Im Jugendamt fand Karl-Heinz Wendel seine Bestimmung

Gastbeitrag von
Hansjörg Rehbein

Karl-Heinz Wendel darf mit Fug und Recht für sich in Anspruch nehmen, einen großen Beitrag zur Entwicklung des städtischen Jugendamtes geleistet zu haben. 1966 begann er als Jugendpfleger, war dann von 1978 bis 1985 stellvertretender Amtsleiter und von 1985 bis zum Ausscheiden Jahresende 2001 Amtsleiter. Wendel (83) hat über die Entwicklung der Jugendhilfe in den 35 Jahren seiner Zuständigkeit akribisch Buch geführt. Unter den vielen „wesentlichen Ereignissen“ ist seine Funktion als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Jugendämter Rheinland-Pfalz Nord von 1998 bis 2001 hervorzuheben.

In jener Zeit arbeitete er als Mitglied des Sozialausschusses des Städtetages und des Landkreistages Rheinland-Pfalz an der Neufassung des ersten Kindergartengesetzes von 1971, dem neuen Kindertagesstättengesetz RLP vom 15.03.1991 mit. „Wir waren das erste Bundesland, das die modernen Rahmenbedingungen geschaffen hat. Die anderen folgten unserem Beispiel“. Karl-Heinz Wendel war von seinem Wechsel ins Jugendamt im städtischen Bauamt tätig. Dort sollte er perspektivisch eigentlich Leiter des Bauverwaltungsamtes werden. „Doch mein Interesse an Jugend- und Sozialarbeit war stärker, kam ich doch aus der ehrenamtlichen Jugendarbeit des CVJM.“

Der damalige Leiter des Jugendamtes, Hans Schütte, wollte Wendel in sein Team holen. Voraussetzung war allerdings, dass der Diplom-Verwaltungswirt berufsbegleitend noch ein Sozialpädagogik-Studium abschließen musste. Der damalige Oberbürgermeister Peter Fink war von den Wechselabsichten Wendels nicht begeistert, ließ ihn aber ins Jugendamt wechseln. Als Jugendpfleger erarbeitete Karl-Heinz Wendel als einer der ersten im Lande 1991 den ersten Kindertagesstättenplan. „Eine Rahmenvorgabe des Landes gab es leider nicht. Wir waren eines der ersten Jugendämter im Land das eine Planung für die Stadt vorlegen und im damaligen Jugendhilfeausschuss verabschieden konnte.

Unser Plan war in der Folge ein Muster für viele andere Jugendämter“. Wendel war in den Anfängen des Einzugs der EDV in den 90er Jahren in die Verwaltung gewissermaßen auch Pionier bei der Einführung der EDV in der Jugendhilfe. Die Grundlagen erwarb er bei IBM in Mainz im Jahr 1989. Mit seinem Faible für das Technische und mit tatkräftiger Unterstützung durch den damaligen Jugendpfleger und PC-Experten Eduard Mann machte Wendel zu Beginn der 90er-Jahre die ersten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit der Arbeit am PC vertraut. Da es auch hier Neuland zu erobern galt, entwickelte Wendel, teilweise auch in seiner Freizeit, Datenbanken.

Mit diesen wurden die komplexen Vorgänge in der täglichen Arbeit in den unterschiedlichen Fachabteilungen des Jugendamtes für die Mitarbeitenden verfügbar gemacht. Die Entwicklung spezieller Programme durch EDV-Anbieter erfolgte erst gegen Ende der 90er Jahre. Auch an dieser Innovation war Wendel im Auftrag des Landesjugendamtes fachlich an der Programmentwicklung beteiligt. Im Gefolge des neuen Kindertagesstättengesetzes mit seinem Rechtsanspruch auf einen Platz im Kindergarten ab dem 3. Lebensjahr „managte“ er z. B. den Umbau der alten Rosengartenschule zum heutigen Nanni-Staab-Kindergarten.

Außer der Erweiterung von Bestandskindertagesstätten der Stadt und Unterstützung der kirchlichen und sonstigen Freien Träger, war es wieder eine aufgegebene alte Schule, die ehemalige Grundschule im Stadtteil Planig, die zum zweigruppigen Kindergarten umgebaut werden musste. „Bei der Totalsanierung mussten sogar vom Keller bis zum Speicher Stahlträger eingezogen werden, da nur so das ansonsten schöne Gebäude stabilisiert und saniert werden konnte.“ An viele heiße Diskussionen und Auseinandersetzungen mit Eltern kann sich Wendel erinnern. Die ersten Elternausschüsse wurden 1971 gegründet.

Um einen vom Elternausschuss geforderten Matschraum in einem Kita-Keller entbrannte zwischen Elterngruppen ein Streit. Die Gegner, die sich wegen ihrer verdreckten Kinder trotz spezieller Matschanzüge beklagten, erzwangen letztendlich die Schließung des Matschraumes. Wendel geriet auch einmal heftig zwischen die Fronten der Elternschaft. So wagte er in einer Elternversammlung, in der viele Forderungen, was die Erziehung der Kinder betraf, sich vor seine Mitarbeiterinnen zu stellen. Diese hatten im Vorfeld ihrem Chef über besonders auffällige Kinder informiert, worauf Wendel riet, Kontakt zur Erziehungsberatung, die ja ebenfalls dem Jugendamt angeschlossen war, zu suchen.

In der Hitze des Gefechts, verstieg sich Wendel zu der These, es entstehe der Eindruck, dass Eltern, die mit ihren Kleinen nicht mehr fertig würden, sie in den Kindergarten „abschieben wollten“ und nun vom Personal die „Reparatur” einforderten. „Das hat eine zeitlang gedauert, bis sich an diesem Abend die Wogen der Empörung geglättet haben.“ Auch der Kampf mit der Politik wegen der hohen Kosten bei den Sozialen Diensten stand permanent auf der Tageordnung. Die Zahl 40 bei den Heimunterbringungen sollte nicht überschritten werden. Glücklicherweise hatte der Wendel durch sein gutes Verhältnis zu seinem alten Studienkollegen Rolf Ebbeke einen verlässlichen Mitstreiter.

Der zunächst als Bürgermeister sein Sozialdezernent war und dann als OB in den Etatberatungen drastische Sparbeschlüsse zu Lasten der Erziehungshilfen verhindern konnte. Auch die Diskussion um die Abgabe des Jugendamtes an den Landkreis gab es schon in seiner Amtszeit. Für ihn ist die Sache klar: „Das Landesrecht bestimmt auch die großen kreisangehörigen Städte als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe“. Und dies bereits durch einen Preußischen Erlass aus dem Gründungsjahr 1924. Die Kosten in der Stadt seien deshalb wesentlich höher als im Landkreis „weil sozial schwächer aufgestellte Familien die Stadt vorziehen, da sie dort bessere Lebensmöglichkeiten sehen. „Das war so in meiner Zeit und hat sich auch 20 Jahren nach meinem Ausscheiden wohl nicht geändert.“

Autor und Fotograf Hansjörg Rehbein ist beim Hauptamt der Stadtverwaltung Bad Kreuznach beschäftigt