriedigende – Gesamtlage.

Auch Eckart Jung (SPD) sprach sich für diese Idee aus und riet “nach vorne zu schauen”. Der CDU-Stadtratsfraktionsvorsitzende Manfred Rapp regte an zunächst die Suche nach einem Investor für das Kurmittelhaus erfolgreich abzuschliessen. Und dann erst über die Zukunft der Trinkkur zu entscheiden. Diesen Vorschlägen mochte sich Bürgermeister Blechschmidt nicht anschliessen. Er war von der kritischen Grundhaltung zu seinem Antrag im Ortsbeirat erkennbar überrascht. Den Vorschlag von Willi Kuhn, das Thema nach Klärung der Solezerstäuber-Perspektive erneut zu behandeln, lehnte er rundheraus ab. Und bestand auf einer Abstimmung.

Kommentar von Claus Jotzo: die können es einfach nicht

Unklar ist, ob die Bad Kreuznacher von der Ampel gelernt haben. Oder die Ampel die hiesigen kommunalpolitischen Verhältnisse bundesweit kopiert. Im Ergebnis ist es auch egal. Wer ganz sicher gehen möchte, dass seine Vorschläge abgelehnt werden, sollte sich die Stadtverwaltung und deren “Arbeits”weise zum Vorbild nehmen. Siehe Bad Münster am Stein / Ebernburg. Dort hat man jahrelang ein Millionen-Aufwertungsprogramm mit großkotziger Beschreibung (“Stadtumbau West”) angekündigt. Bis heute aber nur minimale Ergebnisse geliefert. Um dann von heute auf morgen, ohne jede inhaltliche Vorarbeit, die Einstellung des Traditionangebotes “Trinkkur” zu verlangen.

Begründet mit einer Einsparung von 25.000 Euro im Jahr. Besonders schlimm: die Veranwortlichen merken nicht einmal, wie sie sich selbst im Weg stehen. Beste Argumente bleiben so wirkungslos. Dabei haben sich die Bad Münsterer Ortsbeiratsmitglieder durchaus konstruktiv verhalten. Und – aus deren Sicht sehr nachvollziehbar – als ihr Haupt-Gegenargument die chronische Unzuverlässigkeit der Stadtverwaltung angeführt. Samt Lösungsvorschlag: Einstellung der Trinkkur, sobald ein Solezerstäuber, wie er am Bad Kreuznacher Kurhaus seit Jahren mit sehr guter Resonanz bei Touristen, Passanten und Einheimischen, bereits sehr erfolgreich betrieben wird, installiert ist.

Kombiniert mit einer Verschiebung der Abstimmung, um der Stadt eine Brücke zu bauen. Statt diesen lösungsorientierten Vorschlag aufzugreifen, riet Bürgermeister Thomas Blechschmidt (CDU) dem Gremium zur Abstimmung – und damit Ablehnung – des Verwaltungsvorschlages. Selbst seine Parteifreunde im Sitzungssaal schüttelten da den Kopf. Diese Verwaltungs-“Logik” kann nur verstehen, wer auch sonst eine masochistische Grundeinstellung hat. Aussenstehende müssen anhand solcher fragmentarischen Einblicke schlimme Vermutungen, was sonst so im Stadthaus abgeht, anstellen. Und verstehen besser, wieso bei den Mitarbeitenden die Großraumbüros im Rathaus am Kornmarkt auf Vorbehalte gestossen sind.